Der gestrige Abend mit unseren Freunden war einfach nur schön. Wir waren orientalisch Essen und haben Geschichten ausgetauscht, so, wie wir es lange nicht mehr gemacht hatten. Ich vergaß alles um mich herum, alle Anspannung, alle Ängste, den ganzen Stress von der Arbeit. Ich genoss es stets.
Unsere Freude war einfach unbeschreiblich groß. Alle standen hinter uns. Das waren wir nicht gewohnt.Das Thema Babyparty ist auch aufgekommen. Wie unsere jüngeren Geschwister haben auch unsere Freunde das Zusammenauftreten bei Lindita kritisch gesehen. Irgendwie verständlich, doch es wurde verdammt noch einmal Zeit.
Das musste jedem klar werden.
Am nächsten Tag gingen Dardan und ich in die Stadt, um ein Geschenk für Lindita und ihr noch ungeborenes Baby zu kaufen.
,,Wie findest du den Strampler?", fragte ich Dardan. ,,Ne, sieht langweilig aus", sagte er skeptisch und betrachtete Kuscheltiere.
,,Hm, und diesen hier?", ich hob einen blauen Strampler mit einem Teddy darauf hoch. ,,Der ist süß."
,,Gut, nehmen wir. Und diese Schühchen? Dardan die sind so süß!"
Er kam näher und betrachtete die winzigen blauen Schuhe. Ich sah ein glänzen in seinen Augen. ,,Woran denkst du?", fragte ich neugierig.
Er blickte in meine Augen.
,,Wie schön es sein wird, wenn wir unser erstes Kind bekommen."
Ich bekam eine Gänsehhaut. Das Thema Kind ist nie zwischen uns aufgekommen, doch erst jetzt realisierte ich, was Dardan für ein toller Vater sein würde. Der beste Vater. Einen besseren könnte ich mir nicht vorstellen.
,,Ich kann es kaum abwarten, endlich Vater zu werden. Und dich als Mutter meiner Kinder zu haben. Es mag kitschig klingen, aber wenn wir das geschafft haben, dann habe ich alles was ich je wollte. "
Wieder bekam ich eine Gänsehaut. Ich konnte nicht anders als ihn feste zu umarmen.Man bedenke, dass er ja fast Vater geworden wäre. Wie schwer diese Zeit für ihn war, als er sein Kind verlor, als sein eigener Vater ihn verstoßen hatte und als er in dieser Zeit jemanden gebraucht hatte. Mich.
Umso mehr freute ich mich, dass wir nun endlich glücklich werden konnten.Ich drückte ihm noch einen Kuss auf die Wange, bevor ich weiter nach Geschenken gucken wollte. Doch als ich über seine Schulter blickte, gefrohr mir das Blut in den Adern. Ich ließ Dardan los und ging einen Schritt zur Seite. Ich konnte nicht fassen, wer auf der Gegenüberliegenden Seite des Ladens stand.
Es war Leandra.
Lea.Sie stand dort und umklammerte den Saum ihrer Tasche.
Dardan bemerkte meinen geschockten Blick und drehte sich um. Auch er hielt kurz die Luft an.
Nach fünf Jahren sah ich meine beste Freundin wieder. Meine beste Freundin, die wie eine Schwester für mich war.
Es war so viel passiert. Ich konnte meine Gefühle in diesem Moment gar nicht deuten.
Lea wagte einen Schritt zu uns und ich wich einen zurück. Dardan nahm mein Hand und drückte sie feste. Er deutete mit einer Kopfbewegung, dass ich einen Schritt auf sie wagen sollte. ,,Keine Angst", sagte er.
Er habe vielleicht seinen Frieden mit ihr gefunden, doch ich war noch nicht so weit.Lea kam nun auf uns zu, doch mich packte die Panik. ,,Zahl das", sagte ich zu Dardan und drückte die blauen Schuhe in seine Hand, bevor ich mit schnellen Schritten aus dem Laden lief.
Mittlerweile waren meine Augen mit Tränen gefüllt. Ich hätte nicht erwartet, dass mir so ein zufälliges Aufeinandertreffen so schmerzen würde.Ich ging mit schnellen Schritten so weit wie möglich von dem Laden weg. Mir war gar nicht bewusst, dass ich aus Eile einige Menschen anrempelte und beschimpft wurde.
Ich war einfach von der Panik umhüllt. Konnte nichts kontrollieren.
Ich sah eine Bank auf die ich mich mit flachem Atem hinsetzte.
Ich schloss die Augen und versuchte durchzuatmen. Ruhig bleiben Fina. Ganz ruhig. Ich versuchte runterzukommen. Es gelang mir jedoch nicht, da jemand seine Hand auf meine Schulter legte.
Ich öffnete meine Augen und sah in Leas grünen Augen.Ich schreckte zurück.
,,Fina, bitte lass mich reden", sprach sie mit zittriger Stimme. -,,Fass mich nicht an."
Ihre Augen waren glasig. ,,Bitte komm mit, lass uns irgendwohin, wo es ruhiger is."
Ich wusste nicht, ob ich zustimmen sollte. Sie klang so, ... so verzweifelt.
Ich nickte stumm und folgte ihr in ein Café.,,Willst du was trinken?", fragte sie mich vorsichtig, als sie sich mir gegenüber setzte.
Ich schüttelte den Kopf. Sie nickte. ,,Na gut."Stille.
Konnte sie nicht endlich sprechen? Meine Anspannung stieg mit jeder Sekunde an. Und wo war Dardan denn jetzt? Wieso konnte er nicht hier sein?,,Fina", sagte sie endlich. Ich schaute ihr wortlos in die Augen. Sie schluckte.
,,Es, es tut mir so, so, so unendlich leid", sagte sie mit gebrochener Stimme und Tränen in den Augen. Sie sah verändert aus. Dünner. Ihre Haare hatten nicht mehr die Locken wie damals. Sie sah älter aus als sie war.
Auch mir stiegen Tränen in die Augen.
Ich sagte kein Wort. Ich wollte hören, was sie noch zu sagen hatte.
,,Ich, ich schäme mich. Ich schäme mich seit Jahren für das, was ich dir angetan habe. Ich war nicht ichselbst. Ich hatte eine rosarote Brille aufgehabt und auf niemanden hören können. Ich habe nicht gesehen, welche Fehler ich begangen habe. Ich habe nicht gesehen, was ich dir mit meinem Verhalten angetan habe. Dir. Ich habe damals nicht nur meine beste Freundin durch mein Verhalten verloren, sondern auch meine zweite kleine Schwester. "
Eine Träne nach der anderen flossen nun ihre Wangen herab. Sie versuchte sich zusammenzureissen und wischte sie schnell wieder weg. Auch ich bemühte mich, meine Tränen zurückzuhalten. Die anderen Gäste sollten nicht auf uns aufmerksam werden.Ich sagte nichts zu ihrer Entschuldigung. Ich brachte aber nichts heraus.
Wieso bist du nicht früher gekommen?
Wie konntest du mich so einfach gehen lassen?
Warum hast du mich behandelt wie Dreck, obwohl ich mich auch nur verliebt hatte?
Aber ich sagte nichts. Das war vorbei. Ich wollte nichts noch einmal aufwühlen. Ich hatte was ich wollte und brauchte keinen Streit mehr.,,Ich hab gehört, dass du in Hamburg lebst", sagte sie, um der Stille zu entkommen.
Ich nickte.
,,Du machst das, was du immer machen wolltest", sagte sie und schaute danach verträumt aus dem Fenster.
,,Was machst du?", fragte ich.
Es dauerte bis sie mir eine Antwort gab.
,,Ich bin Hebamme", sagte sie mit einem Lächeln. Ich nickte.
Komische Situation.
Ich wollte sie eigentlich so vieles fragen, doch es war einfach gerade richtig, nichts zu sagen.,,Fina du hattest und hast alles", sagte sie und brach die Stille erneut. ,,Aber das, was du dir sehnlichst gewünscht hast, habe ich dir vorenthalten. Das tut mir leid. Das war nicht mein Recht. Ich habe es kaputt gemacht. Ich habe dir viele Jahre deines Lebens versaut. Und Dardan auch. Dabei wart ihr zwei die letzten, die es verdient hatten.
Ich weiß nicht was ich noch machen kann, außer mich zu entschuldigen. Ich würde so gerne viel mehr machen, aber-"
,,Ist schon gut", unterbrach ich sie.
Sie schaute mich irritiert an.
,,Es ist okay, Lea. In den letzten Jahren ist so viel passiert. Nicht nur in meinem Leben, auch in euren. Dardan hat mir alles erzählt."
Sie blickte mir mit glasigen Augen ins Gesicht.
,,Du musstest genug durchstehen. Ich will keine weitere Last auf deinem Herzen sein."Eine Träne huschte ihre Wange herab.
Als ich aufstand, hielt sie mich kurz auf.
,,Ich habe eine wundervolle Person und Schwester in meinem Leben verloren."
Sie schaute mir nicht in die Augen. Sie konnte nicht.
Ja, sie hatte mich verloren. Beste Freundinnen waren wir lange nicht mehr. Schwestern erst recht nicht. Wir würden uns zwar öfter über den Weg laufen in der Zukunft, doch wir waren nicht mehr mehr als nur Bekannte.Bekannte.
DU LIEST GERADE
Liebe, Ehre & etliche Hindernisse (🇦🇱)
Любовные романы,,Ich sog die frische Luft tief ein und begann den Brief erneut zu lesen. Dann noch ein Mal. Und noch ein Mal. Zeile für Zeile, jedes einzelne Wort, wieder und wieder. Ich wollte weg. Ich wollte mit ihm weg. Mein Inneres schrie nach ihm. Mein Herz...