Kapitel 23

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Annie:

Alexs Worte gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Hat er recht?
Kann jeder ein Held sein?
Was ist da überhaupt? Ein Held?
Ist ein Held nicht für jeden Menschen etwas anderes?

Was ist für mich ein Held?

Ich finde keine Antwort auf die Frage und das macht mich traurig und wütend zugleich.

Seit Tagen, ich glaube zumindest das es Tage sind wandern wir immer in der Nacht und verkriechen uns tagsüber, unser Vorrat ist zu Ende gegangen und wir sind dazu übergegangen bei jedem Bach den wir sehen unsere Flaschen zu füllen, auf essen verzichten wir inzwischen.

Wie lange kann ein Mensch fasten?

Und auch die Landschaft ist trostlos. Überall Asche und wenn man Glück hat verkohlte Baumstämme.

Was sollen wir tun?

Unser Ziel sind die Rebellen. Und dann? Haben Sie antworten für uns? Wissen Sie wer die Bomben abgeworfen hat und zu welchem Zweck, falls es Bomben waren?

Wie lange werden wir noch durch so eine Aschelandschaft wandern?

Ich gähne und reibe meine Augen, den letzten Tag über habe ich wache gehalten und gleichzeitig den Umgang mit dem Messer geübt. Zu meiner Befriedigung werde ich immer besser.

Während wir schweigend durch die Dunkelheit marschieren, schweifen meine Gedanken zu meinem Vater. Lebt er noch?
Und was hat meine Großmutter so sicher gemacht, dass falls er noch am Leben ist, in der Schweiz ist?

Ich seufze und spüre im nächsten Moment Alexs Hand auf meinem Mund. Es ist zu dunkel um seinen Blick zu sehen, aber vermutlich mustert er mich gereizt.
Ich muss vorsichtiger sein.
Jedes noch so kleine Geräusch könnte uns verraten.

Als die Sonne aufgeht, finden wir einen winzigen Unterschlupf und setzten uns auf den Boden. Erschöpft beginne ich meine Füße zu massieren und schaue Alex an.
In dem Moment hebt er den Kopf und unsere Blicke kreuzen sich, fragend hebt er eine Augenbraue und ich schüttele stumm den Kopf und ziehe meine Stiefel wieder an.
"Ich bin heute mit der Wache daran, du tust gut daran zu schlafen. Ich dachte mir es wäre ein gutes Training wenn wir man im dunkeln üben." Seine Stimme ist rau, da er sie den ganzen Tag nicht benutzt hat.
Ich will ein Gespräch mit ihm anfangen, aber ich bin zu müde, also wickele ich mich in meine Decke und schließe die Augen.

Als Alex mich weckt ist es stockdunkel.
"Also wenn wir im Dunkeln unterwegs sind musst du deine Augen vergessen, sie können dir nicht helfen!" Seine Stimme ist hart. "Deine Waffen sind deine Sinne. Deine Ohren sind wichtig, ebenso dein Gleichgewicht. Dein Feind oder deine Feinde sind unsichtbar, unberechenbar. Du weist nicht mit wem du es zu tun hast, ob alt oder jung, Mann oder Frau, dick oder dünn, das alles spielt keine Rolle. Vielleicht ist die Dunkelheit sogar ein Segen, vielleicht ist es weniger real wenn du jemanden tötest dessen aussehen du nicht kennst. Und eines darfst du niemals vergessen: Nicht nur dein Feind ist unsichtbar. Auch du bist es!" Ich atme tief durch und schließe die Augen, die mir in der Dunkelheit eh nichts nützen. Ich höre seine Stimme. "Du musst mich anhand meiner Stimme finden. Und das ist noch verdammt einfach, deine Feinde fangen nicht an zu sprechen, sie sind plötzlich da, aus diesem Grund wirst du immer bereit sein müssen dich zu verteidigen, du musst jederzeit mit einem Angriff rechen, egal von welcher Seite!"
Ich sauge jedes seiner Worte auf und horche in die vollkommene Finsternis die mich umgibt.
Ich höre das rascheln der Bäume, ein einsamer Vogel schreit und ein leises knacksen.
Es ist zu nah.
Aber ich reagiere zu spät, ich spüre wie Alex gegen mich prallt und lande hart auf dem Boden.
Sein Körper presst meinen zu Boden, ich kann mich nicht rühren. "Du bist tot." Seine Stimme ist ruhig ein bisschen selbstgefällig und das bringt mich auf die Palme und gleichzeitig bringt es mich auf eine Idee.
Ich Reise den Kopf nach oben und treffe mit voller Wucht Alexs Kinn, er zuckt zusammen und lockert den Griff um meinen Arm leicht.
Ich reise meinen Arm los und kneife ihm in den Bauch dann reise ich die Knie hoch und ramme sie ihm in den Magen. Er stöhnt leise und ich rolle mich herum und Presse seine Arme auf dem Boden. Triumph steigt in mir auf, aber ich habe mich zu früh gefreut.
Alex rollt sich herum und erneut liegt er auf mir. Ich fluche leise, als er mich fest packt, ich weis das ich dieses Mal keine Chance habe.
"Es gibt drei regeln!
1. Sei immer auf der Hut. Immer!
2.Unterschätze niemals deinen Feind!
3. Denke niemals das du einen Kampf gewonnen hast, niemals!"

Er steht auf und zieht mich hoch.
Ich höre wie er unsere Sachen zusammenpackt und mir meinen Rucksack reicht und dann wird mir klar, wie unglaublich froh ich bin das es gerade dunkel ist.
Mein Gesicht muss einer Tomate gleichen. Mein Körper prickelt noch immer von Alexs warmen Körper auf meinem.
Es war das erste mal das ich einem Jungen so nahe war. Dazu kommt noch die Tatsache, dass er auch gut aussieht.
Ich frage mich wie lange wir noch durch die Dunkelheit gehen müssen, denn ich sehne mich danach seine wunderschönen Augen betrachten zu können.

Ich weis nicht wie lange wir gelaufen sind, als Alex abrupt stehen bleibt und ich in ihn renne. Er streckt eine Hand aus und fängt mich auf, bevor ich auf dem Boden lande. Sein Körper ist angespannt und ich weiß, dass etwas nicht stimmt.
Und dann höre ich die Stimme: "Keinen Schritt weiter. Ihr seid umzingelt. Eine falsche Bewegung und ihr sterbt!" Die Stimme ist rau und mir läuft ein Schauder über den Rücken, als ich Alexs Hand nehme.

Last Hope for Earth  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt