Kapitel 27

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Der Tag war gekommen, an dem Jorge seine Familie wiedersah.
"Tini, welches Hemd?", fragte er mich total nervös. "Bleib ruhig", lachte ich. "Ernsthaft jetzt. Welches Hemd?" "Hm... Das rechte. Das sieht mega heiß an dir aus", grinste ich. "Ach ja?", fragte er und wackelte mit den Augenbrauen. "Ja, aber sowas von 100 pro", antwortete ich und ging zu meinem Kleiderschrank.
Jorge war jetzt hier eingezogen. Er wollte nicht länger Ruggero auf die Nerven gehen und nebenbei war seine Couch nicht gerade das bequemste Mittel zum Schlafen. Da ist mein Bett um einiges gemütlicher, was mich aber nicht stört. Ganz im Gegenteil. So habe ich immer jemanden zum kuscheln. Und glaubt mir: Jorge ist der Kuschel- und Kussexperte.
"Du weißt schon, warum ich so nervös bin?" "Ja, aber wenn sie dir nicht verzeihen wollten, hätten sie bestimmt nicht versucht Kontakt aufzunehmen", meinte ich. "Du hast recht, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wenn eine peinliche Stille herrscht oder sonst was." "Das wird nicht passieren und wenn doch, erzähle ich einfach was. Wie wir uns kennenlernten oder so. Es sind deine Eltern, sowas interessiert sie bestimmt", versuchte ich ihn aufzumuntern.

Eine Stunde später saßen wir in dem ausgemachten Café. Jorge zappelte ganz nervös mit seinem Bein. "Jetzt bleib' mal ruhig. Du machst mich ganz kirre", meinte ich und legte meine Hand auf sein Bein. "Ich kann aber nicht ruhig bleiben. Das Treffen entscheidet, ob ich wieder Kontakt zu ihnen aufnehmen sollte oder nicht." Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn, um ihn wenigstens ein wenig zu beruhigen. Langsam entspannte er sich und wurde lockerer.
Wir wurden von einem Räuspern unterbrochen. Peinlich berührt lösten wir uns und drehte unsere Köpfe in die Richtung, aus dem das Geräusch kam. Dort standen ein Mann, eine Frau und ein Junge in meinem Alter. "Äh... Hallo, ich bin Martina, Jorges Freundin", versuchte ich die peinliche Situation zu überspielen. Mir war das verdammt unangenehm. Ich streckte meine Hand zu seiner Mutter aus, welche sie freundlich ergriff. "Das konnten wir sehen, Liebes. Ich bin Cecilia. Das sind mein Mann Jorge und mein zweiter Sohn Daniel." Ich gab den beiden auch noch die Hand und wir setzten uns.
"Jorge, mein Sohn, du bist ja so erwachsen geworden", sagte Cecilia, die ganz aus dem Häuschen war, nachdem wir unsere Bestellung ausgaben. "Seid ihr denn gar nicht wütend auf mich?", fragte mein Freund. "Wir waren eher besorgt, nachdem du abgehauen bist", antwortete sein Vater, der ebenfalls Jorge hieß. Ich fand es toll, dass sie den ersten Sohn nach dem Vater benannt haben. "Ich hatte keinen Bruder mehr, mit dem ich mich jeden Tag streiten konnte", sagte Daniel und lockerte somit die Spannung am Tisch. "Es tut mir leid. Alles was ich getan habe, war nicht richtig. Und bei dir, Mama, muss ich mich wohl am meisten endschuldigen. Ich war damals... nicht ganz bei mir." Unterm Tisch ergriff er meine Hand und drückte sie. Ich sah zu seiner Mutter, die nicht lange mit der Antwort zögerte. "Ich vergebe dir, Jorge. Wir alle vergeben dir, da wir dich wieder in unserem Leben haben wollen", meinte sie. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich musste anfangen zu grinsen. Jorge tat es mir gleich. "Danke."

Dann kamen schon unsere Bestellungen und wir aßen zusammen Kuchen. "Erzählt mal. Wie habt ihr euch kennengelernt? Wie lange seit ihr schon zusammen?", fragte Cecilia. Ich musste leicht lachen, als sie das ansprach. Immerhin meinte ich noch zu Jorge, dass sie sowas interessiert. "Ich habe ihr sozusagen das Leben gerettet", erzählte er und sah mich von der Seite an. Das brachte mich leicht zum erröten. "Na ja, zusammen sind wir noch nicht allzu lange, weil sich immer etwas in den Weg gestellt hat. Aber schlussendlich haben wir doch noch zusammengefunden", fuhr ich fort. Jorge legte seinen Arm um mich und ich meinen Kopf auf seine Schulter. "Ihr seid ein süßes Paar, das muss man euch lassen", sagte Jorges Papa.

"Wo ist eigentlich Ruggero? Ich habe ihn ewig nicht mehr gesehen", meinte Daniel. "Er ist mit seiner Freundin im Wellnessurlaub für drei Tage", erklärte Jorge. "Aber ihr werdet ihn schon noch zu Gesicht bekommen." "Stimmt, immerhin bleiben wir noch ein bisschen", meinte Cecilia.

Es schien endlich alles gut zu werden. Das erste mal seit langem war ich wunschlos glücklich. Ich hatte Fran wieder, Jorge, der sich wieder mit seiner Familie verstand, und Freundinnen, die mir in dieser Zeit zur Seite standen.





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