Ja, ich gab wirklich mein Bestes. Jeden Tag aufs Neue. Es war nicht immer einfach und die arme Yvi musste verdammt oft zurückstecken. Ich hatte häufig meine Phasen, in denen ich mich manchmal tagelang nicht bei ihr meldete. Dann saß ich zu Hause, spielte Gitarre und versuchte mit aller Gewalt nicht wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen und wahnsinnig zu werden. Es war alles andere als einfach. Aber wer hatte das auch erwartet? Ich nicht.
Trotz aller Unterschiede und Probleme ... irgendwie ergänzten wir uns aber doch meistens ganz gut.
Sie bezeichnete mich gerne als ihren Ruhepol. Und sie schaffte es irgendwie immer wieder, mich aus meinen Tiefs zu holen. Mich aufzumuntern und mitzureißen.
Ich war ihr so dankbar für ihr Geduld.
Ach ja, mein Vater saß im Gefängnis. Ich hatte ihn einmal besucht. Er sah besser aus. Im Knast kam man wohl nicht so einfach an Drogen heran. Was mich wunderte, ich dachte dort gäbe es einen florierenden Markt. Aber vielleicht stand er unter besonderer Beobachtung. Optisch machte er zwar mehr her, aber so etwas wie Reue konnte ich nicht erkennen.
Während der Gerichtsverhandlung würdigte ich ihn keines Blickes. Die Verhandlung musste nicht nur einmal wegen mir unterbrochen werden, da ich in haltloses Schluchzen ausbrach oder wild fluchte und ihn beschimpfte. Yvi und Marie waren als Zeugen und zu meiner Unterstützung dabei. Außerdem ließ mich meine Psychologin keine Minute aus den Augen. Zu ihr hatte ich mittlerweile ein recht gutes Vertrauensverhältnis aufbauen können. Auch das war alles andere als einfach gewesen. Aber sie stand wohl auf Herausforderungen. Und ich war eine.
Auch jetzt musste ich noch einmal die Woche zu ihr. Ich weiß nicht, ob es mir wirklich half, aber Marie meinte, ich würde langsam erträglicher werden.
Mein Vater wurde wegen Mordes für schuldig gesprochen und noch wegen ein paar kleineren Delikten. Die Freiheitsberaubung und versuchte Körperverletzung, die er uns angetan hatte waren dagegen nur Kleinigkeiten. Die nächsten 20 Jahre würde ich mir über ihn erst mal keine Gedanken machen müssen.
Ich hatte vor einigen Wochen eine Ausbildung begonnen. Tatsächlich in einer Bibliothek. Diese Chance wurde mir dank der Hilfe meiner Psychologin gegeben, die all ihre Kontakte dafür hatte spielen lassen. Meine Erfahrungen in der Videothek kamen mir da zu Gute. Außerdem war ich ruhig, geduldig und hatte Abitur. Das waren wohl die besten Voraussetzungen.
Die Ausbildung machte mir Spaß. Ich hatte nette Kollegen, die alle wie ich sehr schweigsam waren. Nur in Stresssituationen verlor ich schnell den Überblick. Zum Glück gab es da nicht all zu viele.
Einmal kam ein betrunkener Obdachloser in die Bibliothek gestolpert. Er lallte und ich verstand einfach nicht was er von mir wollte. Daraufhin wurde er immer lauter, was ihn natürlich nicht gerade verständlicher machte. Am Ende schmiss er einen Stapel Flyer und einen anderen mit Magazinen in der Eingangshalle herum. Das reichte natürlich bei mir vollkommen aus. Ich begann sofort zu hyperventilieren.
So würde es wohl irgendwie mein ganzes Leben lang sein. Immer etwas verrückt, immer etwas überfordert. Aber das war zu verkraften. Das war okay. Denn ich hatte zwei Personen, denen ich viel bedeutete. Die mich beschützt hatten, die sich todesmutig zwischen mich und meinen Vater gestellt hatten. Das eine Mal wurde zum Glück niemand schwer verletzt aber sie waren fest davon ausgegangen, es wäre kochendes Wasser gewesen und trotzdem wollten sie mich mit ihren eigenen Körpern schützen.
Gab es einen größeren Liebesbeweis?
Ich glaube, ich war mir erst dadurch wirklich bewusst geworden, wie sehr sie mich mochten. Marie, meine beste Freundin und Yvi, meine feste Freundin.
Schon verrückt. Ich liebte sie beide und mochte sie in keinem Moment meines Lebens missen.
Mit Ihnen würde ich alles überstehen.
Ich war glücklich.
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Ich weine etwas... immer wenn ich diesen letzten Satz lese :-)
Ihr lieben Leser, das war "Like Hell" eine Geschichte, die ich vor knapp zwei Jahren geschrieben habe. Eine Geschichte, in der sich zwei Mädchen ineinander verlieben ... es war ein interessantes Experiment und hat mich in dem Moment einfach gereizt. Seitdem habe ich fast nur noch langweilige Hetero-Liebesgeschichten geschrieben ;-) Wer weiß ... vielleicht ändert sich das ja irgendwann wieder. ;-)
Ich ende "Like Hell" und diese kleine Rede mit einem Werbeblock (I'm sorry):
Seit einigen Tagen ist mein erstes Buch "Vier Jahre ohne dich" auf dem Markt.
Kurzbeschreibung: Endlich ist Nora glücklich. Nach einer schwierigen Kindheit hat sie in Jan ihre erste große Liebe gefunden - und in seiner Familie Geborgenheit und Zusammenhalt. Alles ist perfekt. Bis zu jenem Abend, der alles ändert. Nichts ist mehr so wie es war ... selbst vier Jahre später nicht.
eBook: http://amzn.to/1HmVyPjPrint: http://amzn.to/1ipJZAX (in den nächsten Tagen erhältlich)Lange Leseprobe: http://bit.ly/1Q1h6cu
Vielleicht hat ja jemand Lust mal reinzulesen :-)
Wir hören auf jeden Fall wieder voneinander... irgendwann ;-)
Bleibt mir Treu, folgt mir auf Facebook (www.facebook.com/katharinawolfautorin) und naja... habt noch ne schöne Woche ;-)
Eure Katharina
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Like Hell
Teen FictionAbgeschlossen! Hell ... Den Namen hatten sich irgendwann meine Klassenkameraden ausgedacht. Er würde wohl besser zu mir passen als Helena. Helena, hatten wir einmal in der Schule gelernt, bedeutete so viel wie ›die Schöne‹ und ›die Strahlende‹. Ich...