Für niemanden.
Johann Friderich, 47. Leukämie; nur noch ein paar Wochen zu leben. Es gab viele solcher Menschen. Mehr, als man sich vorstellen mochte. Leider. Dennoch waren sie auf eine bestimmte Art und Weise nützlich. Zumindest für mich. Oder uns.
Er hatte keine Verwandten und war bereit zu sterben.
Oder eben Schuldiger an einem Mord zu sein. In Wirklichkeit verkauften wir ihm das Zeug als eine Art Medikament, das er testen solle, damit er keinen Verdacht schöpfte. Der Rest ging von allein. Slayer und ich mussten nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein und beobachten. Das war alles. Im Grunde genommen ging es nicht immer darum, jemanden eine Kugel ins Herz zu jagen, sondern manchmal auch einfach nur um sehr präzise Planung.
Slayer und ich saßen auf einer Bank. Und zu allem Überfluss gaben wir auch noch das klischeehafte Paar, das auf einer Bank in der Kälte kuschelte. Mir war echt nicht danach, aber was will man tun?
Die Frau mit den mühevoll gelockten, braunen Haaren machte sich auf, die Straße zu überqueren. Würde das nicht klappen, mussten wir eben doch mal unterwegs auftauchen, ihr was zu essen verkaufen, in dem sich zufälligerweise etwas Haselnuss befindet die bei ihr zu einem tödlichen anaphylaktischen Schock führt. Schade. Aber auch nur Plan B.
Die klischeehafte Nussallergie.
Dann kam er, unser Freund Johann. Unter Medikamenteneinfluss und vollkommen gehirngewaschen drückte er eben einmal weniger auf die Bremse der Straßenbahn. Ein großes Rumpeln untermalte, wie die Tram die Frau wegräumte. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Erst als eine automatische Sperre und die Knochen der Frau die Räder am Drehen hinderten, kam das Fahrzeug zum Stehen.
Wenigstens waren nicht so viele Menschen anwesend und keine Kinder, die den Schock von knackenden und splitternden Knochen erst einmal verkraften mussten.
Dann spürte ich Slayers zitternde Finger auf meinen. Ich musste wohl etwas erschrocken sein wegen des lauten Geräuschs. Schließlich war es auch das erste Mal, dass wir so vorgingen. Jedoch zog ich ruckartig meine Finger weg und stand auf.
Wir redeten nicht, sondern sahen nur einander an.
Dann drehte ich mich und ging. Er lief wie ein treuer Bernhardiner neben mir her. „Musst du nicht irgendwie zu deiner Freundin oder so?", fragte ich. Er erwiderte nichts darauf.
Dann eben nicht, dachte ich mir.
Schweigend liefen wir nun die Straße entlang. Ich spürte diese Leere in meinem Herzen. Niemand war da, den ich lieben konnte. Entweder, weil er eine Freundin hatte oder mich nicht wollte und ein Arsch war. Zum ersten Mal spürte ich Einsamkeit. Aber musste auch zugleich lächeln.
Wie hatte ich es vermisst, mir mal um keinen Typen Gedanken machen zu müssen?
Ich würde ja auch mit meinem eigenen Leben klar kommen. Klar, wenn sich eine ernsthafte Möglichkeit bot, dann würde ich mir das mal überlegen. Aber niemals so intensiv und hineingesteigert wie vorher. Zumindest nahm ich mir das vor, was dann draus wurde, war die andere Frage.
Die Figur in einem meiner Lieblingsfilme hat recht, wenn sie fragt: „Warum reden wir eigentlich immer nur über unsere Beziehungen?". Single bleiben – Stress vermeiden – nicht wahr?
Frieden. Und Freude.
Sehr schön.
Ich fühlte mich wohl in mir selbst, niemand, nicht mal ich allein, hatte nun was an mir auszusetzen und letztendlich kam ich zu dem philosophischen Entschluss, dass es nichts brachte sich immer anpassen zu wollen. Es brachte nur etwas sich zu verändern, wenn man danach mit sich selbst zufrieden war.
Und das war ich fast.
Es war keineswegs meine Intention gewesen ein besserer Mensch zu werden. Vielleicht wirkte ich für andere dadurch noch schlimmer, aber solange ich es gut fand, juckte mich gar nichts mehr.
Ich blieb stehen.
„Möchtest du mich vielleicht ganz unverbindlich küssen?"
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Frozen Love
RandomDie merkwürdige Geschichte von ungeklärten Gefühlen, zwei Auftragskillern und einer feindlichen Übernahme. Danke für über 500 Reads! Love you ❤️