Kapitel 18 - Gewissheit

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Einige Tage vergingen. Lindita war inzwischen nicht mehr aus dem Haus gegangen, da der Schock noch zu tief saß. Deshalb beschlossen Aleyna, Bleona und ich ihr einen Überraschungsbesuch auszustatten.

Wir klopften an ihre Zimmertür und öffneten diese vorsichtig.
Es war dunkel, da sie die Rollläden komplett runtergelassen hatte und das Tageslicht nicht in ihren Raum ließ. Ich stieß an eine Kommode und verlor fast mein Gleichgewicht. ,,Autsch!" ,, Du bist so dämlich, mach doch einfach das Licht an", meinte Bleo und drückte den Lichtschalter herunter. Der Raum erhellte sich und Lindita brummte in ihr Kissen. ,,Wie sieht's denn hier aus", schockiert betrat Aleyna den Raum. Leere Pizzakartons, Flaschen, benutzte Taschentücher, Klamotten, Socken, leere Chipstüten und vieles mehr lag verteilt auf dem Boden herum. ,, A je tranu? (Bist du verrückt?) Was ist hier passiert?!", fragte ich sie, während ich die Rollläden öffnete und das Sonnenlicht in ihr Zimmer ließ. Lindita hob ihren Kopf und zeigte uns ihr verheultes Gesicht. Angeschwollene Augen und eine rote Nase zeichneten ihr Gesicht. ,,Wo ist Lea?" ,fragte sie uns rau. ,,Sie macht dir deinen gewünschten Kakao", antwortete Bleo. Sie nickte. ,,Was macht ihr hier? Das ist mir gerade voll peinlich, dass ihr mein Zimmer so seht", gestand sie. ,,Wir wollten wissen wie es dir geht, weil du ja komplett offline bist. Nicht nur im Netz ", sagte Aleyna, setzte sich neben sie und streichelte ihren Rücken. Lindita rieb sich die Augen. ,,Ich musste nachdenken." -,,Verständlich."

Nachdem Lea kam und ihr den Kakao überreichte, begannen wir Linditas Zimmer aufzuräumen. Wir schalteten unsere Lieblingsmusik an, natürlich in der höchsten Lautstärke und räumten tanzend und singend das Zimmer auf. Aufeinmal rutschte Bleona auf einem Halstuch aus und knallte auf ihren Arsch. Lindita lachte auf. Das war natürlich unser Ziel. -Sie auf andere Gedanken bringen.

,,Ich liebe euch Leute", sagte sie, nachdem wir fertig waren.
-,,Wir dich mehr"

,,Schatz, das wird wieder alles. Zeit heilt wunden. Ich muss jetzt aber wieder nach Hause, wollte noch ein paar Bewerbungen schreiben ", ich drückte noch jede einzelne von ihnen und machte mich auf dem Weg nach Hause. Doch kurz bevor ich ankam, bekam ich einen Anruf. Von Dardan.
,,Ja?" -,,Hey, alles klar?" ,,Ja, bei dir?", antwortete ich. ,,Natürlich, aber eigentlich brauche ich Hilfe, hast du Zeit?" -,,Hilfe wofür?", fragte ich irritiert. ,,Meine Wohnung? Hast du vergessen?" -,,Oh, achja, stimmt", erinnerte ich mich an mein Versprechen. -,,Also, hast du Zeit und Lust bisschen zu helfen? Ich hol dich ab", bot er an. Natürlich hielt ich mein Wort und sagte zu.

Und kaum vergingen 15 Minuten, da hielt sein Auto auch vor meiner Haustür. Ich hatte Glück, dass meine Eltern arbeiten waren und meine Schwester bei ihrer Freundin war, denn somit konnte mich keiner sehen. Naja, dachte ich zumindest.

Ich stieg also ein und mich packte eine Gänsehaut am ganzen Körper. Er sah mal wieder so unfassbar gut aus. Den linken Arm am Lenker, den rechten auf seinem Bein. Die Haare wieder perfekt gestylet. Er zeigte mir wieder seine Grübchen, indem er mich anlächelte. Und auch ich konnte nicht anders, als ihm ein Lächeln zu schenken. Das Anlächeln war quasi unsere Begrüßung.
Er fuhr los. ,,Danke, dass du die Zeit gefunden hast. ", begann er. ,,Ich halte mein Wort" -,,Also hast du nur deswegen zugesagt?",fragte er, während sein Blick der Straße gewidmet war. ,,Nein, also... Ja... Aber " -,, Jaja, du bist mir eine", nun huschte sein Blick kurz zu mir. ,,Du weißt doch wie ich das meine!" - ,,Sicher doch Dafi", er berührte mein Knie und sofort zog sich mein Magen zusammen.
Wenn so eine harmlose Berührung mich hemmen konnte...

Als ich seine Wohnung betrat, staunte ich zu erst. Die Wohnung war für einen Kerl total schön eingerichtet und für einen frischen Einzug richtig sauber gehalten. ,,Und wofür bitte brauchst du meine Hilfe?", fragte ich positiv überrascht. ,,Dekoration", er führte mich in einen kleinen Raum, indem er seine Kartons verstaute. ,,Hier sind so Dekoartikel, und so ein Zeug. Ich kann sowas gar nicht. Es soll nicht kitschig aussehen. Aber auch nicht zu leer. Jedoch soll es immer noch männlich wirken, verstehst du? " -,,Klar", doch eigentlich hatte ich keinen Schimmer davon, was er eigentlich von mir wollte. Ich begann einfach ein paar Gegenstände aus dem Karton zu fischen.

