Ich konnte von Glück sprechen, dass mein Flug nicht länger als vier Stunden dauerte. Mein Platz befand sich am Gang, was bedeutete, dass ich jede halbe Stunde aufstehen konnte, weil die schwangere Frau neben mir ständig auf zur Toilette musste. Ihr frecher Sohn saß am Fensterplatz und nörgelte herum. Er war vielleicht fünf, aber mir ging er auf die Nerven. Es dauerte zwei Stunden bis seine Mutter auf die Idee kam, ihm ihr Smartphone in die Hand zu drücken. Siehe da, er war leise.
Vor mir saß eine lebensgroße Barbie die meinte ihren verdammten Sitz nach hinten zu verschieben. Immer wieder kam ich aus ‚versehen' an ihren Sitz ran und wackelte dran. Bei einem drei Stunden Flug musste man nicht unbedingt schlafen und wenn doch, sollte sie das in der Ausgangsposition des Sitzes machen. Damit störte sie mich nur.
Nachdem der Flug die reinste Tortur war, freute ich mich umso mehr Felix zu sehen. Er schloss mich mit einem strahlenden Lächeln in seine Arme.
„Wie war der Flug?", fragte er neugierig.
„Scheiße."
„So, und nicht anders kenn ich dich, Indiana."
„Wortkarg?"
„Nein, pessimistisch. Lass uns gehen, die Kinderlein warten schon auf dich."
Das Camp war in einem wunderschönen Waldstück. Das grün der Bäume ließ einen sofort wohlfühlen und die reine Luft erst. Acht Wochen lang keine verpestete Stadtluft. Die einzige verschmutze Luft wären die Fürze der Kinder. Doch darüber würde man schon hinwegkommen.
Man musste zuerst ein Stückchen in den Wald hineinfahren, der Weg führte einen direkt zum Camp, wo es ein paar Parkplätze gab. Wir stiegen aus dem Auto und ich scannte sofort meine Umwelt.
Wenn man zum Camp schaute sah man an einem Holzpfahl ein großes weißes Schild. Auf dem Schild stand in schwarzer Druckschrift Camp Arrow.
Meine Mutter erzählte mir mal die Geschichte zu dem Camp Namen, und zwar hatte Felix schon immer eine tiefe Verbundenheit zu Robin Hood. Er liebte die Geschichte des Gerechtigkeitskämpfers und verhielt sich wohl auch manchmal wie er. Sobald Felix mitbekam, dass es Ärger auf dem Campus gab schritt er ein und verteidigte immer die Schwächeren. Zwar beutete er die Reichen nie aus, doch das er sich für die Schwächeren einsetzte bedeutete schon viel. Nach dem Motto lief auch das Camp. Klar, hatte das Camp auch seinen Preis, aber es war so angelehnt, dass jedes Kind die Möglichkeit hatte hier seine Sommerferien zu verbringen. Lediglich die Teilnehmeranzahl war begrenzt und wer zuerst kam, mahlte zuerst.
Neugierig ging ich auf die ersten Bungalows zu. Es waren schöne große Holzhütten, sodass bestimmt 4 Personen dort ihren Schlafplatz fanden. Am liebsten wäre ich sofort zu meinem Schlafplatz gegangen, hätte meinen Koffer abgeladen und mit meinem schwarzen Notizbuch in den Wald gelaufen. Meinen Gedanken freien Lauf gelassen und die Inspiration in der Natur gefunden.
Doch Felix Plan für mich sah etwas anders aus. Ich bekam eine Führung durch das Camp, vom Chef persönlich. Ich konnte mich nicht glücklicher und wertvoller fühlen, als in dieser Sekunde.
„Hier sind die Schlafgemächer", sagte er stolz und zeigte zu einer Reihe von den Bungalows.
„Dort ist der Speisesaal, daneben das Atelier und die Proberäume. Da wir hier keinen wirklichen Schwerpunkt haben, außer Bogenschießen, können die Kinder sich ihre Freizeit eigenständig gestalten. Es gibt natürlich auch Pflichtprogramme und die Kinder dürfen nicht alles machen, besonders nicht ohne Betreuer. Dazu erzähle ich dir aber gleich noch was."
So liefen Felix und ich weiter durch das Camp. Es sah wirklich richtig gut und professionell aus, jedoch war ich so müde von der Anreise, dass ich nur noch schlafen oder schreiben wollte.
Ich kannte ihn zwar schon sehr lange, aber ich traute mich nicht wirklich ihm zu sagen, dass ich gerade keinen Nerv dafür hatte. Wir befanden uns hier auf einer ganz anderen Ebene. Er war Arbeitgeber und ich Arbeitnehmer. Genauso wollte ich mich verhalten, nicht wie eine verzogene Göre die nichts tun muss um an einen Job zu kommen.
Gefühlte hundert Jahre später zeigte Felix mir den Ort an dem ich schlafen würde. Es war, wo auch sonst, in einem der vielen Bungalows. Nachdem ich wusste, dass in den Hütten die Kinder zu viert schliefen, war ich froh, dass hier nur zwei Betten standen. Denn vier ausgewachsene Personen auf so kleinem Raum, war nicht so toll. Ich brauchte meinen Freiraum und auf den wollte ich die acht Wochen nicht verzichten müssen.
„Hier schläfst du mit Mia. Sie kommt erst gegen Abend, ihr Flug aus Los Angeles macht Probleme", informierte er mich. Super, auf eine ruhige Nacht konnte ich wohl verzichten. Hoffentlich verstand ich mich mit ihr.
„Ansonsten sind die Hütten genau wie die anderen aufgebaut. Ich muss dir also nicht nochmal zeigen wo das Bad ist. Denn jetzt hast du noch ein bisschen Zeit für dich. Ich muss noch die männlichen Betreuer abholen. Hab Spaß hier", zwinkerte er mir zu und ließ mich alleine im Camp zurück.
Erschöpft fiel ich in mein Bett und schlief sofort ein.

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Indiana in Ohio
ChickLitDurch Zufall ergattert die 23-jährige Indiana Jones einen Job im Sommercamp eines Familienfreundes. Mitten in der schönen Natur Ohios und lebhaften Kindern verbringt sie acht Wochen im Camp Arrow. Einer der Betreuer, der charmante Derek Moore, hat e...