Kapitel 31

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Für "Andre" ;)

Verdammt! Ich schreckte hoch. Meine Haare versperrten mir die Sicht und mürrisch strich ich sie aus dem Gesicht. Slayer war nachhause gegangen. Nachhause. Das bedeutet zu Andre. Der würde ihm garantiert alles erzählen. Ich war tot. Und dämlich. Hätte ich mir das nicht früher überlegen können? War doch logisch, dass er es herausfindet. Ich sah ihn auch noch so oft, weil er mein Partner war. Wieso war ich so dumm? Aufgeregt drehte ich mich nach rechts. Drei Uhr in der Nacht. In der Frühe. Wir wollten uns um acht bei ihm treffen. Der große Showdown. Ganz toll. Fünf Stunden. Vielleicht sollte ich mich aufstylen, damit ich so hübsch war, dass er nicht sauer war. Dass GAR NIEMAND sauer war?

Dafür gab ich mir selbst eine Schelle.

Nächtliche Dummheit. Schlafen konnte ich jetzt sowieso nicht mehr. Ich ging zum Schrank und kramte ein enges Kleid heraus. Mit High Heels würde ich darin aussehen wie eine Prostituierte. Sofort knüllte ich es in irgendein Fach. Hätte Slayers Mutter nicht nur eins der Kinder bekommen können? Dann hätte ich das Problem jetzt nicht.

Es war ja auch nicht so, dass da so eine Familienloyalität herrschte. Es war wohl schon einmal vorgekommen, dass Andre Slayer ein Mädchen ausgespannt hatte. Oder andersherum, das weiß ich gar nicht mehr. Aber es sollte auch nicht so enden, dass ich zum Spielball der beiden wurde. Wer war ich denn?

Auf jeden Fall jemand, der so dämlich war um drei aufzustehen, sich anzuziehen als würde ich auf ein Date gehen und jemand, der dann mit Bus und Straßenbahn zu seinem Partner fuhr um vor dem Haus zu warten.

Vier Stunden.

Es war schon um vier.

Ich ließ mich auf dem kalten Bordstein nieder. Meine Haare flogen umher und ich fragte mich, weshalb ich sie überhaupt gekämmt hatte. Ich wollte nicht nachdenken und wehrte mich strikt dagegen. Voller Angst vor schlimmen Nachrichten zog ich mein Handy heraus. Die Minuten vergingen wie Stunden. Von Slayer war da nichts. Aber von Andre. Stirnrunzeln.

Können wir nicht darüber reden?

Würde ich ja gerne, wenn ich selbst wüsste, was ich sagen sollte. Es schien mir relativ simpel. Andre wollte galant und ohne Streit aus der Nummer herauskommen und Slayer – ja keine Ahnung, was mit dem war. Wir küssten uns und redeten nicht darüber. Wann denn auch? Und das eine Mal, als wir drüber redeten, kam heraus, dass es ein Fehler war und wir es lassen sollten. Trotzdem taten wir es wieder. Wo war da die Logik? Und weshalb fühlte ich mich wegen Andre so schlecht? Schließlich hatte ich keinen festen Freund, gegenüber dem ich eine Verpflichtung hatte. Vielleicht war es etwas blöd, dass da sein Bruder auch noch existierte. Aber niemandem von den beiden hatte ich gesagt, dass er der einzig Wahre sei. Das Gefühl gegeben, vielleicht. Aber niemand dieser Brüder redete wirklich mit mir darüber. Also musste ich diese Aufklärung auch gar nicht betreiben, oder?

Mein Gewissen sagte trotzdem, dass ich ein schrecklicher Mensch war.

Gut, vielleicht konnte man von mir eben nicht diese Keuschheit erwarten, wie von diesen hobbylosen Musterkindern aus Dörfern, die keine Hobbies als Schule hatten und immer außerordentlich konform und höflich und ach-so-perfekt waren.

Vielleicht tat ich mich hervor.

Vielleicht war ich etwas Besonderes? Ob auf positive oder negative er, sei dahingestellt.

Etwas traf mich am Kopf. Es war weich. Und fühlte sich komisch an. Ein Löffel-Ei?! Sofort drehte ich mich um. „Man antwortet auf Nachrichten, wenn man sie gelesen hat.", hörte ich jemanden sagen. Dann sah ich ihn und wieder kam dieses Gefühl über mich. Diese Wärme. Ich verfluchte sie. Andre saß auf dem Vordach. „Wieso bewirfst du mich mit Schokolade?", fragte ich verwirrt, aber musste zugleich lachen. „Du willst doch nicht etwa anfangen ein Gespräch zu führen?" Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte und warf einfach einen Stein nach ihm. Es war kein großer. Er würde es überleben. „Jetzt nicht gleich handgreiflich werden. Was machst du hier vor meinem Haus? Um diese Uhrzeit, vor allem?" „Ja, ich bin wohl etwas früh dran, wegen deinem Bruder." Ich hörte seine wundervolle Lache. „Alles klar. Möchtest du noch alleine warten oder soll ich dir Gesellschaft leisten?", bot er an. „Ich weiß nicht, ob ich nicht vielleicht doch alleine bleiben sollte.", dachte ich laut. „Wieso? Hast du Angst, dass das Feuer der Leidenschaft über dich kommt und du dich nicht wehren kannst?" Dieser Spinner. Ich hörte jemanden SCH!-machen. Irgendein Rentner hatte wohl ein Problem mit diesem Gespräch – und seiner Lautstärke. Ich kletterte über den Zaun und stand vor dem Haus. „Damit das klar ist, das ist nur, damit ich die Nachbarn nicht störe.", sagte ich. „Soll ich dir helfen?", fragte er. Eigentlich hätte ich das auch allein geschafft, aber ich konnte nicht widerstehen. „Ja, bitte." Er kam heruntergekrabbelt und kurz sahen wir uns an. Dann hob er mich hoch und ich kroch auf das Dach. Er folgte mir. Neben mir ließ er sich nieder. „Und, warum sitzt du hier draußen?", fragte ich. „Nachts kann ich gut denken." „Nicht so wie tagsüber meinst du?" Zur Strafe piekste er mich in die Seite. Erstaunlich, dass er nach einem Jahr noch wusste, dass ich da kitzlig war.

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