Währenddessen ritt Oxana mit ihren Komplizinnen zum Räuberlager. Sie hatte den liebestrunkenen Hauptmann letztes Mal verfolgt gehabt und so endlich den Unterschlupf entdeckt. Das Schicksal meinte es gut mit ihnen, denn sie sahen einige Kinder im Wald spielen. Oxana ritt heran, lächelte den Kindern zu und sagte: "Steigt auf, wir bringen euch ins Lager zurück." Die Kleinen misstrauten den freundlichen Frauen nicht und ließen sich in die Sättel hochziehen.
Die Reitergruppe war kurz darauf bei den Hütten. Mikhail und Felix erkannten die Reiterinnen und kamen arglos näher. Da richteten die ihre Armbrüste auf sie und Oxana rief: "Das ist ein Überfall. Gebt uns, was wir wollen." Nastja und auch die anderen Weiber waren heran gekommen. Sie erblickten zu ihrem Entsetzen ihre Kinder in der Gewalt dieser Kriegerinnen. Anastasia zog sofort ihr Schwert. Da hielt die Wölfin dem Kind in ihrem Sattel ihren Dolch vor die Kehle: "Denk nicht einmal daran." Wutschnaubend gaben Nastja und die Männer klein bei. Sie waren machtlos, konnten sie nicht angreifen, weil sie die Kinder als Schutzschilde missbrauchten. Mischa wurde zornig auf diese falschen Schlangen. Das hatten sie sich ja gut ausgedacht. Ihn, Felix und Boris getäuscht, um sich hier einzuschleichen. „Was ist mit Borja?", fragte er Oxana. Die lachte lauthals: "Der vergeudet sicher wieder ausgiebig seine Manneskraft an Alja, der Narr." Mikhail erhob nochmals wütend sein Schwert: "Du elende Hexe. Ich weiß, was du mit Alja treibst." Er wollte schon auf die Wölfin losgehen, als ihn Nikolaj zurückhielt: "Nein, Mischa. Sonst töten sie die Kinder." Der Jüngere ließ zähneknirschend seine Waffe sinken. Er musste seine Wut schwer im Zaum halten. Dann befahl Oxana, was ihr Boris Bande alles bringen sollte.
Die Frauen sperrten am Ende alle zusammen in eine der Hütten und ritten schnell fort. Sie wussten, dass die Kerle sich bestimmt bald befreit hatten und die Verfolgung aufnehmen würden.
Ahnungslos kehrte der Hauptmann in den Unterschlupf zurück, wo ihm Semjon, Nikolaj, Felix, Pawel und Mikhail schon zu Pferde entgegen kamen. „Wir sind von den Weibern beraubt worden", rief ihm Nikolaj entgegen. „Schnell hinterher." Boris riss Cherniy herum und galoppierte mit. Er ärgerte sich über seine Dummheit: "Verdammt, ich habe mich übertölpeln lassen, wie ein Jungspund." Seine Augen hafteten auf dem Waldboden, um die Spur nicht zu verlieren. Es war bald dunkel, aber dank dem hellen Schnee, konnte man noch genug erkennen. Mischa schimpfte vor sich hin: "Ich dreh Ira und Rita eigenhändig die Gurgel rum und vorher vögel ich jedes ihrer Löcher." Felix überlegte, ob Raisa ihn belogen hatte. Das konnte er einfach nicht glauben, dass alles nur geheuchelt war. „Papa, überlass Raja mir. Keiner sonst rührt sie an." Boris erwiderte: "Meinetwegen."
Mikhail erzählte den anderen, was er neulich zwischen Oxana und Albina beobachtet hatte. Die anderen schüttelten nur verständnislos die Köpfe. Noch keiner hatte eine Liebelei zwischen Weibern gesehen. Vor allem Boris konnte das fast nicht glauben, dass sein blonder Engel so etwas Abartiges tat. Er erklärte es sich, wie Mikhail, dass ihr nur ein Mann gefehlt hatte.
Während der Verfolgung begann es zu schneien. Nun wurde es fast aussichtslos, die Weiberbande aufzuspüren. Die waren ebenfalls geübt im Spuren verwischen. Es wurde immer schwerer ihrer Fährte zu folgen. Durch den Schneefall gab es nur noch sehr schwache Zeichen, wo sie entlang geritten sind. Die Aufregung vertrieb die Müdigkeit der Männer und so ritten sie meistens im Schritt die ganze Nacht hindurch.
Der Schneefall hatte schon längst aufgehört, aber die Spuren waren verdeckt. Fast wollte Boris schon aufgeben, da entdeckte er etwas Dunkles aus dem Schnee heraus schauen. Er scharrte vom Pferderücken aus mit seinem Schwert im Schnee und ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus: "Pferdemist. Sicher von ihren Gäulen." Die Kriegerinnen hatten zwar die Hinterlassenschaften ihrer Pferde jedes Mal mit Schnee bedeckt, aber hier hatte der Wind den Schnee teilweise weggeweht. Aufmerksam spähte der Hauptmann über die freie Ebene, die sie erreicht hatten: "Sie sind nicht weit, das spüre ich." Die anderen beobachteten ebenfalls das Gelände aufmerksam. „In welche Richtung sind sie bloß geritten?", fragte sich Nikolaj. Boris entgegnete: "Wahrscheinlich dahin, wo sie sich auskennen. Sie sind auf der Flucht. Ich würde sagen, nach Norden, wo sie herkamen." Die anderen nickten zustimmend und alle galoppierten in nördliche Richtung über die verschneite Ebene. Jetzt kamen sie schneller voran und würden die hinterhältigen Weibsbilder mit ihren schwer bepackten Pferden bald einholen.
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Von Räubern und Dirnen
Ficción histórica"Borja, was hast du getan? Du hast ihn erschlagen." Natalia hielt geschockt die Hände vor den Mund: "Oh nein, wir müssen fort. Schnell! Ich will nicht hingerichtet werden." Sie war völlig durcheinander. Russland im Jahre 1528: Der junge Boris lebt...