Kapitel 16

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Es sollte soweit sein. Ich stand vor dem alten verfallenen Haus aus der Zeit der Industrialisierung und wartete auf Slayer, während ich versuchte meine Emotionen abzuschalten als wären sie ein Kühlschrank. Irgendwie wollte ich mir einreden, dass alles egal sei. Das blöde daran: es funktionierte nicht. Schließlich kam er um die Ecke, schüttelte seinen Kopf, damit die kleinen Schneeflöckchen hinfort flogen und lächelte wie der Junge auf einer Müsli-Packung. „Wieso genau sind wir hier?", fragte ich und versuchte mich nur auf diese Frage und weniger auf all diese Dinge zu konzentrieren, die in den letzten achtundvierzig Stunden so gelaufen waren. „Es gibt wohl ein Problem mit unserer Sicherheit, aber kein Plan, was genau die meinen...Ich freue mich auch dich zu sehen." Ich lächelte gequält und nickte kaum merklich. Er hielt mir die Tür auf und wir gingen hinein. Im Flur roch es nach DDR und auch optisch mache er keinen sonderlich guten Eindruck. Die Gänge waren schmal und langgezogen und der Putz bröckelte von den Wänden. Jede der schmalen Eisentüren, die den gesamten Weg entlang aneinander gereiht standen, sah so aus als wäre sie schon lange nicht mehr geöffnet worden. Das Geräusch der Schritte hallte den ganzen Weg entlang wider und niemand sagte etwas. Es war unheimlich, nahezu verstörend. Plötzlich blieben wir stehen. Slayer zog die Tür auf und tat sich sehr schwer dabei, bis sie nun endlich offen stand. Neben einem vergitterten Fenster und vollkommen im Dunkeln fanden wir einen Mann vor, der auf einem alten Ohrensessel saß und hinaussah. Ohne uns eines Blickes zu würdigen, geleitete er uns mit einer Handgeste zu zwei Stühlen, die ihm gegenüber standen, Sie waren durch einen Glastisch von ihm getrennt. Als ich mich auf dem Stuhl niederließ, stieg eine kleine Staubwolke richtig Decke empor. Man hatte sich also sehr viel Mühe für dieses Treffen gegeben. Die ersten zwei Minuten fühlten sich an wie zwei Stunden. Hätte der Mann nicht wenige Minuten zuvor diese Geste verübt, hätte ich gedacht, ich sehe mit einem Toten. Ich war mir nicht mal sicher, ob er überhaupt merkte, dass wir da waren, doch wir beide schwiegen vorerst nur – möge es bis zum Morgengrauen sein. Nervös fuhr ich mir durchs Haar. Ich hasste Stille. Sie zerriss alles. Angefangen von schlichten Konservationen, bis hin zur Unterbrechung der verschiedensten Taten. Durch sie nahm man alle Körpergeräusche viel mehr wahr. Jedes Schlucken, Ausatmen, Magenknurren oder Fingerschnipsen wurde offensichtlicher als im Alltag, in dem es vom Lärm erstickt wurde. Aber genau das machte es so ungewohnt und unangenehm für mich. Jedoch schaffte es der Herr nun endlich diese Stille zu brechen. „Guten Tag." Immerhin. Das waren schon zwei Worte mehr als zuvor. Wir nickten. „Schön, dass Sie es zu mir geschafft haben. Sie sind ja nun schon seit einigen Jahren einige der besten Mitarbeiter des Human's problem disposal service und im Namen der Führung spreche ich Ihnen eine große Dankbarkeit für Ihre bisherige Arbeit aus. Doch in letzter Zeit hat sich ein Szenario ereignet, wie es uns zuvor noch nie ereilt hat. Eine Zweitfirma, die vermutlich eine Konkurrenz zu uns darstellen möchte, hat letzte Nacht versucht über unsere PCs auf unsere Kundenkarteien zuzugreifen. Ich muss Ihnen bestimmt nicht erzählen, dass dies hoch sensible Informationen sind. Unglücklicherweise war dies nicht der erste Angriff auf uns, jedoch der erste, bei dem es wirklich knapp war. Diese Firma wird besser und wenn wir Pech haben, trifft es uns irgendwann wirklich und keine Firewall der Welt wird uns davor schützen können. Schwören Sie auf Ihre Firmenloyalität?" Beide erhoben wir unsere rechte Hand und nickten stumm. „Da Sie unsere unauffälligsten und gleichzeitig auch unter anderem talentiertesten Mitarbeiter sind, möchten wir Sie bitten, diese Firma für uns aus dem Verkehr zu ziehen. Finden Sie heraus, wer was tut und weshalb. Wir brauchen ihre Kundenlisten, Kopien der Festplatten und eine Art Organigramm. Beseitigen Sie alle momentanen und zukünftigen Unternehmensführer und werben Sie die stummen Mitarbeiter für unseren Betrieb an. Dann dürften wir wieder auf rosige Zeiten hinauszuschauen haben. Ihr Honorar beträgt je 1,2 Millionen Euro bei sehr guter Ausführung. Konkretere Informationen zum Auftrag und zur Equipmentbeschaffung bekommen Sie zugesandt. Ich danke Ihnen. Sie dürfen den Raum verlassen.", erklärte er. Zeitgleich ließen wir unsere Köpfe nach unten sinken, standen auf und liefen erhobenen Hauptes in Richtung Tür. Wir sollten also mal Superheld spielen. Wieso auch nicht? Ablenkung tut schließlich gut.

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