Kapitel 21

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Er wollte mir jetzt wirklich die Wahrheit sagen. Warum er damals aus Mexiko abgehauen ist. Warum er keinen Kontakt zu seiner Familie hat und warum er so ungerne darüber spricht. "Hör zu, du musst es mir nicht sagen", murmelte ich. Auf keinen Fall wollte ich, dass er sich gezwungen sah, es mir zu erzählen. Immerhin waren wir noch nicht mal ein Paar. "Aber wenn ich es jetzt nicht sage, mache ich später höchstwahrscheinlich einen Rückzieher", beichtete er. Na gut, er wollte es so...

"Du musst wissen, dass ich als Jugendlicher nicht gerade ein Kind der einfachen Sorte war. Mit 16 Jahren habe ich angefangen zu rauchen. Erst waren es zwei bis drei Zigaretten am Tag. Doch dies wurden schnell zu zehn bis zwanzig. Klar, so viel rauche ich heutzutage nicht mehr, aber früher war es echt extrem." Gut, sowas hört man ja öfter. Nur hatte ich das nicht erwartet. Nicht bei Jorge...Keine Ahnung, wieso. Ein Teil von ihm hat sie ja anscheinend nicht sehr stark geändert, wenn er dieser Clique angehörte. "Das ganze eskalierte aber, als ein Junge aus meiner damaligen Parallelklasse behauptete, ich würde in der Schule Alkohol und Drogen verstecken. Klar, hatte ich einen gewissen Ruf an der Schule und ich war bei den Lehrern bekannt. Also gingen sie dem nach und fanden in meinem Schließfach tatsächlichen Wodka und Gras. Wie es darein gekommen ist, ist mir bis heute ein Rätsel. Nun ja, das war der Anfang meiner Aggressivität... Willst du wirklich noch weiter hören?" Ich sah ihn an und nickte. Also schling er seine Arme stärker um mich und sah mich an. Vielleicht aus Angst, dass ich davonlaufen würde, wenn ich die gesamte Geschichte höre. "Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. Bei jeder noch so kleinen Sache, die mir nicht passte oder mich aufregte, rastete ich vollkommen aus. Das Jugendamt war des Öfteren bei uns, sah aber keinen Grund, irgendwas zu machen. Na ja... Bis es dann passierte...
Eines Tages kam ich von einem scheiß Schultag nach Hause und wollte einfach nichts mehr machen. Meine Freunde zu der Zeit trafen sich alle, aber ich hatte keine Lust. Ich betrat mein Zimmer und meine Mutter war drinnen. Sie wühlte in meinen Schubladen herum. Ich schrie sie an, was sie dort zu suchen hätte..." Ihm stiegen Tränen in die Augen. Um ihn zu beruhigen legte ich meine Hände an seine Wangen und streichelte leicht darüber. Wie sehr ihn das mitnimmt zeigt einfach nur, dass er seine Familie unglaublich vermisst und wie sensibel dieser "Badboy" eigentlich ist. "...Sie meinte sie suche nach meinem Vorrat an Zigaretten, damit ich endlich aufhöre zu rauchen. Daraufhin ist mir der Kragen geplatzt und ich... schlug sie mitten ins Gesicht. Kurz darauf wurde ich 18 und bin nach Argentinien geflüchtet." Oh mein Gott... Ja, das ist heftig. Und ich kann verstehen, dass er es mir nicht sofort sagen wollte. "Aber du hast jetzt die Chance, dich zu entschuldigen... Freu dich darüber", flüsterte ich. "Ich sollte mich freuen, aber aus irgendeinem Grund kann ich das nicht", murmelte er. "Hey... Ich begleite dich zu dem Treffen, ja? Du wirst sehen, so schlimm wird es nicht", meinte ich und strich ihm eine Tränen weg. "Und diese Geschichte vergrault dich auch nicht?" Ich schüttelte den Kopf und bemerkte, dass auch meine Augen wässrig waren. Das Ganze nahm mich halt ziemlich stark mit. Immerhin liebe ich ihn. Trotz den ganzen Fehlern, die er begangen hat und trotz der Tatsache, dass er im Gefängnis saß. "Nein. Im Gegenteil. Ich bin froh, dass du mir vertraust", meinte ich. Und ehe ich mich versah, lagen seine Lippen auf meinen. Ich spürte durch den Kuss, wie erleichtert er jetzt war, dadurch, dass ich die Wahrheit nun kannte. Ein Wunder, dass es nach fünf Jahren nur Ruggero wusste. Und dieser hat nie ein Wort darüber verloren. Das nenne ich Freundschaft.

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