Kapitel 59 - Ausreden

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Ich rief nach der Sitzung direkt Blerim an. Kurz darauf trafen wir uns in einem Café. Er sah mir direkt an, dass etwas nicht stimmte.
Ich erzählte von der Kreuzfahrt. Er war sofort begeistert und wollte, dass ich mitmache. Ich runzelte die Stirn. ,,Ich glaube du hast etwas überhört? D-", ich wollte gerade den Namen aussprechen, da fiel mir ein, dass wir den Namen eigentlich nicht kannten, ,,Herr Kelmendi fährt mit. Dieser Arrogante Stellvertreter."
Blerim zuckte mit den Schultern. ,,Und jetzt? Ihr habt sowieso nichts miteinander zu tun. Das würde nur deine Karriere pushen, wenn du da mitmachst", sagte er ruhig

Ich schaute aus dem Fenster. Wenn Blerim nur wüsste.
Wir hätten nichts miteinander zu tun...
Doch, doch das hatten wir allerdings, aber das konnte ich ihm jetzt doch nicht erklären. Noch nicht.

Er nahm meine Hände in seine.
,,Blero, das sind eineinhalb Monate. Wenn es wenigstens zwei Wochen wären..."
Er schüttelte den Kopf. ,,Die Fahrt wird dich sicherlich weiter bringen als Chefredakteurin." Ich lächelte ihn an. ,,Aber ich hab ja gar keine Zeit mich von allen zu verabschieden, meine Eltern, meine Schwester, meine Mädels. Die Kreuzfahrt ist in zwei Tagen."
Er dachte nach. ,,Dann musst du mit ihnen skypen oder telefonieren."
-,,Und wenn das Schiff untergeht? So wie bei der Titanic?" Er lachte. ,,Wird es nicht, weil Jack nicht dabei ist, um seine Rose zu retten." Es war eine Anspielung auf ihn selbst. Und ich sollte wohl Rose sein ...
,,Blerim, Jack starb als die Titanic unterging." Ich fing an zu lachen und steckte ihn an. ,,Das Schiff wird nicht untergehen, die Technik heutzutage ist bei Weitem entwickelter als zu Zeiten der Titanic. Es gibt mehr Rettungsboote und Möglichkeiten gerettet zu werden. Mach dir doch nicht so viele Gedanken. Die Zeit wird wie im Flug vergehen. Wir können auch jeden Tag telefonieren, wenn du möchtest. Ich kann auch selbst... mitfahren. " Ich schaute ihn geschockt an. ,,Bist du verrückt? Das ist unheimlich teuer und du hast so viel zu tun bei der Arbeit. Nein, nein." -,,Ich will aber, dass du da mitfährst. Dir soll es nur nicht schlecht gehen, freu dich für diese Möglichkeit."

Eigentlich hatte er Recht. Ich meine, an dieser Kreuzfahrt war nichts auszusetzen, bis auf die Tatsache, dass Dardan mitfuhr. Ich konnte ihm doch einfach aus dem Weg gehen, oder nicht...?

Abends skypte ich noch mit meinen Eltern, die sofort begeistert von der Idee waren. Was war schöner, als Eltern zu haben, die ihr Kind bei Allem unterstützten?

Als ich mit meinen Mädels in einer Gruppe skypte, konnten sie kaum glauben, wie kalt Dardan zu mir war. Sie verstanden es einfach nicht. ,,Ist doch normal, dass er seinen Frust an mir auslässt. Ich verdiene es, seine kalte Schulter zu spüren."
Die Mädels seufzten. ,,Aber Blerims Reaktion war echt süß",sagte Bleo. ,,Ja!", stimmte Aleyna zu, ,,Die Albaner heutzutage würden ihrer Freundin nie erlauben auf eine Kreuzfahrt zu gehen. Alleine. Mit anderen Männern. Sie würden an ihrer Eifersucht ersticken. Aber er... er unterstützt dich einfach bei Allem." -,,Wir sind aber nicht Freund und Freundin." Nun sprach auch Besa. ,,Was'n dann? Ihr habt euch geküsst, mehr als normale Freunde seid ihr auf alle Fälle." Ich musste schmunzeln. ,,Ich weiß nicht, ob das jetzt funktioniert." -,,Ob was funktioniert?" ,,Eine Beziehung zu führen. Nicht jetzt wo Dardan da ist. Ich muss mir einfach über dieses ganze Gefühlswirr-warr klar werden." -,,Das solltest du", sagte Bleona ernst.
Ich wurde hellhörig. ,,Sollte ich etwas bestimmtes wissen?"
Die Mädels schüttelten direkt die Köpfe. ,,Nein... aber, naja, ... du solltest es selbst herausfinden", meinte Aleyna und erntete ein Augenrollen von Besa, die sichtlich genervt war. ,,Was herausfinden?", fragte ich mit strengem Ton.
,,Was sie damit sagen will", meldete sich Besa, ,,ihr seid jetzt lange Zeit zusammen unterwegs, vielleicht findet sich eine Situation, wo ihr euch unterhalten könnt, oder so", sie lächelte mir aufmunternd zu. ,,Ich glaube, das sollten wir mal. Unterhalten. Reden. Uns wenigstens nicht anschweigen. Das macht mich noch verrückt. Er darf sauer auf mich sein, aber er soll es nicht übertreiben."

