Kapitel 4: Die Räuberbande

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Nun begann Boris Lehrzeit beim Hauptmann. Er und die Bande machten im Winter keine Raubzüge und so hatte Dimitri genug Zeit, den jungen Kerl auf den Frühling vorzubereiten. Boris lernte ziemlich schnell. Er war mit dem Schwert genauso begabt, wie auf dem Pferd. Bei seinem Vater hatte er nur gelernt, das Fuhrwerk zu lenken, aber auf dem Pferderücken war er unerfahren. Seine erste Reitstunde bei Dimitri hatte ihm gleich viel Gelächter eingebracht, weil er gestürzt war. Die sonst brave Stute hatte ein wenig gebockt, als Boris ihr die Fersen zu heftig in die Flanken gehauen hatte. Bald konnte er sich gut genug im Sattel halten, um die Männer auf die Jagd zu begleiten. Das machte Boris viel Freude. Seine Natalia wurde immer runder. Nun sah man den vorstehenden Bauch unter ihrem Kleid bereits. Leider ließ sie ihn immer noch nicht in ihren Schoß, befriedigte ihn nur mit den Händen. Er beneidete Dimitri, als er hörte, dass er mit Olga zugange war. Inzwischen schliefen Boris und Natalia nämlich in der Hütte des Hauptmanns auf einem Lager am Boden. Dimitri hatte eine abgetrennte Schlafkammer. Die restliche Bande nächtigte in der größeren Hütte und auch Vera und Uljana. Boris lauschte dem Stöhnen und Ächzen der beiden und dem knarrenden Bett. Olga war um einiges lauter, als seine Natalia. Die schnaufte nur stärker und seufzte ab und zu. Er schmiegte sich enger an Natalias Rücken und legte eine Hand auf ihren Bauch. Neugierig steckte er sie unter ihren Rock und befühlte die Wölbung. Der Bauch war ziemlich hart und die Haut straff. Er streichelte einige Male darüber und ließ seine Hand darauf liegen. Nebenan ertönte plötzlich ein erstickter Schrei und noch weitere Leisere. Was war da los? Doch kurz darauf hörte er Gemurmel aus der Schlafkammer. Schien er Olga doch nichts angetan zu haben. Sie war eine begehrenswerte Frau. Boris bemerkte manchmal die Blicke der anderen Männer, wie sie Olga beobachteten. Aber als Gefährtin des Hauptmanns war sie für die anderen absolut tabu. Er selbst sah sie auch manchmal an.

„Rühr sie bloß nicht an, sonst ergeht es dir schlecht", hatte Sergeji gesagt. Er erzählte ihm, dass Dimitri vor zwei Jahren, als Olga erst kurz bei ihm war, ein Mitglied hat aufhängen lassen, weil er sich an ihr vergriffen hatte. Olga war allein am See zum Baden gewesen und der Kerl verlor wohl beim Anblick ihres nackten Körpers, die Beherrschung. Dimitri ertappte ihn, als er gerade von ihr abließ. Ihr verheultes Gesicht, die Kratzer an ihren Schenkeln und im Gesicht des anderen, zeigten ihm sofort, was geschehen war. Außer sich vor Wut zerrte er den Übeltäter ins Lager und einige Stunden später baumelte er am nächsten Baum.

Boris sehnte sich immer öfter danach, mal wieder richtig mit einer Frau zusammenzuliegen. Das letzte Mal mit seiner Liebsten war schon mehrere Monate her. Olga war tabu, so blieben nur noch Uljana und Vera. Aber die schliefen mit jedem. So begnügte er sich weiterhin mit Natalias Zärtlichkeiten. Der junge Mann übte sich weiterhin im Zweikampf mit dem Schwert. Sergeji mimte öfters den Gegenspieler. Gegen den großen, starken, kampferprobten Kerl war er ohnehin chancenlos. Dessen Narbe im Gesicht war eine Verletzung, die er sich in einem Zweikampf zugezogen hatte. Ein Überfallener hatte ihm die komplette Wange mit dem Schwert aufgeschlitzt. Bei Olek, dem Einhändigen, war es nicht im Kampf gewesen. Ihm war für einen kleineren Diebstahl die linke Hand abgehackt worden. Danach war ihm, als Ausgestoßener, nur betteln geblieben. Seine Familie hatte nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Zum Glück traf er bald auf Dimitris Bande und wurde aufgenommen. Er war ein guter Späher und entdeckte die lohnenswerten Fuhren, die auf den Landstraßen unterwegs waren. Die Männer waren alle zwischen zwanzig und dreißig Jahren alt. Boris mit seinen über sechzehn Jahren war der Jüngste. Olga zählte zwanzig Jahre, Vera und Uljana waren auch ungefähr so alt.

Natalia nähte mit den Frauen zusammen an neuen Kleidern. Ihre beiden Eigenen waren durch den ganzen Sommer in der Wildnis ziemlich verschlissen und im Winter brauchte sie wärmere Kleidung. Sie verarbeitete die Felle zu Mützen, Stiefeln und Fäustlingen. Aus ihrer Habe als Magd hatte sie noch ein Kleid zum Wechseln gehabt und konnte so wenigstens eines immer mal wieder waschen. Erst als sie die Frauen kennenlernte, achtete sie wieder ein wenig mehr auf ihre äußere Erscheinung. Olga hatte ihr anfangs die verzottelten Haare mühevoll durchgekämmt und die hartnäckigen Knoten herausgeschnitten. Nun trug sie ihre Haare meistens zusammen-gebunden, damit sie nicht so schnell zerzausten. Seit einigen Tagen plagte sie ein hartnäckiger Husten. Olga kochte ihr einen Kräutertee dagegen. Sie hatte immer getrocknete Kräuter in ihrer Küche, die sie im Sommer gesammelt hatte. Ein wenig schien der Tee zu helfen, von dem sie einige Becher am Tag trinken musste.

Von Räubern und DirnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt