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„Nur damit du eines weißt, Derek. Der Sex eben, war einmalig und wird nie wieder vorkommen. Ich hasse dich noch immer, außerdem, sollte irgendjemand hiervon erfahren, werde ich dir alle Wörter im Mund umdrehen und dich leiden lassen, verstanden?", drohte ich ihm, als wir wieder angezogen waren und uns in Ordnung gebracht hatten.
„Indi, es ist passiert und das ist die Hauptsache, außerdem musst du schon zugeben, dass ich echt gut bin", prahlte er mit einer zu großen Portion Selbstbewusstsein. Genervt verdrehte ich meine Augen.
„Du warst ganz okay, nicht der Rede wert", winkte ich ab und verschränkte meine Arme vor der Brust. Er ahmte mir meine Pose nach, blickte überlegen auf mich herab und sagte: „So schnell wie du gekommen bist deutet das aber auf etwas ganz anderes hin." Hämisch lachend lief er an mir vorbei zu Holztür und ließ mich alleine im Bootshaus stehen. Somit hatte ich einen kurzen Moment Zeit mich selbst zu sortieren, bevor ich den Raum verließ, in dem ich Sex mit Derek hatte.
Gott, ich habe mit Derek geschlafen, und das nach so kurzer Zeit, dachte ich verstört und verstand mein eigens Verhalten nicht mehr. Wenn ich jemanden bis auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann ließ ich mich nicht von der Person vögeln. So war ich nicht.
Meine zerzausten blonden Haare band ich mit dem grünen Haargummi, welches um mein schmales Handgelenk gebunden war, zu einem lockeren Zopf zusammen und lief wieder zur Lagerfeuerstelle. Ich konnte nicht richtig einschätzen, wie viel Zeit vergangen war, seit unserem Verschwinden, jedoch hoffte ich, dass niemandem etwas aufgefallen war oder uns gar gesehen hatte. Es saßen noch alle am Lagerfeuer und sangen gemeinsam Lieder. Suchend blickte ich in die Gruppe, um zu vermeiden mich neben Derek setzen zu müssen. Doch ich sah ihn nicht, also nahm ich am Rand eines Baumstammes platz, direkt neben Mia.
„Wo warst du?", flüsterte sie fragend, als sie mich bemerkte.
„Mir ging es nicht so gut, deswegen war ich kurz auf dem Zimmer", log ich sie an und hoffte, dass das Thema damit erledigt war. Sie nickte schweigend und das Thema war somit für uns beide erledigt. Die Stimmung am Lagerfeuer war einladend, denn jeder hatten seinen Spaß. Das schöne daran war, dass das Lagerfeuer jeden Abend stattfinden würde, so hatten wir am Tagesende immer einen schönen Ausklang.

Derek sah ich erst am nächsten Morgen wieder. Er ließ sich nichts anmerken und behandelte mich ganz normal, wie auch die Tage zuvor. Für den heutigen Ablauf stand das Bogenbasteln und nach dem Mittagessen das Bogenschießen an. Im Werkraum des Camps bekam jedes Kind einen Rohling eines Bogens. Es musste im großen und ganzen nur noch etwas geschliffen und geschmirgelt und die Schnur daran befestigt werden. Wer wollte, durfte sich noch einen Gummigriff mit der Heißklebepistole anbringen, doch das konnte jeder individuell entscheiden.
Auch ich machte mir einen Bogen und ritzte mir anschließend meine Initialen fein säuberlich in die Mitte. Ein geschwungenes I und J ließen nun darauf schließen, dass der Bogen mir gehören könnte.

Um 12 Uhr endete auch schon der Workshop und es standen nun Küchendienst und Freizeit an. Die Kinder im Küchendienst griffen den Köchen unter die Arme und durften einfache Arbeiten, wie Tomaten schneiden, übernehmen. Außerdem mussten die Kids die Tische decken und dafür sorgen, dass alles vorbeireitet war, für das jeweilige Essen. Anschließend sollten die Tische geputzt werden und dann war der Küchendienst auch schon wieder vorbei.
Während der Freizeit der anderen Camper konnten sie entscheiden, ob sie auf ihr Zimmer gingen oder sich in die Natur setzten. Ich entschied mich für die Natur, natürlich nicht ohne mein kleines Büchlein. Die Zeit verflog und ich verlor mich in meinen Gedanken und  schreckte vom schrillen klingeln der Glocke hoch.

Die zweite Runde des Workshops begann und wir trafen uns alle mit unseren Bögen draußen an einer großen Stelle, auf der Felix Zielscheiben aufgestellt hatte.
„Jetzt kommt etwas, worauf mich jedes Mal wieder freue. Das Bogenschießen. Ich will noch ganz kurz eine kleine Anmerkung machen, denn das Bogenschießen ist nicht gerade ungefährlich, deswegen bitte ich euch, bei dieser Aktion, umsichtig und nachsichtig zu sein, und die anderen während dem Schießen nicht zu stören", bemerkte Felix im strengen Ton an und wünschte den Kids dann viel Spaß dabei. Es gab genügend Zielscheiben, sodass die Kinder nicht lange auf ihren nächsten Schuss warten mussten. Sogar ich hatte viel Freude daran, den Bogen wie Katniss Everdeen in der Hand zu halten und mein Ziel ins Visier zu nehmen. Meine ganze Konzentration galt der Zielscheibe, die einige Meter von mir entfernt stand. Immer wieder beruhigte ich meinen Körper, hoffte nicht zu viel zu zittern, damit ich das Ziel auch traf.
Ich legte den Pfeil auf, spannte den Bogen, ließ los und schoss viel zu weit nach oben.
„Verdammt", stieß ich verärgert aus und stampfte auf dem Boden mit meinem rechten Fuß.
„Du hast den Bogen viel zu weit in Richtung Himmel gehalten. Komm ich zeig dir wie das am besten klappt", kommentierte Derek meinen Schuss. Bevor ich etwas erwidern konnte, stand der grünäugige Mann hinter mir und nahm mit mir die richtige Position ein. Ich spürte seinen Brustkorb an meinem Rücken und das elektrisierende Gefühl, als seine großen Hände meine umschlossen.
„Also, du stellst dein linkes Bein etwas weiter nach vorne. Ja, genau so. Dann drückst du deinen Rücken gerade durch und deine Schultern nach hinten. Geht doch. Dann umfasst du ganz entspannt den Griff und den Pfeil und visierst dein Ziel an. Wenn du dir ganz sicher bist, dann lässt du unvermittelt los. Warte noch kurz", gab er mir die verschiedensten Anweisungen, die ich unkommentiert ließ. Als ich mir sicher war, dass ich das Ziel treffen würde, ließ ich den Pfeil los. Es war zwar nicht der rote Punkt in der Mitte, den ich traf, jedoch war ich schon relativ nah dran.
„Ich habe getroffen!", stieß ich freudig aus und hüpfte wie ein kleines Kind auf und ab. Ich wusste nicht was in dem Moment mit mir los war, doch ich schloss Derek in meine Arme und er bekam sogar ein Danke von mir.
Seine Grübchen kamen immer zum Vorschein, wenn er lachte, so wie in diesem Moment. Er zwinkerte mir zu und beugte sich näher zu mir. Seine Lippen streiften mein rechtes Ohrläppchen. Derek flüsterte mir etwas ins Ohr: „Komm heute nach der Bettruhe in das Bootshaus."
Mit diesen Worten entfernte er sich von mir und lief gemütlich zu einer Gruppe von Jungs.

Indiana in OhioWo Geschichten leben. Entdecke jetzt