Zwei Tage später fand ich mich am Hafen wieder. Die Fähre stand schon bereit und viele Leute tummelten sich herum. Blerim zog meinen vollen, riesigen Koffer aus seinem Auto. Skeptisch betrachtete ich diesen. ,,Meinst du... ich habe genug dabei?"
Er lachte. ,,Dafina, das ist mehr als genug, du hast sogar noch zwei Taschen dabei." ,,Hm, und wenn es doch nicht reicht?" -,,Dann gibt es sicherlich Möglichkeiten, um neue Sachen zu kaufen." Er schenkte mir ein Lächeln und begleitete mich noch ein paar Meter Richtung Fähre.
,,Du musst zur Arbeit", sagte ich. Er schaute mir tief in die Augen und zog mich an meiner Hüfte zu sich. Ich sah ihn erwartungsvoll an. ,,Ich will dich nicht alleine lassen." ,,Ich bin doch nicht alleine, drüben sind die Kollegen." -,,Ich meine ich will dich nicht über einen Monat alleine lassen. Was soll ich denn so lange machen?" -,,Dir Titanic anschauen", scherzte ich. Er lachte. ,,Ich meine es ernst. Ich rufe dich heute abend sofort an, wenn ich kann, okay?" ,,Alles klar." Wir schauten uns tief in die Augen. Er schmunzelte und schaute zu meinen Lippen und zurück zu meinen Augen. Das war eindeutig ein Zeichen. Sollte ich nun warten, bis er mich küsste, oder soll ich die Initiative ergreifen? Ich wollte, aber rührte mich nicht. Ich schaffte es einfach nicht. Nicht hier, nicht wo Dardan mich sehen könnte. Er spukte in meinem Kopf herum.

Blerim wartete nicht länger, zog mich enger zu sich und drückte mir einen langen Kuss auf die Lippen. Ich blendete in dem Moment alles um mich herum aus, meine Hände wanderten sogar wie ganz von alleine zu seinem Gesicht. Als er sich von mir löste, lehnte er seine Stirn an meine. ,,Ich werde dich vermissen", hauchte er gegen meine Lippen. ,,Hoffentlich vergeht die Zeit schnell", sagte ich. ,,Pass auf dich auf", er umarmte mich noch einmal fest und lange, bevor er zurück zu seinem Auto ging und zur Arbeit fuhr.

Ich zog meinen schweren Koffer hinter mir her und ging zu Herrn Gonzáles, Frau Hönkel und Dardan. Ich begrüßte sie. ,,Schön, dass sie es sich nochmal überlegt haben, Frau Ismaili. Sie werden es sicher nicht bereuen", sagte mein Vorgesetzter. ,,Ich hoffs!", lachte ich.

Ich schaute kurz zu Dardan. Er trug eine dunkle Sonnebrille, dennoch konnte ich mir vorstellen, dass er seine Augen rollte.
Sie alle waren eher sommerlich gekleidet, da es wirklich unheimlich warm wurde. Ich trug ein hellblaues langes ärmelloses Kleid und Sandalen dazu.

Langsam ging es los. Alle stellten sich schonmal auf, um auf das Schiff zu kommen.
Nach einer Weile war Dardan an der Reihe. Mit Leichtigkeit hob er seinen Koffer und ging die Treppen herauf.
Ich warf mir eine Tasche um die Schulter, hielt mit dem Arm die andere Tasche und mit der anderen Hand versuchte ich, meinen Koffer die Treppen hochzutragen. Niemand machte anstalten zu helfen. Die Leute wurden unruhig und mir wurde die Situation unangenehm.

Plötzlich kam jemand von den Treppen herunter und griff langsam den Henkel meines Koffers.
Ich schaute hoch und sah Dardan. Er war mir für kurze Zeit ganz nahe. Er hob den Koffer und ging ohne mir in die Augen zu schauen die Treppen hoch.
Verträumt schaute ich ihm hinterher. Mir schlich unbemerkt ein Lächeln auf die Lippen. Diese Geste war so unerwartet. Für eine Sekunde dachte ich, ich hätte den alten Dardan vor mir...

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LESENACHT STARTET
Let the Lesenacht begin! 😆😅😇❤
Die letzten Kapitel haben 80☆ geschafft, schafft dieses es auch?
Sorry, dass ihr so lang warten musstet, wann soll ich das nächste hochladen? In einer Stunde? :)
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XOXO

Liebe, Ehre & etliche Hindernisse (🇦🇱)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt