Kapitel 30

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Warme, rote Flüssigkeit rannte über meine eiskalten Finger, als sein ruhiger Körper zu mir nach vorne kippte. Stille setzte ein. "Michael?", kam es kaum hörbar von meinen Lippen. Doch er rührte sich nicht. Glasscherben lagen verstreut im Auto herum. Das Radio verstummte. "Oh, tut mir leid.", hörte ich eine gedämpfte Stimme neben mir sagen. Unsicher drehte ich meinen Kopf nach links, bis ich den schwarzhaarigen Kiwijungen erkannte. Ein schiefes Lächeln zierte seine trocknen Lippen. Sanft legte ich den anscheinend leblosen Körper meines Freundes auf den Beifahrersitz. Nur wenige Millisekunden später knallte ich die Autotür hinter mir zu und heftete meinen Blick an die gefühllosen Augen des Schotten. "Oh, wird der kleine Lukey sauer?", fragte er ganz provokant. Er verschränkte seine Arme vor der Brust, als wäre ich ein kleines nerviges Kind, während ich versuchte meine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Ich wusste nicht, was ich nun tun sollte. Schreien? Weinen? Doch ich hatte gar keine Zeit mehr darüber nachzudenken, schon legte Calum eine Hand an meinem Hals und drückte somit meinen Kehlkopf immer enger und enger zusammen, bis ich fast keine Luft mehr bekam. Dann ließ er langsam die eiskalte Hand sinken. Sein Blick sank gleich mit. Michael hatte Recht, er konnte mir nichts antun. Das war nun meine Chance. Ich könnte ihm die Waffe aus der Hosentasche ziehen und auf ihn zielen, das würde er sowieso nicht merken. Oder ich könnte ihn bewusstlos schlagen und ins nächste Krankenhaus fahren. Aber nach so vielen Attentaten, die Calum zu verantworten hatte, war bestimmt alles dicht gemacht worden. "Luke, ich konnte nicht anders." Kurz hörte es sich so an, als würde der alte Calum sprechen. "Es musste so sein, verstehst du?" Seine Stimme war auf einmal so weich. Aber das änderte sich schnell, denn auf einmal zückte er nach seiner Waffe und richtete sie auf mich. Doch ich blieb ganz locker. Was hatte ich schon zu verlieren? Er hatte mir alles genommen, was mir wichtig war. Liz und Michael. Plötzlich kam ganz unerwartet ein Schuss, doch dieser traf nur meine Frontscheibe. Ich drehte mich nicht um, wollte nicht zusehen, wie Michael von weiteren Glasscherben begraben wird. "Und jetzt?", fragte ich den Tränen nahe. "Jetzt hast du mir alles genommen. Und du bringst es immer noch nicht übers Herz mich umzubringen.", murmelte ich eher zu mir selbst, als zu meinem damaligen Freund Calum. "So ist es.", stimmte er mir auf einmal zu. Er war so kalt. Seine ganze Ausstrahlung, seine Stimme, seine Bewegungen, sie waren einfach kalt. "Jetzt mach es schon.", kam es etwas lauter von mir. "Ich wünschte, ich könnte.", flüsterte der Schotte gebrochen. Ohne darüber nachzudenken, ging ich einen Schritt nach vorn und griff nach der Waffe, die sowieso schon auf mich gerichtet war. Ich zog sie dem Kiwijungen aus der Hand, während dieser einfach nur wie angewurzelt da stand. "Du machst das nicht.", sprach er mit einem scharfen Ton. "Du wagst es nicht.", kam es nun eher bedrohlicher von ihm. "Und ob.", sagte ich schon fast grinsend. "Du hast mir Michael genommen. Er war es, der mich damals aufhalten wollte, hab ich recht? Er wollte nicht, dass ich ins Auto steige und jetzt diese scheiß Amnesie habe!", schrie ich mit Tränen in den Augen, positionierte die Waffe an meine Schläfe. "Er wollte mich damals heiraten, ja, das habt ihr mir alle verheimlicht.", sprach ich etwas leiser, riskierte nun einen kurzen Blick zu der Leiche im Auto. "Luke, moment-", versuchte es Calum, doch dann legte ich meinen Finger auf den Trigger, woraufhin er wieder verstummte. "Du hast mir alles kaputt gemacht. Du.", knurrte ich. Tränen benetzten meine Wangen. "Fahr zur Hölle.", waren meine letzten Worte, als ich abdrückte, doch jemand schubste mich, sodass die Patrone direkt durch Calums Kopf schoss. 

Amnesia {Cake/Muke ff} ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt