Kapitel 31 - Wahrheit

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In der Küche der Redaktion kochte ich mal wieder Kaffee für meine Vorgesetzte, als Herr Kryeziu,  Liridon, wie ich ihn jetzt nennen durfte, hereinkam und sich ebenfalls eine Tasse aus dem Schrank holte. 
,,Schon etwas in der Mittagspause vor? ", fragte er interessiert.
,,Ich schätze mal zu Mittag essen", scherzte ich. -,,Kommst du mit mir in das Café gegenüber von hier? Ich brauche dringend deinen Rat", er klang etwas verzweifelt.

Mittlerweile haben Liridon und ich eine freundschaftliche Basis zwischen uns geschaffen, und das hatte ich auch echt nötig auf der Arbeit, denn falls ich Hilfe brauchte, konnte ich mich an ihn wenden. 

,,Klar, gerne", antwortete ich lächelnd. ,,Danke! Ich werde im Café auf dich warten", er ging mit seinem Kaffee wieder in sein Büro. 
Ich war schon ziemlich neugierig darauf, zu wissen, worum es sich bei seinem Problem handelte.  Doch jetzt hatte ich keine Zeit darüber zu spekulieren, da meine Chefin wahrscheinlich schon sehnsüchtig auf ihren Kaffee wartete...

Netterweise wurde ich schon eine viertel Stunde vorher in die Mittagspause gelassen, weshalb ich noch einmal gründlich über meine Entscheidung nachdachte.

Über meine Entscheidung, meinen besten Freundinnen alles zu beichten. Es war an der Zeit,  das fühlte ich. Ich konnte nicht mehr weiter mit diesem Geheimnis leben.  Qendrim hätte keinen Grund mehr gehabt, die Familienehre zu retten,  da mein Vater von allem Bescheid wissen würde. Meine Mädels würden sich nicht mehr wundern, weshalb ich mich abgewendet habe und ich, ich hätte wieder ein reines Gewissen. 

Mein Entschluss stand fest.
Auch wenn die Mädels, und vor Allem Leandra, sauer auf mich wären, nach ein paar Wochen hätte sich alle Aufregung gelegt und sie würden sich mit mir freuen.
Dachte ich.

Nun musste ich nur noch Dardan anrufen, um Bescheid zu sagen,  dass ich nach der Arbeit nicht zu ihm kommen würde.

Er nahm ab. ,,Dafina" -,,Dardan"
,,Ich hol dich nach der Arbeit ab. Um wie viel Uhr hast du Feierabend?" Ich seufzte und fühlte mich sofort mies, dass ich ihm nun absagen musste. ,,Ich komme nicht, tut mir leid",  entschuldige ich mich ruhig. ,,Was? Wieso?",  er klang sauer.  Ich zog die Augenbrauen zusammen. ,,Ich gehe zu Leandra, dort treffen wir uns mit den anderen. Ist das ein Problem für dich? ", fragte ich unglaubwürdig. ,,Ja", gab er zu, änderte seine Meinung doch keine Sekunde später, ,,Nein... Dafi, komm doch bitte einfach zu mir. Ich muss dir etwas wichtiges sagen!" Er klang verzweifelt, doch ich wollte einfach nicht hören. ,,Kann das nicht warten?"  –,,Nein,  bitte! Ich muss dich sehen." Ich seufzte erneut. ,,Ich versuche danach zu kommen, okay?" –,, Kannst du nicht vorher zu mir und dann zu den anderen?" ,,Dardan!",  mahnte ich. Er gab sich nun endgültig geschlagen. Nachdem ich, verwundert über Dardans Aufregung, auflegte,  begab ich mich ins Café. 

Liridon war noch nicht eingetroffen,  weshalb ich noch etwas Zeit zum nachdenken hatte. Auch wenn ich unbedingt wissen wollte, warum Dardan so aufgebracht war, konnte ich meinen Freundinnen nicht absagen. Ich fühlte mich verpflichtet, zu dem Treffen zu gehen, da ich meine langjährige Freundschaft zu meinen Mädels nicht einfach vernachlässigen, vielleicht sogar kaputtmachen, wollte. Es war wirklich an der Zeit,  zu sprechen. 

Liridon kam herein und setzte sich zu mir. ,,Soo, worum geht's?", fragte ich neugierig, doch der Kellner kam und nahm unsere Bestellung auf, weshalb er kurz inne hielt. Nachdem dieser wieder in der Küche verschwand, begann Liridon zu erzählen:  ,,Meine Verlobte ist sauer auf mich. Egal, was ich mache, damit sie mir verzeiht, Uhren, Ketten, Schminke, alles lässt sie völlig kalt. Ich bin überfordert mit der Situation, die Hochzeitsplanungen laufen auf Hochtouren und sie ist wütend. Dafina, was kann ich machen, damit sie endlich wieder vernünftig mit mir redet? Ich glaube nämlich, dass wenn das so weiter geht, es nichts Gutes für die Hochzeit bedeutet", er senkte seinen Blick. Nun kam der Kellner, brachte uns unsere Kaffees und Croissants.                                                                                                          Seine Verlobte, das war die Frau die vor ein paar Wochen in seinem Büro war, und mich so komisch angesehen hatte, doch eigentlich war sie eine ganz Liebe, wie sich nach Liridons Erzählungen herausstellte.                                                                                                                                                                                Ich dachte kurz nach und fragte daraufhin, weshalb sie überhaupt sauer war. ,,Sie meint, ich arbeite zu viel und hätte keine Zeit für sie." -,,Liridon" ,,Ja" -,,Du arbeitest wirklich viel... Und dafür, dass die Hochzeitsvorbereitungen auf Hochtouren laufen, zu viel." ,,Aber... ich weiß nicht." -,,Du kannst es dir leisten, weniger zu arbeiten. Außerdem ist es ja nur bis nach der Hochzeit. Merita ist bestimmt nicht sauer, eher traurig... vielleicht sogar enttäuscht. Du glaubst gar nicht, wie aufgeregt sie sein muss... Allein, wenn ich daran denke, wie es für mich sein würde kurz vor meiner Hochzeit zu sein..." , ich dachte kurz über den Moment nach, wenn Dardan und ich uns in die Augen schauen, ich im Brautkleid, er im Anzug. Dieser Gedanke ließ mich leicht schmunzeln, bevor ich fortfuhr. ,,Verbring einfach mehr Zeit mit ihr. Teure Geschenke könnten niemals deine Gegenwart ersetzen."  Er dachte ein paar Minuten über meine Worte nach. In der Zeit trank ich meinen Cappuccino und aß meinen Croissant.  ,,Du hast recht, Dafina", kam er zur Einsicht. Ich gab ihm ein freundschaftliches Lächeln. 

Liebe, Ehre & etliche Hindernisse (🇦🇱)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt