Kapitel 19 Endlich

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Summer:

Ich stehe vor dem grossen Spiegel in der Schultoilette. Mein Gesicht habe ich mit kaltem Wasser abgespritzt.

Ich fahre mir durch die Haare. Danach schaue ich in meine Hand. Mehr als sonst. Ich möchte mir die Haare in meiner Hand abwaschen, aber sie kleben.

Ein verfluchtes Haar möchte nicht weg. Verzweifelt schlage ich um mich. Und dann fange ich auch noch an zu weinen.

Verfluchte scheisse!

Seit dem ich Krebs habe war ich noch nie so verzweifelt, wegen meiner Krankheit. Abgesehen von der Geschichte mit Alex und Emma. Aber im Moment fühle ich mich einfach nur... Nur. Ich weiss nicht wie ich mich fühle.

Überfordert? Traurig? Wütend? Wahrscheinlich alles.

Ich sitze auf den dreckigen Boden. Neben mir die Tonne, die überfüllt mit Papier ist. Doch es ist mir egal. Ich hocke am Boden und heule. Aussehen tue ich wahrscheinlich wie ein Monster aber es ist mir einfach egal.

Die Tür wird einen Spaltbreit geöffnet. Und wenige Augenblicke später sitzt Emma neben mir.

"Es tut mir leid." Sagt sie mitfühlend, "schwänzen wir den restlichen Tag?" Ich nicke leicht. Sie springt auf und hilft mir dann beim Aufstehen.
"Wie machst du das?" Ich schaue sie fragend an. "Was?" "Auch nach dem weinen so schön zu sein." Nachdem sie mir das gesagt hat gibt sie mir noch ein Taschentuch. "Lügnerin, schmunzle ich.

***

Ich sitze auf Emmas Bett. "Emma kannst du mir bei was helfen?" "Ja, bei was denn?" Ruft sie aus dem Bad. "Nimm einen Rasierer mit und Haargummis." Rufe ich nur zurück.

Nach einer Minute ist sie schon wieder damit den geforderten Sachen. "Ich vermute schon was du vor hast aber erklär es mir trotzdem."

"Es gibt so eine Organisation die machen Perücken, für Krebskranke oder halt Menschen die eine Krankheit haben und wegen dem keine Haare haben, ist jetzt auch egal. Aber ich möchte meine Haare spenden." Emma schaut mich etwas perplex an. "Warum machst du aus deinen Haaren keine Perücke für dich?"
"Ich möchte das es eine Person hat die, ich weiss auch nicht. Ich möchte gar keine Perücke. Dann habe ich halt eine Glatze, ich trage sie mit Stolz denn irgendwie drückt meine Glatze dann ja auch aus wie ich leiden musste und was ich durchgestanden habe. Und alle schauen mich an, was macht man nicht für Aufmerksamkeit." Den letzten Satz sage ich ironisch und werfe meine Haare übertrieben nach hinten.

Emma schmeisst mir lachend ein Kissen ins Gesicht, ich schaue sie nur gespielt empört an.

"Okay Babe, mach dir ein paar Zöpfe und ich schneid dir dann diese Hässlichen Dinger weg. Eigentlich ist es richtig gemein von dir, du lässt ein armes kleines Krebs erkranktes Mädchen deine Hässlichen Fäden tragen." Sagt sie lachend. Ebenso lachend schmeiss ich mich auf sie und kitzle sie aus.

Nach wenigen Sekunden gibt sie sich geschlagen.

"Mach dir Zöpfe Pipi. Ich filme dich, damit wir eine Erinnerung an diesen schönen Moment haben." "Mach was du willst." Sage ich lachend und schüttle meinen Kopf.

Nach 10 Minuten habe ich meine Haare in 8 Teile geteilt und zu kleinen Pferdeschwänzen zusammengebunden.

"Sag was in die Kamera, wir können den Film ja auch zu dieser Organisation schicken."
Da scheint sich eine ja richtig zu freuen meine Haare ab zu rasieren.

"Hallo Kamera, ich bin Summer Molan. Meine Haare kommen jetzt für Krebskranke Menschen, wie auch ich eine bin ab. Ich hoffe die Person die meine Haare bekommt freut sich und einen schönen Tag noch." Am Schluss lache ich leicht in die Kamera.

Ich setzte mich auf einen Stuhl. Emma steht mit dem Rasierer hinter mir. "Mhh?" "Was?" Frage ich sie.
"Ich habe zwei Probleme. Zum einten weiss ich nicht wo die Kamera hin stellen, den ich habe kein Stativ und zum anderen würde ich zuerst deine Haare ganz nah an der Kopfhaut abschneiden und dann erst abrasieren, geht glaub besser."
"Zum ersten, stell die Kamera einfach auf dein Pult mit ein paar Bücher unten dran und zum zweiten, mach es wie du es am besten findest."

Nach wenigen Minuten aber mit viel gebastelte hält die Kamera und mein erster Zopf ist weg.

"Es gibt kein Zurück mehr." Lacht Emma etwas beängstigt. "Sie fallen eh raus. Warum sie nicht für einen guten Zweck benutzen?"

Emma atmet noch einmal tief ein und aus. Und schon ist der nächste Zopf weg.

Als sie fertig ist mit dem abschneiden legt sie alle Zöpfe in einen Plastiksack und mustert mich. "Warum hast du nie einen kurzen Haarschnitt gemacht. Steht dir."
"Du bist ja gerade dran." Lache ich, "ganz oder gar nicht würde ich sagen."

Nach weiteren 10 Minuten sind alle Haare weg. Eine grosse Erleichterung kommt in mir hoch. Ich fahre mir sachte über den Kopf. Das Gefühl ist äusserst ungewöhnlich.

"Endlich." Stosse ich hervor. Ich lache Emma an. "Endlich. Ich muss mir keine Gedanken mehr über meine Haare machen. Ich muss nicht mehr mitansehen wie sie ausfallen. Ich... Ich kann endlich ausatmen."

Forget Me!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt