Frozen Love

Kapitel 10

Hatte ich eigentlich schon einmal erwähnt, wie Slayer aussah? Er hatte dunkelbraune Haare, die man nur sah, wenn er nicht gerade seine Kapuze aufhatte, was praktisch immer der Fall war, wenn es nicht gerade Hochsommer oder er in einem geheizten Raum war. Dazu hatte er noch blaue Augen, aber so richtig Blau, nicht blaugrau, und dann war er noch ziemlich dünn. Mit dünn meine ich nicht sportlich dünn, sondern so normal. Nun stand er da so vor mir und grinste mich an. „Darf ich reinkommen?", fragte er. Er war übrigens sechzehn. „Eh...ja klar." Plötzlich kam dieses Grillenzirpen aus meiner Tasche und Slayer lachte. „Sorry...das muss Vince sein. Jetzt, da ich mein Internet aus hab, wird er mich über SMS mit Nachrichten terrorisieren.", sagte ich und lachte. „Willst du einen Tee?" Er schüttelte den Kopf. „Ne danke. Können wir reden?" Was für eine dumme Frage. „Wozu bist du denn sonst hergekommen?" Ich ging die Treppe hoch und er folgte mir. Wir setzten uns auf meine Couch, die irgendwie auch mein Bett war und mir brannte es schon wahnsinnig auf den Nägeln, endlich zu erfahren, was gestern passiert war. „Also, was war nun gestern?", fragte ich deswegen gespannt. Slayer grinste ununterbrochen. Er war nicht wirklich der schüchterne Typ, hatte aber keine Freundin, obwohl er eigentlich hübsch war. Warum fiel mir das gerade auf? Genau in diesem Moment hätte ich mir am liebsten mit der Faust gegen den Kopf gehauen und meine Gedanken noch mal neu geordnet. Denn aufeinmal musste ich an Käsekuchen denken...Schnell schüttelte ich imaginär meinen Kopf und konzentrierte mich ganz auf Slayer. „Das wüsstest du wohl gern." Aufeinmal begann er so schelmisch zu grinsen. „Wieso? Hast du mich unter K.O.-Tropfen gesetzt oder was?", fragte ich mit einem komischen Unterton, den ich mir selber nicht so richtig erklären konnte. „Nö, aber soweit Ich mich entsinnen kann, was ich im Gegensatz zu dir kann, hast du es gestern nicht bei Popcorn belassen, sondern auch noch den Likörvorrat deiner Eltern geleert.", erklärte er lachend. „Slayer, Verarsch mich nicht. Wieso kann ich mich nicht mehr an gestern erinnern?", drängelte ich nun. „Das passiert manchmal, wenn man zu viel an einem Tag erlebt hat, oder es ist das Ergebnis von Übermüdung...oder vielleicht..." Meine Augen blitzten. „Was haben wir? Bitte die ganze Geschichte, ohne Pausen." Endlich erbarmte er sich. „Naja gestern wurdest du allmählich müde und ich hab gefragt, ob du lieber schlafen gehen willst und du hast nein gesagt. Darum saßen wir rum und als Andersen dann endgültig verreckt war, saßen wir noch rum und du hast mir sehr ausführlich deine ganze Krise mit Vince erklärt und mich gefragt, warum ich eigentlich keine Freundin habe. Und da habe ich gesagt, dass ich keine Ahnung hab und dann habe ich aus Spaß vorgeschlagen, dass du ja deinen ganzen Stress in Alkohol ertrinken kannst, was eigentlich nur Spaß war. Naja, jedenfalls haben wir dann ein bisschen Tequila getrunken und irgendwie saßen wir beide dann da und haben nur noch gelacht." Wow, wow, wow...WAS?!? „Und wieso weißt DU das noch und ich nicht?", fragte ich verwirrt. „Naja, vermutlich hatte ich ein bisschen weniger als du oder mein Körper reagiert einfach anders drauf, keine Ahnung woher soll ich das denn wissen? Ich bin auch kein scheiß Streber.", antwortete er. „Ja, ich weiß. Jetzt erzähl weiter und wehe du verarschst mich.", sagte ich. „Sehe ich so aus als würde ich dich verarschen?", fragte er. „Ja.", sagte ich knapp. „Bei sowas auch?" „Ja.", entgegnete ich nickend. Er neigte den Kopf kurz zur Seite, erzählte dann aber weiter. „Naja und dann haben wir noch was gemacht und dann hab ich dich schlafen geschickt, weil mir echt alles zu viel wurde, wir sonst Dinge getan hätten, die wir mit hoher Wahrscheinlichkeit bereut hätten und ich dich nicht ausnutzen wollte." Das kam mir immer seltsamer vor. „Du wolltest mich nicht ausnutzen?", fragte ich nochmal. „Ja...ich bin eben auch kein kompletter Arsch bei Leuten, die ich mag.", sagte er. Ich glaubte ihm das sogar. „Soll das heißen, dass du mich magst?". Er sah mich an. „Nein, überhaupt nicht.", antwortete er sarkastisch. Ich lachte. „Nochmal zurück zu diesen Dingen. Was genau war das?" Das interessierte mich noch. Ich hatte da schon einen schlimmen Verdacht. „Sag ich nicht...", er hörte sich aufeinmal so schuldbewusst an. Wie ein Mensch! Kaum zu glauben. „Was ist denn passiert? Mann, bitte, du hast gesagt, dass du mir alles erzählst.", flehte ich schon fast. „Willst du es wirklich wissen?" Aufeinmal erschien er mir garnicht mehr wie der alte, fiese Slayer, der nicht auf den Mund gefallen war, auch nicht bei fiesen Dingen. „Ja." „Okay...naja du warst so total in der Krise wegen Vince und hast gesagt, dass du vielleicht Schluss machen willst..." „DAS hab ich gesagt?", unterbrach ich ihn. „Ja hast du. Weil du dir nicht mehr sicher bist, ob du ihn noch liebst und weil er dich manchmal total nervt.", erwiderte er. „Aha.", warf ich verstört ein. Sowas plappere ich aus? Vor einem anderen Typen? In diesem Moment fragte ich mich echt, was mit mir schief ging. „Jedenfalls tatst du mir total leid und du sollst das auch nicht als Verzweiflungstat verstehen, aber in diesem Moment erschienst du mir so traurig und ich wollte dich aufmuntern und naja, ich weiß, dass ich zu 100% das Falsche getan habe, aber...es tut mir ja auch leid und so und mein Gott, wieso bin ich aufeinmal so? Jedenfalls tut es mir wirklich leid und ich weiß, dass es nichts bedeutet hat, aber ich wollte nur, dass du weißt, dass ich dich nicht in eine scheiß Situation bringen wollte. Ich will dich ja nicht wie Abfall behandeln, weil du meine beste Freundin bist, obwohl ich nicht mal deinen richtigen Namen kenne, aber ich habe dich lieb, also freundschaftlich jetzt. Und vielleicht können wir das einfach vergessen und einfach so weiterleben wie vorher.", erklärte er mir, dabei wusste ich immer noch nicht, worum es ging. „Ja, was hast du denn gemacht?" Da fiel ihm vermutlich ein, dass er es nicht mal gesagt hatte. Ich bedauerte das Blackout schon jetzt.