„Indiana?", fragte mich eine schüchterne Stimme von hinten. Mit einem freundlichen, aber trotzdem fragenden Blick, drehte ich mich um und sah in Lillians sommersprossiges Gesicht. Sie hatte langes rotes Haar und grüne Augen. Ein ‚Herbsttyp' wie sie bekannte Modezeitschriften benennen würden.
„Was gibt es denn?", stellte ich dem jungen Mädchen vor mir die Gegenfrage.
„Könntest du...Könntest du mir meine Haare flechten?", stotterte Lillian. Freidestrahlend nickte ich und setzte mich auf die rote Decke, welche ich vorher schon ausgebreitet hatte. In meinem dunkelblauen, sportlichen Bikini saß ich hinter dem rothaarigen Mädchen und begann ihr zwei Zöpfe an der Kopfhaut zu flechten. Einige der anderen Mädels wurden darauf aufmerksam und wollten ebenfalls Frisuren geflochten haben. Also bekam ein Mädchen nach dem anderen eine neue und praktische Frisur für unseren Tag am See.
„Darf ich dir auch so Zöpfe flechten wie Lillian sie hat?", fragte mich Emma und positionierte sich, ohne meine Antwort abzuwarten, hinter mir. Ich nahm meine Baseballkappe ab und zog das Zopfgummi aus meinen blonden Haaren. Vorsichtig bürstete mir Emma meine Haare und begann mit dem Flechten. Währenddessen unterhielten wir uns über ihr Lieblingsbuch, welches ich auch schon gelesen hatte. Es ging um einen Jungen, welcher nach dem Tod seines Onkels beim Geheimdienst anfing und die Welt vor bösen Schurken rettete. Einer mit britischem Akzent.
„Und hast du schon den Film gesehen? Der Schauspieler von Alex Rider ist ja mal so süß", schwärmte sie für den jungen Alex Pettyfer.
„Oh ja, da war er wirklich total süß, aber soll ich dir mal was verraten? Jetzt sieht er noch viel, viel besser aus."
„Redet ihr etwa über mich?", nahm ich Dereks Stimme wahr und hörte auf zu lachen. Er kam gerade aus dem Wasser, denn sein ganzer Körper war von einem Wasserfilm überzogen. Kleine Tröpfchen bahnten sich ihren Weg in Richtung seiner schwarzen Badeshorts. Völlig in Gedanken beobachtete ich den Weg der Wassertropfen und musterte seinen durchtrainierten Körper. Nun hatte ich auch die Möglichkeit, ihn genauestens betrachten zu können. In dem Bootshaus war das Licht viel zu dunkel und er war zu schnell in mir gewesen. Um diese banalen Gedanken an den Ausrutscher zu vertreiben, schüttelte ich leicht meinen Kopf.
Als ich zu einer Antwort ansetzen wollte, war Emma jedoch schneller gewesen und sagte frech: „Sorry Derek, aber nicht die ganze Welt dreht sich um dich. Außerdem ist Alex Pettyfer viel süßer als du, was auch Indiana nur bestätigen kann. Nicht wahr?"
Emma wurde mir immer sympathischer.
„Oh ja", nickte ich zustimmend. „Alex ist so viel heißer als zu. Seine blonden Haare, dieser freche Blick in seinen blauen Augen und diese kleinen Tattoos. So viel besser als du."
Derek schnaubte auf und meinte eingebildet, dass niemand an diese Muskeln herankommen könnte. Zur besseren Veranschaulichung spannte er seine Oberarme an und ließ seinen Bizeps spielen. Meine neugewonnene Freundin, zumindest dachte ich, dass sie auf meiner Seite stand, bewunderte ihn. Neugierig berührte das blonde Mädchen Dereks Muskeln.
„Emma?!", rief ich empört, da ich nicht mit dieser Niederlage leben wollte. Sie jedoch war total geflasht von den Armen des schwarzhaarigen.
„Außerdem wette ich, dass ich einige andere Qualitäten vorzuweisen habe, die euer Alex nicht hat. Richtig, Indi?" Diese Frage war hoffentlich nicht sein Ernst, denn diese bescheuerte Andeutung konnte er sich schenken, wusste ich schließlich genau worauf er hinaus wollte. Wenn Derek und ich in dieser Sekunde alleine gewesen wären, dann wäre ich ihn an den Hals gesprungen. Um ihn mit einem Strick zu erwürgen und nicht um ihn tatsächlich zu bespringen. Mit Freude. Vielleicht hätte ich noch ein Video gedreht und es online gestellt.
Mit einem „Ich gehe ins Wasser" beendete ich meine Mordgedanken an Derek und gönnte mir eine kleine Abkühlung. Ich gesellte mich zu Sam und Mia, welche mit einigen Kindern Wasserball spielten. Der See war auch nicht zu tief, sodass man sich nur einige Meter bewegen konnte, und einem buchstäblich das Wasser zum Halse reichte. Fast zehn Meter konnte ich laufen und das feuchte Nass reichte mir bis zu meiner Brust.
„Yeah, Doktor Indiana Jones ist da. Scheinbar haben Sie die Tiefen den Dschungels erfolgreich passieren können. Doch wo ist mein Schatz? Und jetzt sagen Sie nicht, dass ihn eine Schlange verspeiste", versuchte Mia lustig zu sein, indem sie meinen Namen mit der Kultfigur in Verbindung brachte. Ein leichtes Schmunzeln konnte ich mir tatsächlich nicht verkneifen. Ihre lila Haare hatte sie unter einer rosafarbigen Kappe versteckt und ihr schmaler Körper wurde in einem wunderschönen, bunten Badeanzug betont. Ich stellte mich neben Julian in den Kreis. Der Ball wurde von einer Person zur anderen geworfen, bis Felix uns zu einer kleinen Stärkung zusammentrommelte.
Felix erinnerte alle daran, dass sie genügend trinken sollten und es nun die kleine Überraschung gab. Er holte eine kleine Kühlbox, aus der größeren Kühlbox und die Kinder bekamen ganz große Augen, als sie sahen, was sich darin befand. Ich begann zu grinsen, da es mich irgendwie freute, dass die Kinder sich noch über solche Kleinigkeiten freuten. Obwohl, ein Eis ging immer. Da spielte das Alter und die Jahreszeit keine Rolle. Genüsslich leckte jeder sein Wassereis auf und fast alle sprinteten kurz darauf wieder ins Wasser. Ich blieb jedoch an Land und legte mich mit einigen anderen Kindern auf den Bauch und ließen uns entspannt die Sonne auf den Rücken scheinen.
„AAAAHHH!", schrie ich plötzlich erschrocken auf. Mein warmer Rücken wurde von einer, nach meinem Geschmack, riesigen Ladung Wasser getroffen. Vor Schreck sprang ich hektisch auf und fand mich Angesicht zu Angesicht mit dem Übeltäter wieder. Derek grinste mich hämisch an, während er durch seine nassen Haare fuhr. Er rannte los und ich ihm hinterher.
„Du Arsch!", rief ich und vergaß dabei die unschuldigen Kinderohren. Immer weiter und weiter rannte er über den warmen Rasen. Ich ihm ständig hinterher, wie ein Raubtier das seinem heutigen Opfer nachjagte. Derek sprintete ins Wasser und ich gleich mit.
Der konnte was erleben wenn ich ihn erwischte, dachte ich zornig. Meine Geduld hing am seidenen Faden, welcher immer weiter Riss. Nicht mehr lange und es würde für ihn katastrophal enden. Und dabei war noch nicht mal die erste Woche vorbei.
Derek stoppte und drehte sich lachend zu mir. Ehe er sich versah traf ihn die größte Wasserfontäne die ich aufbringen konnte. Diesmal war ich diejenige die schadenfroh lachte, als er wegen meinem Überraschungsangriff anfing zu husten.
„Geschieht dir recht", sagte ich und drehte mich um, um wieder auf den Rasen zu gehen. Doch Derek machte mich von hinten nass und lachte laut. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen und wir Duellierten einander. Keiner von uns wollte zuerst aufhören mit dem Nassspritzen. Derek spielte aber nicht mit fairen Karten und hob mich plötzlich hoch. Mit einem kurzen Aufschrei landete ich wieder im Wasser und der schwarzhaarige auf mir.
Eigentlich wäre jetzt die Zeit reif gewesen um eventuell handgreiflich zu werden, jedoch fing ich lauthals an loszuprusten. Derek blickte verwirrt drein und lachte mit mir. Meinen Lachflash konnte ich mir nicht erklären, denn eigentlich wollte ich nicht anfangen zu lachen. Musste aber zugeben, dass mir diese kleine Wasserschlacht doch Spaß gemacht hatte. Den Punkt, dass ich den mit Derek hatte, radierte ich kurzzeitig aus meinem Gedächtnis.
„Ich hasse dich trotzdem", erinnerte ich ihn, als wir beide erschöpft an Land liefen.

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Indiana in Ohio
Literatura FemininaDurch Zufall ergattert die 23-jährige Indiana Jones einen Job im Sommercamp eines Familienfreundes. Mitten in der schönen Natur Ohios und lebhaften Kindern verbringt sie acht Wochen im Camp Arrow. Einer der Betreuer, der charmante Derek Moore, hat e...