,,Hier sind nur noch ein paar Bilderrahmen... Sonst bin ich fertig", ließ ich ihn wissen, während ich die Tischdecke zurechtzupfte. In diesem Moment kam Dardan mit zwei Tassen Cappuccino. Eine davon reichte er mir, die ich dankend annahm. ,,Die Bilderrahmen werden ihre Funktion bald schon erfüllen", er nippte an seinem Cappuccino und nahm einen Rahmen in die Hand. ,,Was sollen da denn für Bilder rein?", fragte ich neugierig. ,,Fotos mit Personen, die mir wichtig sind", sagte er etwas verträumt. -,,Und wer sind wichtige Personen für dich?" -,,Du zum Beispiel", gestand er. Ich hob meine Augenbraue.

Wen wollte er verarschen? Mit wem wollte er spielen? Mit mir? Wahrscheinlich dann noch ein Bild mit Leandra, weil er sich ja nicht entscheiden kann, oder?

Ich lachte: ,,Ist Klar." -,,Was denn?" ,,Ich glaube dir nicht", gab ich offen zu. -,,Wieso nicht?" Ich zuckte mit den Schultern, obwohl ich die Antwort ja wusste. -,,Dafi, ich schreibe dir seit Tagen, doch du antwortest nicht. Ich rufe dich an, doch du nimmst nicht ab und rufst nicht mal zurück. " ,,Ja ich hatte viel zu tun", log ich. Doch eigentlich wollte ich gar keinen Kontakt zu ihm, da ich selber nachdenken musste. Ich mochte ihn wirklich sehr, aber die Sache mit Leandra in der Shishabar und auch sonst überforderte mich. In diesem Moment leuchtete mein Handy auf. Eine neue Nachricht von Kaan. Ich wollte mein Display mit der Handfläche verdecken, doch es war zu spät. Dardan hatte es schon längst gesehen. ,,Kaan? Ist das dein Ernst? Zeit für ihn findest du, aber für mich nicht?", fragte er unglaubwürdig und mit einem Unterton, den ich nicht wirklich einordnen konnte. ,,Was interessiert dich das überhaupt? Du willst doch sowieso was von Leandra!", sagte ich etwas bissig. Was kümmerte es ihn, mit wem ich schrieb? ,,Leandra?", er lachte auf, ,,Leandra ist wie eine Schwester für mich." Hä? Das verstand ich mit dem besten Willen nicht. Ich musste erst einmal meine Gedanken ordnen. Ich konnte mich einfach nicht vertan haben. Was war aus dem Kuss geworden, von dem Leandra gesprochen hatte. Ein geschwisterlicher Kuss? Ihgitt. Stotternd fragte ich ihn. ,,Aber... Du hast sie doch geküsst. Auf dieser Party. " Er zog die Augenbrauen zusammen. ,,Du weißt wovon ich spreche." -,,Da hat dir Leandra wohl was falsches erzählt. Sie war doch völlig betrunken. Sie hat mich geküsst. Glaub's mir." Ich glaubte ihm kein Wort. Wieso sollte Leandra mich belügen? Oder hatte sie sich wegen des Alkohols so ausgemalt, wie sie es eigentlich wollte? ,,Wieso sollte ich dir glauben? Als du die Mädels nach Hause gefahren hast warst du so komisch. Du hast mir nichtmal in die Augen sehen können." Er rieb sich die Augen. ,,Das hatte aber nichts mit dir zutun. Ich habe doch gesagt, dass ich Streit mit meinen Eltern hatte." ,,Dardan...", ich versuchte die passenden Worte zu finden. ,,Was?", fragte er unglaubwürdig. ,,Dardan du machst mich verrückt, merkst du das denn nicht?" Ich wusste nicht, woher ich den Mut fand, ihm so etwas zu gestehen. ,,Dafina...", er berührte meine Hand, doch ich zog diese Schnell zurück. ,,Schau genau das meine ich! In dem einen Moment denke ich du magst mich wirklich", ich dachte an den freien Fall und den Kinobesuch, ,,und im nächsten Moment weiß ich nicht was du willst- " ,,Dafina" ,,Nein Dardan, ich will jetzt wirklich Gewissheit", ich musste meinen ganzen Frust raus lassen, auch wenn ich es danach bereuen würde. Auch wenn ich gekorbt werden würde. ,,Gewissheit wofür?" Ich wusste genau wofür, doch ich brachte keinen Ton heraus. ,,Dafina?" Er suchte meinen Blick, doch ich wich aus. Er kam näher und drehte mein Gesicht zu ihm. ,,Was willst du von mir hören, Dardan? Was? Machen dir diese Spielchen Spaß?" ,,Dafina, shum po fol, shuj (du redest zu viel, sei still)", flüsterte er, als er meinem Gesicht schon gefährlich nahe kam. Ich runzelte die Stirn und schüttelte vorsichtig den Kopf. Kaum vergingen fünf Sekunden und seine Lippen berührten meine. Mein Körper packte die Gänsehaut und ich war so übertascht, dass ich ihn sanft von mir stieß und mit geweiteten Augen betrachtete.

Liebe, Ehre & etliche Hindernisse (🇦🇱)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt