Kapitel 2

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"Unsere Bäume sind jung." Die Stimme meines Opas klingt wehmütig. " In meiner frühen Kindheit waren die Bäume fast 20 Meter hoch und majestätisch. Im Sommer sind auf den Wiesen Blumen gewachsen, du kannst dir diese Artenvielfalt nicht vorstellen. Oder die Schmetterlinge so viele verschiedene leuchtende Farben." Er nimmt Omas Hand und drückt sie, erstaunt sehe ich das Omas Augen feucht werden. Und dann platzt die Frage aus mir heraus. "Aber wieso? Was ist passiert, dass alles so gekommen ist?" " Damals gab es nicht wie heute nur zwei Parteien, sondern viele verschiedene. Und bei so vielen Parteien gibt es Machtkämpfe und Streitereien. Auch die Waffen waren früher weiterentwickelt. Und das sollte zum Verhängnis der ganzen Menschheit werden." Ich höre meinem Opa gespannt zu, ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist in einer Welt voller Reichtum zu leben. In einer Welt wo es völlig normal ist das jeder eine Schulbildung hat oder ein eigenes Auto. Das alles ist für mich unvorstellbar. Dieses Mal fährt meine Oma fort: "Die erste Katastrophe ereignete sich als ich 10 Jahre alt war, als der Alarm losging, saß ich gerade in der Schule. Die Schüler wussten nicht was vor sich ging, aber die Lehrer haben reagiert, sie haben uns in unterirdische Bunker gebracht. Dort mussten wir fast zwei Wochen ausharren. In dieser Zeit bin ich fast verrückt geworden, ich wusste nicht was mit meinen Eltern oder meiner Schwester passiert war. Hatten auch sie Zuflucht in einem Bunker gefunden?
Als wir endlich den Bunker verlassen durften, allerdings nur in Schutzkleidung, waren wir erschöpft hungrig und verdreckt. Aber am schlimmsten war das Gefühl der Hilflosigkeit. Wir wussten nicht was den Alarm ausgelöst hatte. Die Lehrer hatten uns nicht gesagt, entweder sie wussten es selber nicht oder sie dachten wir seien nicht stark oder alt genug um zu begreifen.
Das erste was ich spürte als wir die Sicherheit des Bunkers Verliesen war die unglaubliche Hitze. Nach wenigen Minuten waren wir alle Schweißüberströmt, dazu kamen die giftigen Dämpfe, davor waren wir allerdings durch die Schutzanzüge geschützt, ansonsten wäre ich jetzt tot. Ich habe keine Sonne gesehen, der Himmel war grau, bedeckt mit Asche, genau wie die Landschaft. 99% der Bäume, Sträucher oder einfache Gebäude (dazu zählte auch meine Schule) waren in Flammen aufgegangen. Man sah nur noch verkohlte Überreste. Überall lagen ebenfalls verkohlte Leichen herum. Die Chance das meine Eltern am leben waren, war gering. Aber in diesem Moment zählte das alles nicht, ich hatte keine Zeit über das Schicksal anderer Menschen nachzudenken. Mein Überlebensinstinkt hatte die Oberhand gewonnen. Ich spürte das Adrenalin und den Schock und ich sah meine Klassenkameraden, einige von ihnen sind einfach losgerannt, andere standen wie ich einfach nur stumm da und versuchten das alles zu verarbeiten. Glaub mir Annie es war schrecklich." Ihre Stimme versagt und mein Großvater drückt ihre Hand. Ich schaue die beiden aus großen Augen an und versuche mir vorzustellen was die beiden alten Menschen vor mir alles durchgemacht haben. Die Sonneneruption war nur das erste, danach kam die große Flutwelle, dann als wäre das nicht schon alles genug kamen die Bomben. Sie verseuchten die Erde mit Radioaktivität. Trotz allem gibt es immer noch Menschen, nicht viele das stimmt aber es gibt sie. Menschen hatten von jeher eine Kämpfernatur. Ich schaue meine Oma an:"hast du je etwas von deiner Familie gehört?" Meine Oma schüttelt den Kopf und sagt leise mit einer schmerzerfüllten stimme:" Nein. Ich habe sie gesucht aber die Gebäude in denen meine Eltern arbeiteten waren vollständig verbrannt und ich konnte nirgends einen Bunker finden. Auch der Kindergarten in dem meine Schwester war ist abgebrannt." Kindergarten. Wieder so ein Relikt aus vergangener Zeit! Heute gibt es keine Kindergärten mehr die Eltern ziehen ihre Kinder alleine groß.

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