Die Stimme in deinem Kopf

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Sobald sich die Tür in meinem Rücken geschlossen hat und ich endlich allein bin, kämpfe ich meinen Körper aus dem kuscheligen Bett heraus, öffne meinen Koffer und beginne... ja... was eigentlich? Ich hatte schließlich noch keine Zeit auszupacken.
Ich stöhne genervt, hiefe den Koffer zur Tür hinaus und poltere die Holztreppe hinunter. Die Eingangstür wird von einem Stopper, in Form eines kämpfenden Drachens, sperrangelweit offen gehalten. Während ich also an die frische Luft spaziere, meinen babyblauen Koffer hinter mir herziehend, denke ich an den kleinen grau-schwarzen Drachen, der gegen die Tür kämpft.
Wie poetisch! Ich bin gespannt wer gewinnt!, ruft eine Stimme in meinem Kopf. Sie ist laut und scheint sich mehrmals an meinem Hirn und den ganzen Nerven zu brechen. Ein endgültiges Zeichen meiner geistigen Instabilität. Ich gehöre offiziell in eine Psychiatrie.
Doch all das hier kommt mir so irrational vor, dass ich mir in den Arm kneifen muss, um mich zu vergewissern, dass ich nicht träume.
Wie kam ich nur auf die völlig absurde Idee Patrick zu besuchen?
Warum habe ich das nicht besser durchdacht?
Wieso kam ich nicht ein einziges Mal auf den Gedanken, dass Kyla sich über all die Jahre verändert hat? Körperlich und geistig. Sie ist freundlich. Vielleicht etwas aufdringlich, aber süß aufdringlich. Außerdem ist sie... nicht mehr hübsch. Hässlich ist ziemlich übertrieben; ich finde nicht mehr hübsch, ziemlich passend.
Und dann komme ich blöde Kuh und reibe ihr unter die Nase, was für ein Idiot sie damals war, wie unrecht sie doch hatte und dass ich viel besser bin als sie. Mein alleiniges Auftreten vermittelt diese Aussagen.
Ich blöde, blöde Kuh! Ich Vollnuss! Hätte ich das doch nur besser durchdacht und die Entscheidung nicht so überstürzt! Ich habe nur an meine Rache gedacht! Geht es nicht in allen Filmen darum, dass Rache was schlechtes ist und niemandem etwas bringt?
Ich zücke mein Smartphone und beginne automatisch eine Nummer einzutippen.
In diesem Moment ertönt eine amüsierte Stimme: ,,Charisma?"
Ich zucke zusammen, wage es aber nicht mich umzudrehen. Nicht bevor Patrick diesen überheblichen, belustigten Unterton verschwinden lässt.
,,Cara?" Schon besser, aber noch immer spüre ich sein dummes Grinsen.
Ich halte mir das Handy ans Ohr und bestelle in rekordverdächtigen zwei Sätzen das Taxi.
,,Vergiss es!", meint Patrick und steht plötzlich neben mir. Ohne zu Zögern reißt er mir den letzten Kontakt zur Außenwelt aus den Fingern und schnauzt eine Abbestellung meines Taxis in den Hörer.
,,Hast du sie noch alle!" Das ist keine Frage, sondern eine reine Feststellung, auf die ich in drei Teufels Namen keine Antwort haben will.
,,Der käme eh nicht hier hoch", mit voller Selbstüberzeugung gibt Patrick mir die Außenwelt zurück. Der Taxifahrer hat längst aufgelegt und das regelmäßige Tuten macht mich noch wütender.
,,Ich bin mir sicher, dass alles über 50 Pferdestärken den Weg nach hier oben, in weniger als zehn Minuten schafft!!"
Er lacht. Die salzige Meeresluft lässt eine seiner blonden Löckchen von rechts nach links tanzen und ich kann mir ein winziges Schmunzeln nicht verkneifen.
,,Die fahren hier nur für Reiche oder Selbstmordgefährdete rauf."
Patrick fährt sich gelassen mit einer Hand durchs Haar und sobald das Löckchen aufhört zu tanzen, verschwindet automatisch mein Lächeln.
,,Toll!" Ich tippe nochmal die Nummer des Taxifahrers ein, woraufhin Patrick verwirrt die Stirn runzelt.
Ich werfe ihm über das Display hinweg einen Seitenblick zu und erkläre: ,,Ich bin reich und selbstmordgefährdet!"
,,Sag soetwas nicht." Er schafft es selbst diesen Satz nur so vor Sicherheit und Selbstüberschätzung triefen zu lassen.
Im letzten Augenblick kann ich dem Drang widerstehen, mein Handy über die Klippen hinaus ins azurblaue Meer zu schleudern.
,,SRRICH NICHT MIT MIR WIE MIT EINEM KLEINKIND!!!"
Patricks Pupillen weiten sich geschockt und sein Mund öffnet sich halb.
Ich atme rasselnd ein, halte kurz die Luft an und stoße sie schließlich stockend wieder aus.
Ungewollt kommen mir Kylas Worte in den Sinn: ,,Wir versuchen ein Kind zu bekommen!" und ,,Ein kleines Baby!"
Kann sein, dass das der wahre Grund meines plötzlichen Ausrasters gerade war.
Deine eigene Schuld! Wie kamst du nur auf den Gedanken Patrick nach Hause zu begleiten! Du wusstest doch, dass er verheiratet ist! Natürlich haben sie vor ein Kind zu zeugen! Das tun Verheiratete normalerweise: Eine Familie gründen!, schaltet sich die Stimme in meinem Kopf erneut ein, aber diesmal muss ich ihr beipflichten. Was habe ich erwartet? Dass Kyla meine neugewonnene Schönheit erblickt, sich Nachts die Augen ausheult und aus Minderwertigkeitskomplexen fremd geht? Dass Patrick sich dann an meiner Schulter trösten lässt, sich für all seine Dummheit entschuldigt und mich anschließend fragt ob ich ihn heiraten will?
Bestimmt war ich diejenige die auf der Klippe den entscheidenden Schritt getan und damit fast ihren besten Freund geküsst hätte. Um Matt hätte mir das nicht im geringsten leid getan, aber bei Kyla ist das etwas völlig anderes.
Ach, wem mache ich hier etwas vor? Wenn Patrick jetzt sofort, hier auf der Stelle, vor mir auf die Knie fallen und mich fragen würde: 'Willst du mich heiraten?', würde ich ohne groß zu überlegen 'Ja' sagen.
Und das ist mein eigentliches Problem.
Patrick scheint sich inzwischen halbwegs gefangen zu haben und auch seine arrogante Fake-Fassade fängt an zu bröckeln.
Seine fast schwarzen Augen huschen unruhig hin und her, als wollen sie jedes noch so winziges Detail in meinem Gesicht ausmachen und einprägen. Die beiden Lachfalten, zwischen denen die perfekte Nase und unter denen die blassen, schmalen Lippen ruhen, sind in vollster Pracht zurückgekehrt und zieren nun sein hübsches Gesicht, wie ein Armband den Arm, eine Kette den Hals oder ein Ohrring das Ohr.
,,Ich wollte dich nicht kränken... Verzeih mir." Seine Lippen zittern ein bisschen und die Lachfalten sind ein Stück weiter nach oben gehüpft. ,,Aber bitte, geh nicht."
Die Trauer die als Begleitton unterschwellig mitschwingt bewirkt, dass sich mein Herz wie eine verschrumpelte Rosine zusammenzieht.
,,Was habe ich davon?", frage ich und recke das Kinn.
Demütigung, Selbstverachtung und Gewissensbisse!, antwortet mir mein Kopf. Allerdings werde ich die auch haben, wenn ich jetzt einen Abflug mache.
,,Nichts. Aber mir würde nicht das Herz zerspringen." Patrick spricht leise und wird fast vom rauschenden Wind übertönt.
Er sollte so nicht mit mir sprechen. So vertraut, so... verliebt. So sollte er mit seiner Frau sprechen, nicht mit irgendeiner Freundin.
,,Ich bleibe." Schließlich kann ich schlecht 'Nein' sagen. ,,Aber morgen Abend fahre ich wieder."
Länger halte ich es hier nicht aus, füge ich im Stillen hinzu.
Patrick schenkt mir ein zaghaftes Lächeln und bringt meinen Koffer in wenigen, schnellen Schritten zurück ins Gästezimmer. Danach schlägt er einen Spaziergang vor. Anscheinend möchte da noch jemand genügend Abstand zwischen sich und Kyla bekommen. Doch ich sage nichts dazu. Generell beschließe ich von nun an etwas klüger mit meinen Worten umzugehen. Zumindest solange ich mich in Falmouth aufhalte. Es ist schließlich Fakt, dass hier jeder jeden kennt... Zumindest war das bestimmt einmal so.
Patrick zeigt mir eine schmale, direkt in den Fels gehauene Treppe die sich Ewigkeit nach unten, zu einem breiten Kiesstrand, zu schlängeln scheint. Er führt mich an der vom Wasser in den Stein getriebenen Höhle vorbei, durch einen natürlichen Granitbogen in eine Art Grotte. Zu meiner Rechte erstreckt sich ein faszinierender, kleiner Sandstrand, der wirkt als würde er sanft und lebendig ins Meer hinein gleiten. Zu meiner Linken prangt eine mächtige, gefährlich aussehende Felswand, die sich ohne Aushöhlungen oder Gesteinswechsel bis über unsere Köpfe hinweg erhebt.
,,Eine Stunde dann kommt die Flut."
Ich verstehe seine Sorgen. Wir befinden uns in einem Halbmond aus massivem, rutschigen Fels. Der einzige Ausweg ist der Granitbogen durch den wir gekommen sind. Dieser ist jedoch so niedrig und nah am Wasser, dass er während der Flut nicht mehr als zum durchtauchen taugt. Sollten wir also in einer Stunde nicht hier weg sein, wird sich der Halbmond mit azurblauem Meer füllen, bis hin zu der - keinesfalls zum klettern geeigneten - Felswand. Entweder würden wir ertrinken, erfrieren oder mit dem Schädel irgendwo so heftig gegenschlagen, dass uns schwarz vor Augen wird. Genau genommen würde Letzteres am Ende zu Erstem führen. Und ertrinken ist einer der qualvollsten Tode überhaupt.
So gefährlich und unheimlich dieser Ort auch ist, so mystisch und unwirklich wirkt alles. Wie in einem guten Fantasyroman.
Patrick mustert mich von oben bis unten. Er wartet auf etwas.
,,Es ist wunderschön... wundervoll", hauche ich erfürchtig und stütze mich mit einer Hand am Gestein ab, während ich mit der anderen meinen Turnschuh von einem meiner Quadratlatschen streife. Dann vollziehen ich das Ritual auch an meinem anderen Fuß.
Eine Minute später kühlen sich zwei unlakierte, mit Hornhaut gespeiste paar Füße im eiskalten, aufbrausendem Meer.
Lange Zeit schweigen Patrick und ich; genießen die frische Luft, den Wind in unseren Haaren und den nassen Sand unter unseren Schenkeln.
Irgendwann beginne ich Steine zu werfen und denke unwillkürlich an den Abend im Restaurant zurück.
,,Wie geht es dir so? Daheim?", reißt Patrick mich aus meinen Gedanken. Vielleicht will er nur freundlich sein, Smalltalk machen und sich nach meinem Wohlbefinden erkundigen, doch an seinem Tonfall kann ich mir doch ziemlich sicher sein, dass er einen Hintergedanken pflegt.
,,Ich ziehe aus... und heiraten werde ich ihn ganz bestimmt nicht." An Patricks überraschtem Gesichtsausdruck kann ich sehen, dass ich den Hintergedanken erraten habe. Matt.
,,Warum?"
Dumme Frage, mischt sich die Stimme in meinem Kopf wieder ein und ich pflichte ihr bei.
,,Da... da ist kein Funke mehr... Verstehst du?"
Der Funke ist hier. Jetzt. Bei dir.
Langsam geht mir die Stimme wirklich auf die Nerven und ich befehle ihr die Klappe zu halten. Und tatsächlich.... Ruhe in meinem Schädel.
,,Ein Funke? Den gibt es nur in der rosaroten Phase. In der Verknallt-Sein-Phase", grummelt Patrick und weicht meinem Blick aus.
,,Bestimmt gibt es da einen Funken. Aber die Liebe ist ein ganzes Feuerwerk", widerspreche ich entschieden und mache eine große Geste. ,,Wenn man ernsthaft verliebt ist, dann knistert es jeden Tag aufs Neue. Man geht sich auf den Keks, streitet sich und geht sich aus dem Weg und das meist nur wegen einer Kleinigkeit. Doch spätestens wenn einer dem anderen mit einer Rose überrascht oder man einfach nebeneinander gekuschelt daliegt... Ja, spätestens dann funkt es erneut! Jeden Tag aufs Neue! Das ist wahre Liebe! Über Fehler und Makel hinwegzuschauen, weil man selbst genauso wenig perfekt ist!"
Patricks Mundwinkel durchläuft ein kurzes Zucken.
,,Warum hast du ihn dann gehei... ihm das Jawort gegeben?", wirft er mich unsanft von Wolke sieben und ich knalle auf furchtbar harten Beton.
Inzwischen habe ich da so eine Ahnung.
,,Warst du vor mir verlobt?"
,,Nein." Erst zieht er die Stirn kraus, schließlich scheint er zu verstehen.
Wenn Patrick vor mir verlobt gewesen wäre, hätte ich Matt als Trostpflaster benutzt haben können. Oder ich hätte mit Matts Hilfe versucht Patrick eifersüchtig zu machen. Überlegungen, die mir nun nichts mehr bringen. Die alles verherende Frage bleibt: Warum habe ich Matthew Jones freiwillig das Jawort geben? Ja, ich will dich heiraten...
Dass ich nicht ganz dicht gewesen sein könnte, schließe ich vorerst aus. Ich habe plötzlich das drängende Gefühl, dass ich einen guten - eventuell unvernünftigen - Grund dazu gehabt habe.
,,Haben wir uns damals halbwegs gut verstanden?", möchte ich wissen.
Patrick neigt den Kopf von einer Seite zur anderen. ,,Bis zu dem Tag an dem du dich mich Matt verlobt hast schon. Danach haben wir nur noch gestritten und irgendwann hatten wir uns auseinander gelebt."
,,Warum stritten wir?" Ich streiche eine verfilzte, rote Haarsträhne hinter mein rechtes Ohr und verfolge jede seiner Bewegungen aufmerksam.
,,Über dies und das. Meistens ging es um dein Verhalten anderen gegenüber." Er zwinkert mir zu. ,,Mich mal ausgenommen."
Ich nicke bedächtig. ,,Und du und Kyla? Wie steht es da mit dem Funken?"
Erst im Nachhinein wird mir meine eigene Dummheit bewusst, doch bevor ich meine Worte zurückziehen kann, antwortet Patrick mir auch schon.
,,Ich denke in dem Punkt sind wir uns ziemlich ähnlich: Wir haben keine Ahnung worauf wir uns da eingelassen haben."
Das klingt zwar ehrlich, aber ich habe mit einem Mal schreckliche Angst, dass meine Anwesenheit der Auslöser für seine plötzliche Unentschlossenheit ist. Hätte mich das Pferd bloß tot getrampelt. Ich hätte es wirklich verdient gehabt.
Im selben Moment durchjagt meinen Körper eine unscharfe Erinnerung wie ein Blitzschlag. Mein Puls beschleunigt sich, meine Handflächen schwitzen und meine Lippen zittern unkontrollierbar.

Steve steht direkt vor mir. Er lässt seine Fingerspitzen über meine Wange wandern und ich seufze tiefenentspannt. Nur bei ihm kann ich sein wer ich bin. Nur er versteht meine Sorgen und Probleme. Er hat ähnliches durchgemacht. Aber auch seine Fassade scheint zu bröckeln sobald ich in der Nähe bin. Stolz, Spott und Unantastbarkeit verschwinden und ein ganz andere Steve taucht auf. Einer, der sich für mich ohne Zögern vor einen Zug werfen würde, wenn er damit mein Leben retten könnte. Selbst wenn die Chancen 1 zu 1.000.000 stehen würden, dass ich überlebe. Aber auch all die Peinigung, die Schmerzen und die Qualen seines vorherigen Lebens zeichnen sich stark unter seinen wachsamen, mausgrauen Augen ab. Seine tiefen Brauen lassen ihn oft schlecht gelaunt aussehen, während seine wilde, goldene Löwenmähne Freiheit und Macht ausstrahlt.
Steve ist mein bester Freund. Meiner, Joshuas und Matts. Er ist einer der wenigen Menschen die es verdient haben rundum glücklich zu sein und es leider Gottes nicht sind. Es tut mir so unendlich leid für ihn und ich tue mein Bestes, dass es ihm irgendwann einmal besser gehen wird.
,,Versteck dich nicht", redet er mir ein. ,,Ich flehe dich an! Versteck dich nicht." Er spricht leise, aber eindringlich. ,,Sei nicht so, wie die dahinten." Er zeigt auf drei junge Frauen, die mit prall gefüllten Taschen aus einem teuren Schmuckgeschäft kommen. Lachend, lästernd und ohne Sorgen. ,,Sei nicht so." Er nimmt mein Gesicht in seine warmen Hände. ,,Du bist besser als die! Patrick würde sich unglaublich freuen seine alte Cara wiederzubekommen." Mit dem Daumen streicht er sanft eine meiner Tränen fort. ,,Nicht die hochgestochene, arrogante, selbstverliebte Rose. Sei die Cara die ich kennenlernen durfte." Er lässt seine Hände sinken und gähnende Leere bleibt in meinem Herzen zurück. ,,Sei du selbst. Sag ihm, wie sehr du ihn liebst." Er redet von Patrick. Die Nachricht von meiner überstürzten Verlobung hat ihn völlig aus der Bahn geworfen.
,,Ich habe ihm so viel Leid zugefügt", bemerke ich.
,,Und er dir nicht minder." Steve hat sich umgedreht und geht bereits auf den schmalen Zebrastreifen zu, der fast direkt vor seine Ein-Zimmer-Wohnung führt.
,,Steve?"
Er dreht sich nochmal zu mir um.
,,Ich wünsche mir wirklich, dass du sie irgendwann findest..." Ich spreche von einer Frau die seiner würdig ist. Von einer Frau, die ihn mindestens so sehr liebt wie er sie lieben wird.
Steve lächelt mich vorsichtig an. Als hätte er lächeln über all die Jahre hinweg verlernt.
Jemand sollte diesen gebrochenen jungen Mann zusammenflicken. Eine Frau mit viel Liebe, Geduld und Verständnis.
Steve wendet sich wieder ab und ich tue es ihm gleich.
Ich bin gerade erst zwei Schritte in die entgegengesetzte Richtung gelaufen, da höre ich hinter mir Reifen quitschen. Laut, unnatürlich und innerorts mehr als unangebracht.
Ich wirbel herum und bekomme den Mord im letzten Moment zu sehen. Es ist das Auto, das eben noch leblos und keine fünf Meter von uns entfernt geparkt hat. Als hätte es nur auf die passende Gelegenheit gewartet und selbst mein Verstand begreift auf der Stelle, dass das was hier gerade passiert kein Zufall ist. Das Auto scheint nochmal Vollgas zu geben, dann überfährt es achtlos den Zebrastreifen und schleudert einen Fußgänger mit sich. Ich renne, verhake mich mit meinem Absatz zwischen zwei lockeren Betonplatten und stürze zu Boden. Von dort aus kann ich den massigen Körper sehen, der mit voller Wucht das Auto rammt und über die Motorhaube schlittert. Die goldblonde Mähne verfängt sich in den Scheibenwischern. Ein scheußliches 'Knack' ertönt und der Körper eines fast perfekten Steves zerschellt auf dem Bürgersteig.

,,Was ist los?", fragt Patrick voller Sorge und legt zögernd eine Hand auf meinen Oberschenkel.
,,Nichts." Ich war schon immer eine gute Lügnerin.

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