Das Leben hier im Camp, das Felix so wunderbar leitet, ist wirklich schön. Die Kinder sind keine schrecklichen Quälgeister, die Betreuer und auch die anderen Mitarbeiter sind überaus freundlich. Mia ist eine tolle Bungalow-Mitbewohnerin und Freundin, Sam hat einen klasse Sinn für Humor und Derek... Derek ist einfach Derek. Unsere Bootshausausflüge tun mir gut. Es ist nicht so, als wäre ich von Derek oder dem Sex abhängig, aber er lässt mich unbeschwert fühlen. Teilweise habe ich das Gefühl, dass ich weniger gestresst bin und mich dann einfach fallen lassen kann. Klar, nie im Leben würde ich Derek davon erzählen, dass er verdammt gut im Bett, oder eben der auf der Wolldecke, ist, aber er ist es. Er weiß wie er eine Frau mit nur wenigen Handgriffen zum Höhepunkt bringen kann. Irgendwie bin ich froh, dass ich ihn doch nicht ganz abgeblockt und mich auf ihn eingelassen habe. Ansonsten wäre ich nie auf den Genuss von Dereks ansehnlichen, nackten Körper auf mir, unter mir und hinter mir gekommen.
Ich sollte diese schmutzigen Gedanken und unnötigen Schwärmereien über Derek lassen. Seine Person ist das nicht wert, sein Körper hingegen.... Indi, lass das!
Notiz an mich: Nicht über Derek schwärmen!
Gibt es sonst etwas Erwähnenswertes? Ich denke nicht. Bin gerade alleine im Bootshaus, es ist Mittagspause und ich dachte, dass ich mal für einige Minuten untertauchen kann.
Bis zum nächsten Eintrag.Ich klemmte meinen Kugelschreiber zwischen das Buch und legte es neben mir auf die Dielen. Noch einen kurzen Augenblick entspannte ich, indem ich meine Augen schloss und die Ruhe um mich genoss. Meine Gedanken schwirrten um den eben geschriebenen Eintrag und ich fragte mich, ob ich die ganzen Sätze über Derek rausstreichen sollte. Meiner Ansicht nach, sollte es nicht einen einzigen Satz über ihn in diesem Buch geben. Doch ich konnte es nicht lassen. Er war, blöderweise, ein Teil meines Camp-Lebens geworden und ich wollte kein Detail weglassen, damit ich mich an alles erinnern konnte, wenn sie verblassten. Das hatte ich mir selbst geschworen. Bevor ich mich weiter in meinen Gedanken verlieren konnte, hörte ich die Klingel für das Mittagessen und lief gemütlich zum Speisesaal.
Wenige Stunden später stellte ich panisch meine Seite des Bungalows auf den Kopf. Der Inhalt des Kleiderschrankes lag verteilt auf dem Boden, sogar mein Bettzeug befand sich nicht mehr auf dem Bett. Meine Matratze lag schief auf dem Lattenrost und ich war am Durchdrehen. Mein verdammtes Tagebuch war verschwunden und ich konnte es nicht mehr finden. Es war wie vom Erdboden verschluckt.
Am Abend wollte ich noch einen kurzen Eintrag reinschreiben, bis ich dann bemerkte, dass es nicht mehr in meinem Zimmer war. Verzweifelt raufte ich meine langen, blonden Haare und dachte, dass das Camp nun für mich gelaufen war. Wenn jemand mein Tagebuch vor mir fand und es las, dann wüsste diese Person alles über mich. Meine Gefühle und Gedanken waren in dem kleinen schwarzen Notizbuch festgehalten.
Was wenn eines der Kinder es fand? Oder Felix, dann wüsste er was ich mit Derek am Laufen hatte. Oder noch schlimmer, wenn Derek es fand. Ich könnte ihm nie wieder in die Augen sehen, ohne daran zu denken, dass er wusste wie ich über ihn dachte. Jede Situation mit ihm im Bootshaus hatte ich ausführlich beschrieben. Das BOOTSHAUS! Natürlich, warum war ich nicht gleich darauf gekommen? Ohne viel Zeit zu verlieren, sprintete ich zu der kleinen Hütte und öffnete schwungvoll die Tür.
Meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich, als ich sah, wer da im Bootshaus war. Derek stand direkt vor mir, mit meinem Tagebuch in der Hand. Ich riss es ihm einfach aus der Hand und drückte es an meine Brust.
„Was hast du damit getan?", fauchte ich ihn böse an. Er lief einige Schritte nach hinten, hob seine Hände beschwichtigend, um mir zu verdeutlich, dass er nichts Falsches getan hatte.
„Nichts! Ich sollte etwas für Felix holen und habe gesehen, dass da etwas auf dem Boden liegt, dann hab ich es aufgehoben, um zu schauen wem es gehört. Du musst mir glauben, ich habe keine einzige Seite gelesen, als ich bemerkt habe, dass es ein Tagebuch ist. So ein Arsch bin ich nicht", verteidigte sich Derek.
Ich glaubte ihm kein Wort. Nie im Leben würde er sich die Chance nehmen lassen, etwas über mich zu erfahren, ohne dabei auch nur einen Finger zu krümmen zu müssen.
„Ach komm, verarschen kann ich mich selbst. Sag schon, wie weit hast du gelesen? Bei den Parts über dich hast du dir sicherlich ins Fäustchen lachen müssen. ‚Der dummen Indiana gefällt es, dass ich sie mal so richtig hart rannehme.'"
„Indi, jetzt beruhige dich mal, ich habe nichts dergleichen gedacht. Ich wollte gerade zu dir und dich fragen, ob das deines ist. Ohne etwas gelesen zu haben. Langsam solltest du wissen, dass ich dich nie so krass hintergehen würde."
Dachte er wirklich, dass ich so dumm war, ihm zu glauben?
„Hör mir jetzt mal genau zu, Derek", spie ich. „Nie, hörst du, nie werde ich dir auch nur ein einziges Wort glauben. Und nie wieder wirst du mich berühren, hast du das verstanden? Sprich mich einfach nicht mehr an, du machst dein Ding und ich meins, so kannst du dir sicher sein, dass es in keinem Blutbad enden wird."
Noch ein letztes Mal blickte ich böse und enttäuscht zu ihm hinüber und lief dann schnellen Schrittes in meinen Bungalow. Ich dachte wirklich, dass mein erster Eindruck über ihn falsch war, aber nichts da. Der erste Eindruck entsprach immer der Wahrheit, fast wäre ich den nächsten Schritt gegangen und hätte ihm vielleicht etwas über mich erzählt. Gott sei Dank tat ich das nicht.
Fassungslos sah mich Mia an, als ich in unsere Holzhütte stürmte. Sie war gerade dabei gewesen das Chaos zu beseitigen, das ich vorhin hinterlassen hatte.
„Was ist los mit dir?", fragte sie besorgt.
„Nichts, es ist alles gut."
„Erzähl mir nichts, Indiana. Du trinkst jetzt erstmal einen Schluck Wasser und setzt dich auf dein Bett, du zitterst total. Dann erzählst du mir alles. Mir kannst du vertrauen, ich bin deine Freundin."
Dankend nahm ich ihr Angebot an und erzählte ihr ALLES. Nur die schmutzigsten Details ließ ich aus. Unsicher blickte ich sie an, als ich meine Erzählungen beendet hatte.

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Indiana in Ohio
ChickLitDurch Zufall ergattert die 23-jährige Indiana Jones einen Job im Sommercamp eines Familienfreundes. Mitten in der schönen Natur Ohios und lebhaften Kindern verbringt sie acht Wochen im Camp Arrow. Einer der Betreuer, der charmante Derek Moore, hat e...