,,Ja... jetzt?... Später erst... Muss das sein?... Ok, Ok... Gut... Bis später", er legte genervt auf und biss sich auf die Zähne. ,,Was ist los, wer war das?", fragte ich besorgt. ,,Mein Bruder. Er und der Rest meiner Familie kommt in einer Stunde", er stieß Luft aus. ,,Ausgerechnet heute", sagte er. ,,Ach, ist doch nicht so schlimm. Dann komme ich halt morgen nach der Arbeit wieder?", schlug ich vor. Er nickte gedankenverloren. Wollte er mir heute etwas erzählen, oder wieso ausgerechnet heute? Das würde ich noch herausfinden, dachte ich. Ich stand vorsichtig auf und zog mir meine Jacke über. Dardan tat es mir gleich, dann gingen wir zu seinem Auto.
Er fuhr mich nach Hause. Kurz bevor ich ausstieg, hielt er mich zurück. ,,Dafi?" -,,Ja?"
,,Du bist mein Ein und Alles, das weißt du doch, oder?" Verwundert sah ich ihn an. Natürlich wusste ich das. Ich nickte. ,,Vergiss das niemals", er küsste mich zur Verabschiedung auf die Stirn, ich lächelte, dann stieg ich aus.Sein schwarzes Auto fuhr los, ich sah hinterher, bis es um die Ecke bog.
Nun lag ich hier allein auf dem Sofa, ließ den Fernseher laufen, doch konzentrierte mich nicht wirklich auf die Nachrichten.
Ich strich über mein Handgelenk, dass Dardan mit liebevollen Küssen übersäht hatte. Das Kribbeln erreichte wieder meinen Bauch. Dann, schaute ich auf meine Knie. Dardan hatte sie eingecremt und ein Verband über meine Wunden gebunden. Er war ein Schatz. Er hat sich verantwortlich für meine Verletzungen gefühlt. Seiner Meinung nach, hätte er mich besser beschützen sollen, aber ich nahm ihm nichts übel. Stattdessen fragte ich mich, womit ich Dardan verdient hatte. Er behandelte mich, als wäre ich eine kleine Feder. Jede seiner Berührungen war so zärtlich und vorsichtig, er krümmte mir kein Haar. Deswegen verstand ich, wieso er so schockiert über meine, für mich einfachen, Verletzungen war.
Doch ich sorgte mich auch um ihn. Irgendwas plagte ihn seit Wochen, doch in dieser Hinsicht drang ich einfach nicht zu ihm hindurch. Seine Nase sah auch nicht gut aus, jedoch versicherte er mir jedes Mal, wenn ich ihm sagte er solle zum Arzt gehen, dass es schlimmer aussehe, als es sei.
Ich wurde aus den Gedanken gerissen, als ich hörte wie der Schlüssel im Haustürschloss umgedreht wurde. Zügig krempelte ich meine Jogginghose wieder herunter und ging zur Tür.
Papa, Mama, Besa und Qendrim kamen herein. ,,Es ist so kalt, Kannst du die Heizung an machen?", fragte Besa, als sie die Schuhe auszog. ,,Die ist schon an, aber ich mache euch allen einen Tee, okay?" -,,Okay, mein Schatz. Pfefferminz für mich", sagte Papa, als er seine Jacke auszog und an den Haken neben der Tür hing. Qendrim sah mich mit einem durchbohrendem Blick an, den ich aber sofort auswich.Ich tapste in die Küche und ließ das Wasser kochen. Mama kam hinter mir her. ,,Na, was hast du heute so gemacht? Geht es dir wieder gut?", fragte sie mich und strich mir über den Rücken. Ich runzelte die Stirn. ,, Wieso wieder? Mir geht's gut Mam." ,,Versuch nicht, deiner Mama etwas vorzumachen. Du bist meine Tochter, ich weiß, wenn es dir schlecht geht. Also, Sag schon." -Mutterinstinkte. Ich seufzte, dachte kurz über eine Antwort nach.
Sollte ich ihr die ganze Wahrheit sagen? Oder nur die halbe? Die Sache mit Dardan plagte mich, jedoch fand ich diesen Zeitpunkt unpassend. Doch ich konnte ihr mein Problem mit Qendrim schildern. Oder nicht? Ja, ich brauchte nun einen mütterlichen Rat. Vorher aber machte ich den Tee fertig, brachte die heißen Tassen zu den anderen und setzte mich dann schließlich in die Küche zu meiner Mama.
,,Mam", ich schaute kurz unauffällig aus der Küche, um mich zu vergewissern, ob uns auch keiner belauschte, ,,es ist wegen Qendrim." Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, doch dann verwandelte sich ihre Mimik in eine sorgende. Sie wusste, wie berechenbar er sein konnte. ,,Er terrorisiert mich. Er spioniert mir hinterher. Er meckert über meine Kleidung. Doch gestern hat er es übertrieben. Er hat mich von Aleynas Feier gezogen und mitgenommen. Welches Recht hat er dazu Mama? Papa wusste doch Bescheid, wer gibt ihm das Recht über mich zu bestimmen? Kann er sich nicht um sein eigenes Leben kümmern?", es sprudelte nur so aus mir heraus. Langsam fiel die Anspannung von mir, denn Mama nahm meine Hände und drückte sie.
,,Zemra jem (Mein Schatz)... Er wird nicht mehr lange bleiben, das verspreche ich dir. Ich werde deinem Papa sagen, dass er ihm irgendwoanders eine Stelle besorgen soll, hier nicht. Aber versuch so lange er noch hier ist, seine Bemerkungen zu ignorieren... Wir können ihn nicht bestrafen oder derartiges, er ist immerhin der Neffe deines Vaters, dein Cousin "
,,Mam, er verhält sich aber wie ein kranker Stalker. Er will die Ehre der Familie erhalten, oder so... " -,,Die Ehre?", fragte sie unglaubwürdig und zog ihre Augenbraue hoch. ,,Du tust doch nicht Schlimmes, oder etwa doch?"Ich bekam ein flaues Gefühl im Magen. Was sollte ich jetzt sagen? Doch Mama, ich habe heimlich einen Freund und treffe mich ständig mit ihm, obwohl ich sage ich bin bei meinen Freundinnen? Ohje. Nein. Nicht heute, nicht jetzt.
,,Er hat mich mit einem guten Freund gesehen, und sich den Rest dazu gedacht", antwortete ich. Das war immerhin die halbe Wahrheit. Die ganze würde sie noch erfahren.
Sie schien nachzudenken.
,,Dafina", begann sie, ,,du kannst mir ruhig sagen, wenn du Interesse an einem Jungen hast." Ich schaute zu ihr auf. Wieder diese Mutterinstinkte, sie musste was merken. ,,Sag es mir, wenn du bereit dazu bist, ani shpirt (okay meine Seele)? Aber ich vertraue dir, Engel. Qendrim hat keinen Grund, sich um die Familienehre zu kümmern. Du würdest uns nie das Gesicht nehmen", sie schenkte mir ein Lächeln, stand auf, gab mir einen Kuss auf die Stirn und wollte aus der Küche gehen, doch ich hielt sie zurück. ,,Mam?", erwartungsvoll schaute sie in meine Augen, ,,Ich habe Angst, dass Qendrim Papa irgendwelche Lügen erzählt. Er soll nicht enttäuscht von mir sein." -,,Wird er nicht, keine Sorge."Den restlichen Tag verbrachte ich in meinem Zimmer. Alleine, in meinem Bett eingekuschelt hing ich an meinem Laptop und schaute die neusten Folgen von Pretty Little Liars. Völlig konzentriert schaute ich auf meinen Bildschirm, als plötzlich das Skype-Fenster erschien. Meine gemeinsame Gruppe mit den Mädels rief an.
,,Muss das jetzt sein? ", flüsterte ich zu mir selbst. Ich nahm ab.,, Holaaa Chicas", grüßte Aleyna.
,, Hey", grüßten wir zurück. Sofort entschuldigte ich mich für mein gestriges Verschwinden. ,, Ich hoffe die Torte war lecker, ich habe sie nämlich ausgesucht! " Sie lachte und hielt daraufhin eine pinke Dose in die Kamera. ,, Du hast mir etwas aufgehoben?", fragte ich hoffnungsvoll. ,, Klar! Aber kannst du uns jetzt sagen, wieso du so plötzlich weg warst?"
Ich stieß Luft aus. ,, Ihr wisst ja, mein Cousin ist hier. Der hat eine Situation mit einem Kerl auf der Party falsch verstanden. Ich weiß nicht mal, wieso der überhaupt da war. Auf jeden Fall wurde er sauer und hat mich mitgenommen", ganz bewusst erwähnte ich keinen Namen. ,, Was? Geht es dem noch gut?" -,, Wie krank" - ,, Ja, qen (Hund) halt. Steckt schon in seinem Namen", lachte Bleo. Nachdem sich alle etwas aufgeregt hatten, meldete sich auch Leandra zu Wort. ,, Habt ihr mitbekommen, dass Dardan in eine Schlägerei verwickelt war? " -,,Ja! Ich habe gehört, dass ihn irgendso ein Besoffener geschlagen hat", antwortete Aleyna aufgeregt. Ich versuchte überrascht zu klingen.
,,Wer war das?", natürlich wusste ich, wer es war, aber vielleicht hatte jemand Qendrim gesehen? ,,Keine Ahnung, so ein ekliger, hässlicher... ", meinte Lindita. Okay, die Mädels hatten keine Ahnung, denn Qendrim war an sich recht gutaussehend. Sein Charakter machte ihn hässlich. Es wurde still in der Runde. Alle schienen nachzudenken, bis Leandra die Stille brach.
,,Ich vermisse euch", sagte sie mit weicher Stimme .,,Hä, wir sind doch da?", fragte sich Bleo. ,,Ich meine nicht dieses Vermissen" -,, Und welches?" ,,Ich vermisse unsere alten Zeiten... Wir waren mal unzertrennlich. Und jetzt, ich weiß nicht, wir haben uns auseinandergelebt." ,, So ist es nun mal, wenn man erwachsen wird, arbeiten geht", antwortete ich einen Ticken zu schnell. ,,Das heißt aber nicht, dass man sich aus dem Weg gehen muss! ", meckerte sie. ,, Ich gehe euch doch nicht aus dem Weg!" -,, Oh doooch und wie du uns aus dem Weg gehst!" -,, Man Mädels, haltet die Klappen! Ihr alle kommt morgen nach der Arbeit zu uns, kapiert? Keine Widerrede. Lea hat recht, wir haben uns auseinandergelebt und es wird Zeit darüber zu reden. Also sagt alles mögliche ab, Lea hat außerdem noch Neuigkeiten, die sie euch erzählen will", meinte Lindita. Ich atmete aus. Dann musste ich Dardan wohl oder übel absagen, meine Mädels gingen nunmal vor. Ich hatte sie auch vermisst, doch wollte nicht einsehen, dass unser Auseinandergehen größtenteils an mir lag. An meinen Lügen. An meinem Schweigen.
,,Ich vermisse euch doch auch... ", gab ich zu und stimmte einem Treffen zu.Doch hätte ich vorher gewusst, was Lea uns mitteilen wollte, wäre alles niemals so gekommen, wie es gekommen ist.
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Spekuliert mal in den Kommentaren , was leas Neuigkeiten sind. Schreibt vieeeeelll, wenn ihr wollt, dass das nächste Kapitel schon morgen kommen soll :)
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Liebe, Ehre & etliche Hindernisse (🇦🇱)
Romance,,Ich sog die frische Luft tief ein und begann den Brief erneut zu lesen. Dann noch ein Mal. Und noch ein Mal. Zeile für Zeile, jedes einzelne Wort, wieder und wieder. Ich wollte weg. Ich wollte mit ihm weg. Mein Inneres schrie nach ihm. Mein Herz...