Der Kaffee hier schmeckte widerlich. Zwar konnte ich mich nicht mehr dran erinnern, ob ich Kaffee mochte oder überhaupt jemals getrunken hatte, doch fühlte ich mich besser, wenn ich die kleinen, weißen Becherchen in meiner Hand hielt und an dem heißen Gebräu schlürfte. Wieder war es so unglaublich still in meinem Zimmer, doch ich genoss es in vollen Zügen. Es fühlte sich so an, als ob sich meine Gedanken und Erinnerungen hier neu sortieren konnten. Dabei verwirrten mich noch so viele Dinge, die eigentlich so simpel waren. Nun hatte ich auch Zeit, mich in meiner neuen Heimat um zu sehen. Der Gedanke ließ mich nämlich nicht mehr los, dass ich eine ganze Weile, wenn nicht sogar noch eine längere Zeit, hier verbringen werde. Als der weiße Becher nun endlich leer war, stellte ich ihn auf das winzige Tablett neben mir und betrachtete das Schwarzbrot mit dem Käse. Mochte ich Käse? Es war mir so peinlich, der Frau zu sagen, was ich gerne essen wollte. Oder trinken. Es war mir so peinlich zu leben. Mein Blick wanderte auf die graue Uhr über der Tür. Zehn Uhr war ziemlich früh für ein Frühstück dieser Art, oder? Wenn ich das nur wüsste. Plötzlich kam mir wieder Calum in den Kopf. Was er wohl gerade tat? Ich war gestern total überfordert mit ihm. Mit seinem Auftreten, alleine mit seiner Anwesenheit. Vielleicht waren wir ja wirklich ein Paar, und er war zu überrumpelt, so wie ich? Hätte ich nur ein Telefon, dann würde ich ihn anrufen. Ich sah mich um, da überkam ein breites Lächeln meine Lippen, als ich ein altes Telefon auf meinem Tischchen entdeckte. Schnell griff ich zum Hörer und starrte anschließend auf die Tasten. Welche Nummer sollte ich wählen? Nervös biss ich mir auf die Unterlippe, bis ich einfach irgendwelche Zahlen eintippte, die mir in den Sinn kamen, und die ich mit dem schwarzhaarigen Asiaten verband. Am anderen Ende der Leitung rührte sich nichts. Als sich doch eine fremde Stimme erhob, legte ich sofort beschämt und panisch auf. Nichts im Kopf zu haben fühlte sich so scheiße an. Wieder wanderten meine hellen Augen zum Brot. Der Käse sah so alt aus. Oder sah Käse immer so aus? Meine langen Finger ergriffen das Stück. Ich hielt es fest in meinen Händen, bis ich einfach abbiss und kaute. Angewidert spuckte ich das Stück wieder aus meinen Mund, Richtung Tür. Es schmeckte so wie ein Schwamm, trocken und fusselig. "Wofür hab ich das verdient?", hörte ich eine tiefe Stimme in der Tür. Als ich aufsah, erkannte ich Calum, der sich mit meinem Speichel beschmiertem Käse aus dem Gesicht wischte. "Oh, verdammt, tut mir leid.", murmelte ich schüchtern. Tolle Aktion, Hemmings. Doch er lachte nur, warf das Taschentuch, womit er sich säuberte, weg, und setzte sich zu mir ans Bett. "Hey, wie geht's dir heute? Stör' ich?", fragte er liebevoll und schenkte mir wieder sein wundervolles Lächeln. Kurz erwiderte ich es, bis ich merkte, dass ich auf seine Frage antworten sollte. "Mir geht's bestens. Nur.. Kaffee und Käse sind eklig.", erzählte ich mit einem schwachen Grinsen und legte meinen Kopf nach rechts, wobei ich Calum immer noch bewundern konnte. Eh, ansehen, meinte ich. "Du mochtest das noch nie.", grinste dieser und schüttelte amüsiert den Kopf. "Was dann?", fragte ich sofort nach, doch bereute es. Ich klang mit Sicherheit wie ein kleines, nerviges Kind. "Du magst Tee oder Kakao, am liebsten Marmelade oder andere süße Sachen auf dein Brot. Aber kein Schwarzbrot, Kleiner, merk dir das.", schmunzelte er wieder und fing dann schließlich an zu lachen. "Du bist echt süß.", fügte er hinzu und fuhr sich durch sein pechschwarzes Haar. Und du erst, dachte ich und unterdrückte mein Lächeln. "Tut mir leid, aber es ist echt scheiße, dass ich mich an nichts erinnern kann.", seufzte ich und blickte wieder auf. Unsere Augen trafen sich erneut. "Kein Ding.", winkte er ab und grinste wieder. Es machte mich so verrückt, es brachte mich nahezu zum dahin schmelzen. "Erzähl mir was.", fing ich einfach an. "Was denn?", fragte er etwas verwirrt und setzte sich auf. "Etwas über.. uns. Über mich. Über dich.", lächelte ich schüchtern. Wieder dieses Grinsen. "Gern. Eeehmm.. also, wir hatten schon immer ein gutes Verhältnis. Wir sind, bzw. waren zusammen in einer Band, die lief aber nicht so gut." Sein Blick schweifte etwas ab. "Weißt du.. damals hab ich mich nicht getraut, dir das zu sagen. Aber.. ich hab mich schon von Anfang an in dich verliebt.", hörte ich es von ihm. Seine Augen suchten Kontakt zu meinen, doch ich hielt sie geschlossen, damit ich versuchen konnte, die Erinnerung wieder in meinen Kopf zu holen. Doch es geschah nichts. Meine Augen öffneten sich, da sah ich einen schmollenden Hundewelpen vor mir. "Ich wollte dich aufhalten, als du in dein Auto steigen wolltest und.. ich weiß nicht mal wieso.." Seine warme Stimme wurde immer kälter, immer kaputter und trauriger. "Und ich wusste, dass du mich auch wolltest.", erzählte er dann weiter. "Ich wusste, dass du mich auch liebst. Und ich bin mir sicher, dass du es immer noch tust.", hauchte er gegen mein Ohr, was mir gleich Gänsehaut verpasste. Verdammt, ich konnte mich kaum noch zurückhalten. "Ich.. kann mich nicht mehr dran erinnern.", sagte ich deprimiert. "Das ist nicht schlimm. Wir können ja, sozusagen, von neu anfangen.", lächelte er sanft und beugte sich über mich, während er meine Wange streichelte und durch meine Haare fuhr. "Nur, wenn du willst.", hauchte er gegen meine Lippen. "Wenn du mich bis dahin nicht umgebracht hast.", grinste ich. Und schon trafen sich unsere Lippen.
Ich wünschte, ich hätte da schon gewusst, wie nah ich an der Wahrheit dran gewesen war.
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Amnesia {Cake/Muke ff} ✔
FanfictionDas Jahr 2015 war das aller schlimmste Jahr, was Luke Hemmings je erlebt hatte. Zuerst ging es mit seiner kleinen Band bergab, dann verließ ihn seine Freundin und nun hatte der sonst so starke Blondschopf einen Autounfall. Und da das Schicksal ihn s...