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„Versteh doch endlich, dass du nicht eifersüchtig zu sein brauchst!"

Als ich in meine Holzhütte kam, bekam ich ein Telefonat zwischen Mia und ihrer Freundin mit. Unruhig lief meine Freundin das Zimmer auf und ab, nicht wissend wohin mit sich. Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände, denn sie war vollkommen verzweifelt.
„Julia, ich bin in einem Wald! W-A-L-D! Soll ich was mit einem Bären anfangen oder was stellst du dir vor? Ich und eine nette Bärin, die sich heiß im Mondschein rekeln?" Sie hielt sich den Hörer noch immer ans Ohr, doch bis auf eine aufgeregte Stimme, konnte ich nichts hören.
„Meld dich wenn du wieder bei Sinnen bist!", beendete Mia das Telefonat. Mit einem kleinen Wutschrei schmiss sie ihr Handy auf ihr Bett und sich gleich hinterher. Ich brauchte gar nicht großartig nachzufragen, denn schon begann sie mir alles zu erzählen.
„Meine Freundin ist eifersüchtig! Verstehst du das?! Ich bin einem verdammten Wald, und das Einzige was ich hier sehe, sind Bäume, Mücken, die Kinder und uns. Mit wem soll ich da bitte was anfangen? Ständig kann ich mir ihre Eifersüchteleien anhören und darauf hab ich langsam keine Lust mehr", sagte sie wütend.
Ich konnte verstehen wie sie sich fühlte, egal wie oft sie ihrer Freundin verklickerte, dass sie ihr treu blieb, wollte Julia nur das hören was sie wollte. Das Szenario kam mir bekannt vor, hatte ich so etwas Ähnliches die letzten Wochen mit Derek erlebt.
„Ist sie zuhause auch so?", wollte ich wissen. Mia zuckte mit den Schultern und sagte, dass es mal mehr und mal weniger war. Ihre Unsicherheit konnte sie am Anfang noch nachvollziehen, aber nun sei es bloß lästig. Julia wollte ständig wissen, wo sie war und wer dabei war. Mia meinte, dass sie das nicht mehr lange aushielt und Schluss machen würde, obwohl sie ihre Freundin sehr liebte. Dann erzählte mir Mia, dass ihre Freundin Angst hatte ich könnte etwas mit ihr anfangen. Darüber konnte ich nur den Kopf schütteln und verlangte Mias Handy. Misstrauisch gab sie es mir, doch sie ließ mich einfach machen.
Ich drückte auf Julias Nummer und wartete, bis sie abhob.
„Hey Julia, hier ist Indiana, Mias Zimmerkameradin. Normalerweise würde ich mich in keine Beziehungsprobleme einmischen, aber ich tue es trotzdem, da sie der Verzweiflung nahe ist. Deine Freundin ist den Tränen nahe, deswegen will ich dir kurz was erklären. Ich stehe definitiv nicht auf Frauen und habe auch nicht vor, mal mit einer zu schlafen, besonders nicht mit deiner Freundin. Nichts gegen dich Mia", warf ich kurz ein. „Die Küchenfrauen sind alle über vierzig, die alle bestimmt kein Interesse an einer lesbischen Liebelei haben. Mit den Kindern würde Mia sicherlich auch nichts anfangen, da das erstens strafbar und zweitens pervers wäre. Deswegen ein kleiner Tipp von mir: Entspann dich mal. Du liebst Mia und sie liebt dich. Ende der Geschichte."
Ich ließ Julia keine Chance sich bei mir zu erklären, denn nach meinem kurzen Monolog reichte ich Mia ihr Smartphone, damit sie sich mit ihr unterhalten konnte. Um sie nicht zu stören, ging ich in den Speisesaal um mir ein kleines Stückchen Kuchen zu klauen. Genüsslich aß ich den leckeren Schokoladenkuchen auf und lief wieder zurück, als ich dachte, dass sie alles geklärt hatten.
Mia legte gerade auf als ich zurückkam. Stürmisch fiel sie mir um den Hals und bedankte sich hundertfach bei mir.
„Julia meinte, dass sie ihre Eifersucht in den Griff bekommen will. Sie hat gemerkt, dass sie vollkommen übertrieben hat und keinen Grund hat eifersüchtig zu sein. Ich danke dir, Indiana."
„Das war selbstverständlich, sowas machen Freunde füreinander", sagte ich und drückte sie nochmal feste.

Abends am Lagerfeuer war die Stimmung super gut. Wir lachten alle miteinander und hatten viel Spaß. Es wurde Scharade gespielt und Sam zupfte nebenbei an den Saiten seiner Gitarre.
Ich ließ zu, dass Derek mich besser kennenlernte und wir näherten uns wieder an. Unsere Treffen im Bootshaus bestanden nicht mehr ausschließlich aus Sex, sondern wir quatschten auch gerne mal die halbe Nacht durch. Derek war kein übler Kerl und es war nicht zu rechtfertigen, wie ich mich ihm gegenüber verhalten hatte. Es war falsch, aber er gab mir noch rechtzeitig die Möglichkeit das Ruder herumzureißen. Ansonsten wäre unsere miese Stimmung noch auf das Camp übertragen worden, das wollte ich schließlich auch nicht.
Völlig in Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, dass mein Marshmallow glühte. Ich griff danach und verbrannte mir die Finger.
„VERDAMMT!", stieß ich vor Schmerz aus und schüttelte meine Hand, damit sie aufhörte zu brennen.
„Alles okay?", fragte mich Felix. Ungläubig sah ich ihn an. Natürlich war nichts okay. Er verstand mich auch ohne Worte und schickte mich mit Derek los, um mir ein Kühlpack und Brandsalbe auf die Hand zu tun.
„Den Verbandskasten hätte ich auch alleine gefunden, ich schwebe nicht in Lebensgefahr", murmelte ich leise. Derek war sehr fürsorglich und cremte meine Finger mit einer dicken Schicht Salbe ein. Sofort ließ der Schmerz etwas nach und ich atmete erleichtert auf.
„Besser?", fragte er und küsste eine Stelle der Hand, die nicht eingecremt war. Lächelnd nickte ich ihm zu.
„Ich weiß schon wie du mir danken kannst", raunte er mit tiefer Stimme. Ich schüttelte meinen Kopf und meinte, dass man nicht für jede Tat eine Gegenleistung verlangen sollte, ich aber ganz Ohr sei.
Derek umfasste mein Gesicht mit seinen Händen und zog mich zu einem Kuss an sich. Natürlich erwiderte ich seinen Kuss, welcher nach süßen Marshmallows schmeckte. Seine Hände wanderten weiter unter mein Shirt und er massierte meine rechte Brust. Ich saß auf der Küchentheke im Speisesaal, während Derek mich leidenschaftlich küsste. Mit meiner unverletzten Hand erkundete ich seinen Oberkörper. Auch mich überkam die Lust und ich wäre zu gerne weitergegangen, doch wir mussten vorsichtig sein. Der Speisesaal war kein sicherer Ort für Sex.
Plötzlich räusperte sich jemand laut und ließ uns verschreckt auseinanderfahren. Mia grinste uns frech an und sagte: „Warum war mir klar, dass ich euch knutschend hier antreffe?"
Beschämt sahen wir zu Boden und stammelten wirres Zeug. Derek wusste, dass ich Mia von uns erzählt hatte und er hatte nichts dagegen. Sie waren schließlich auch gute Freunde.
„Na los kommt, die anderen haben schon nach euch gefragt. Ihr könnt froh sein, dass ich, und nicht Felix, euch erwischt hab", lachte sie weiter. Mia fand es wohl sehr belustigend, wie sie Derek und mich angetroffen hatte. Im nächsten Atemzug sagte sie aber auch, dass wir besser aufpassen sollten. Letztlich wussten wir alle, was Felix von einer Affäre zwischen Derek und mir halten würde. Und ich wollte das Camp und Derek nun wirklich nicht frühzeitig verlassen müssen.

Indiana in OhioWo Geschichten leben. Entdecke jetzt