Kapitel 26: Der Tod ist erst der Anfang

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Mir bleibt nichts anderes übrig, als das Geschehen zu beobachten. Die Glasscheibe hat sich inzwischen aufgelöst, sowie auch ich. Ich bin nur ein Schatten meiner selbst, nicht mehr als eine Gestalt aus Rauch. Ich weiß nicht wie, doch trage ich ein rotes Kleid. Mit Tränen in den Augen beobachte ich, wie meine Freunde meinen Körper wegtragen. Legolas ist zusammengebrochen und wird von Gimli und Aragorn gestützt. Die Soldaten legen meinen Körper auf eine Liege und tragen ihn weg. Ich versuche die ganze Zeit Legolas zu berühren, doch meine Hand gleitet einfach durch sein Gesicht. Er spürt meine Anwesenheit nicht. Während sie zurück nach Minas Tirith laufen, begleite ich sie, denn ich will wissen was sie mit meinem Körper machen. Legolas leerer Blick lässt meinen Körper gefrieren. Ich kann ihm nicht zeigen, dass ich hier bin. Das zerreißt meine Seele in winzig kleine Stücke. Gandalf hat sich auf den Weg gemacht, um Frodo und Sam zu retten. Auch Aragorn und Gimli scheinen bedrückt zu sein, da ich nicht mehr unter den Lebenden verweile. Wie werden meine Eltern reagieren? Sie haben ihre Tochter verloren. Ich habe so viele Fragen, doch werde ich nie Antworten erhalten. Gibt es einen Weg zurück? Nein, natürlich nicht. Keine Macht auf der Welt kann den Tod aufhalten, geschweige denn die Toten zurückholen. Vielleicht musste es so kommen.

Als sie die Stadt erreichen, legen sie mich in einen Raum. Eine Frau kommt herein und zieht mir die Kleidung aus. Sie steckt mich in ein weißes Gewand mit schönen Verzierungen an der Brust und an den Ärmeln. Außerdem legt sie mir einen Blumenstrauß in die Hände, sodass ich aussehe wie eine schlafende Prinzessin. Als sie schließlich den Raum verlässt, folge ich ihr, denn ich will wissen wie es nun weitergeht. Sie begibt sich zu Aragorn und sagt ihm, dass ich nun bereit wäre. Bereit, für was? Doch meine Aufmerksamkeit lenken zwei Wachen auf sich, denn sie tragen die Hobbits. Frodo und Sam liegen bewusstlos in ihren Armen. Natürlich gehe ich ihnen hinterher, bis zu einem Zimmer, in das ich mich nicht hinein traue. Erst als Gandalf kommt und das Zimmer betritt, gleite ich durch die Wand und lausche seinen Worten. ,,Mein lieber Frodo. Ich weiß nicht ob du mich hören kannst, doch muss ich dir sagen, das Chimärâ nicht mehr unter den Lebenden ist. Sie hat sich geopfert, für jene die sie liebt und diese Tat kostete ihr das Leben. Ich bin zutiefst erschüttert. Ihre Eltern wissen es noch nicht und ich weiß auch nicht wie ich es ihnen sagen soll, dass ich sie nicht retten konnte." Es zerreißt mir das Herz, ihn so zu sehen. Gandalf war mein bester Freund, mein Verbündeter, mein Lehrer. Ich stelle mich vor ihn und berühre seine Stirn. Meine Hand gleitet einfach hindurch, doch knie ich mich nieder und schreie ihn an. ,,Gandalf! Ich bin hier. Bitte es muss einen Weg geben! Kannst du mich hören? Sag doch irgendetwas, bitte Gandalf. Bitte!" Er rührt sich nicht. Als er tief ausatmen, geht die Tür auf. ,,Gandalf, ich brauche deine Hilfe. Legolas er regt sich nicht, bitte folge mir.", stammelt Boromir. Gandalf stürmt aus dem Zimmer gefolgt von mir. So schnell ich kann versuche ich ihm hinterher zu rennen und fürchte mich vor dem was ich sehen werde. Plötzlich bleibt er vor einer offenen Tür stehen. Er geht langsam hinein. Ich stelle mich in den Türrahmen und fange wieder an zu weinen. Legolas liegt einfach da. Er hat die Augen geöffnet und starrt an die Decke. Vorsichtig gleite ich hinein und setzte mich auf sein Bett. Ich beuge mich vor und versuche ihn zu küssen. Wie erwartet passiert nichts. „Legolas, bitte du darfst nicht aufgeben. Ich liebe dich und das werde ich immer, egal zu welchem Zeitpunkt. Ruiniere dir jetzt nicht dein Leben! Das ist das letzte was ich möchte. Bitte..", flüstere ich leise mit Tränen in den Augen. Ich werde es vermissen ihn zu beobachten. Ich werde es vermissen seine Stimme zu hören und seinen Geruch einzuatmen. Wie ist es dort wo ich hingehen werde, wenn ich überhaupt irgendwo hingehe. Bleibe ich hier und werde zusehen wie er ein neues Leben aufbaut? All diese Fragen schwirren in meinem Kopf herum. Gandalf setzt sich nun genau auf mich. Es fühlt sich komisch an in ihm drin zu sein, also springe ich gleich aus ihm heraus. Er legt seine Hand auf seine Stirn und fängt an ein paar Worte zu murmeln. Daraufhin fängt Legolas an schneller zu atmen, zu blinzeln und sich zu bewegen. Doch nun scheint auch der Schmerz wieder da zu sein. Denn die ersten Tränen laufen übers Gesicht und landen auf dem Kissen. „Es tut mir leid Legolas, es tut mir sehr leid. Ich weiß wie sehr du sie geliebt hast.", widerfährt es Aragorn und setzt sich neben ihn. „Willst du dich von ihr verabschieden?", fragt unser Gefährte. Legolas Antwort ist nur ein Nicken. Sie helfen ihm hoch und führen ihn in den Saal indem ich liege. Meine Haut ist so weiß wie der Marmor der Säulen. Mein Haar hat jeden Glanz verloren. Meine Lippen färben sich blau, genauso wie meine Finger. Sie treten ein und schon bei dem Anblick meines Körpers, fängt er an zu wimmern und zu schluchzen. Ich kann ihn so nicht sehen und so fange auch ich an zu weinen wie ein kleines Kind. Er stellt sich neben mich und streicht mir übers Haar. "Chimärâ, du warst die Liebe meines Lebens. Ich wollte dich heiraten, mit dir glücklich werden, eine Familie gründen. Doch dazu wird es nicht kommen. Du hast mich gerettet, doch wünsche ich mir du hättest mich sterben lassen. Damit du leben kannst. Wie soll ich ohne dich glücklich werden? Ich vermisse dich jetzt schon so sehr mein Schatz. Hätte ich gewusst, dass heute dein letzter Tag war, dann hätte ich ihn ganz anders mit dir verbracht. Ich liebe dich und das werde ich für immer und ewig."

Legolas Stimme zittert und ist total brüchig. Er kann kaum auf seinen Beinen stehen und seine Tränen landen auf meinem Kleid. Er streicht mir über die Wange, über die Stirn und über den Mund. Ich stelle mich neben ihn, doch es bringt nichts! Ich will das nicht, ich kann das nicht! „Hört mich jemand? Kann mich irgendjemand hören? Ich will dieses Leben nicht! Ich will es nicht. Wie kann ich zurück? Hallo?" Ich schrei mir die Seele aus dem Leib und hoffe auf eine Antwort, doch meine Ohren nehmen nichts wahr außer langes Schweigen. Ich falle zu Boden. Ich ziehe meine Knie zu meinem Körper und krümme mich zusammen. Noch nie habe ich so viel Einsamkeit empfunden wie jetzt. Niemand ist hier. Ich bin ganz allein in einer Welt, in der ich mal gelebt habe.

_____Aragorns P.O.V________
Ich kann es immer noch nicht glauben. Gerade eben habe ich sie noch kämpfen sehen und auf einmal ist sie nicht mehr da. Nur ein Körper der so aussieht wie sie, doch kein Stück lebendig. Ich spüre Legolas Schmerz. Er ist so verletzt, wie soll es auch anders sein. Er hat die Liebe seines Lebens verloren. Er wird sie nie wieder küssen, berühren oder gar hören können. Ich muss mich zusammenreißen, wenn ich sie da so liegen sehe. Es sieht aus als würde sie schlafen, doch der Gedanke, dass sie nie wieder aufwachen wird lässt mich erstarren. Legolas kann seine Schwäche nicht verbergen, er stützt sich ab. Er starrt sie einfach nur an, nachdem er ihr die schönsten Sachen gesagt hat. Merry und Pippin können ihre Tränen nicht verbergen, egal wie sehr sie sich anstrengen. Sie mochten sie, sie mochten sie sogar sehr. Dies ist eine dunkle Stunde für uns alle. Die Ersten entfernen sich aus dem Saal, Legolas rührt sich kein Stück. 3 Stunden stehen wir nun schon hier und warten darauf, dass Legolas sich bewegt. Schließlich ist es soweit, dass er sich umdreht und einfach den Raum verlässt. Er sagt kein Wort und verschwindet einfach. Die Nacht ist schon lange angebrochen und ich muss zugeben, dass ich sehr erschöpft bin. Schlussendlich bin ich der Letzte, der bei ihr steht. ,,Warum musstest du uns schon verlassen? Du hättest so viel verändern können. Nein, du hast sehr viel verändert. Verzeih mir." Auch ich verlasse den Saal und begebe mich in mein Gemach. Ich muss an Arwen denken. Wie würde es mir gehen, wenn sie dort liegen würde? Diese Frage kann keiner beantworten. Die Nacht geht schnell vorbei, doch bringt der Morgen keine Freude. Sie muss beerdigt werden. Gandalf muss es heute ihren Eltern sagen, doch er weiß noch nicht wie. Legolas war die ganze Nacht wach erzählt mir Boromir. Er muss damit klarkommen und dies kann Jahre dauern. Ich begebe mich zum Frühstück, doch habe ich keinen Appetit. Niemand bekommt einen Bissen herunter, denn die Trauer ist noch nah. Das Leben muss weitergehen, das wissen wir alle. Es ist nur schwer sich daran zu gewöhnen, dass sie nicht mehr da ist. Sie war eine gute Freundin. Ich kannte sie schon mein Leben lang. Noch einmal gehe ich sie besuchen. Ihre Lippen sind nun blau, ihre Haut ist noch blasser geworden und sie ist ganz kühl. Sie so zu sehen, bringt einen zurück in die Realität.

______Chimärâs P.O.V______
Ich habe die Augen geschlossen. Ich will sie nicht aufmachen, denn ich weiß, dass es nie wieder so sein wird wie früher. Doch komme ich nicht drum herum. Ich mache sie langsam auf, doch bin ich nicht in dem Saal, wo ich mich gestern hingelegt habe. Ich bin an einem hellen Ort. Um mich herum stehen Menschen mit weißer Kleidung. Mit meinem roten Kleid falle ich natürlich sofort auf. Sie scheinen mich zu sehen, denn sie reagieren auf mich. ,,Können sie mich sehen?", frage ich den Mann der vor mir steht. ,,Ja, sehr klar und deutlich. Warum bist du hier mein Kind?", fragt er freundlich. ,,Ich bin gestorben, für den Mann den ich liebe.", antworte ich kühl. Der Mann blickt sich um und beobachtet die Reaktion der anderen, auf meine Antwort. ,,Aber warum bist du dann hier?", lacht er verwirrt. ,,Ich habe gehofft, dass ihr mir das sagen könnt.", sage ich verblüfft. ,,Nein, das kann ich nicht. Du musst herausfinden, warum du hier bist." Unsicher sehe ich den Mann an. Warum stellt er mich so auf die Probe? ,,Was? Wo bin ich denn?", will ich wissen. ,,Du bist in einer Welt zwischen Leben und Tod. Nur du kannst einen Weg finden, zurückzukehren. Der Tod ist erst der Anfang. Du bist die Tochter des Ulmo. Wenn jemand einen Weg findet, dann du.", kichert der Mann selbstsicher. Als ob meine Herkunft eine Freikarte wäre. „Wie soll ich das denn machen? Wie kann ich den Tod besiegen?", frage ich hilflos. ,,Manchmal ist es hilfreich, die Orte zu besuchen, an denen man schon einmal gewesen ist. Von hier aus kannst du überall hin, wo auch immer dein Weg dich hinführt. Ich erinnere dich, dass du vor sehr langer Zeit aus einer anderen Welt hierhergekommen bist. Wie hast du es damals gemacht?", stellt er mir als Frage. Ich runzle die Stirn. Er hat Recht. Wie habe ich es damals gemacht? Soll ich zurückkehren in meine alte Heimat. Als Geist? Vielleicht finde ich dort die Antwort.

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Das war nun mein Kapitel und ich hoffe es hat euch gefallen. :)
Ich freue mich immer sehr über Kommentare oder über ein gefällt mir. Ihr dürft mir auch sehr gerne privat Nachrichten schreiben!

Eure nerdygurl :**

Überarbeitet

Chimärâ die Tochter des Ulmo (Legolas FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt