Kapitel 22 Ich habe Angst

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Alex:

Ich liege neben Summer auf dem Krankenhausbett. Ihr Kopf liegt auf meiner Brust, ihre Hand habe ich umschlungen.

Mrs. Molan hat mir erlaubt über Nacht im Krankenhaus zu bleiben. Den Ärzten gefällt das nicht aber Summer hat ein Einzelzimmer und ihr geht es soweit gut also konnten sie nichts dagegen sagen.

Ich achte auf ihren regelmässigen Atem. Sie sieht so friedlich aus. Leicht öffnet sie die Augen.

"Es ist grusselig wenn du mich so beobachtest." meint sie halb schlafend aber lächelnd. "Ich habe Angs." Meine ich nur. Sie schmiegt sich fester an mich. "Ich auch."

Ich merke langsam wie mich die Müdigkeit überfällt. Schliesslich gebe ich auf und las es zu, ich schlafe ein.

***

"Alex! Alex! Alexander! Steh auf." Brüllt mich eine schrille Stimme an. Verschlafen öffne ich meine Augen. Direkt davor ist Mrs. Molan. Ich schrecke erschrocken zurück.

"Warum bist du nicht aufgewacht?" fragt sie mich wütend. In ihren Augen bilden sich Tränen. "Warum hast du es nicht bemerkt?"

Was?

Ich schaue mich im Raum herum. Alles ganz normal, wie gestern nur etwas fehlt. Ich schüttle leicht meinen Kopf und reibe meine Augen. Nicht etwas sondern jemand fehlt. Summer.

"Wo ist Summer?" frage ich verwundern.

"Weg, wegen dir! Du bist nicht aufgewacht. Warum hast du es nicht gemerkt?" Brüllt sie mich an, "Warum hast du es nicht gemerkt!" Jetzt schreit sie aus Leibes Kräften. Erschrocken weiten sich meine Augen und ich rutsche immer mehr zurück.

Jetzt greift sie sich an den Kopf und reist sich die Haare raus. "Möchtest du mir auch was Tätowieren? Irgendein Zitat wie: Das Leben ist schön?! Das bringt sie auch nicht zurück! Es ist deine schuld du bist nicht aufgewacht!"

Plötzlich verändert sich Mrs. Molans Gesicht. Es wird jünger, ihre Haare wachsen nach und nach wenigen Augenblicken steht Summer vor mir. "Ich habe einen Neuen." Sie lacht giftig, "Ich liebe dich nicht, ich habe dich nie geliebt." Ihr Lachen wird lauter und unerträglicher. Sie dreht sich um und dort steht Brian, der Tätowierer und sie küsst ihn, steckt ihn mit voller Wucht ihre Zunge in seinen Hals.

Ich bin wie versteinert auf dem Bett ich kann mich nicht bewegen, nicht sprechen, nicht wegschauen, einfach nichts kann ich tun ausser leiden.

Doch schon bald ist es vorbei Brian verschwinden, Summers Haare fallen aus dem nichts auf dem Boden und das Zitat erscheint auf ihren Hinterkopf, doch ich kann es nicht lesen. Sie dreht sich um, ihre Augen sind verheult.

"Ich habe Angst, Alex. Hilf mir! Hilf mir, Alex. Rette mich." Sie verblasst immer mehr und auch ihre Stimme scheint immer weiter weg zu gehen. Doch ich kann nichts tuen. Ich bin versteinert. "Alex hilf mir!" Höre ich sie noch rufen doch dann ist sie ganz weg.

***

Schreiend schrecke ich hoch. Bis ich realisiere das Summer neben mir liegt, es stockdunkel ist und Mrs. Molan nicht vor mir steht vergeht einige Zeit. "Was ist denn mit dir?" Fragt eine Müde Stimme neben mir. "Nur ein Albtraum." Summers Hand drückt mich leicht gegen die Brust. Ich lege mich wieder hin "Schlaf einfach weiter. Es gibt keine Monster unter dem Bett." Ich lache leicht auf, nur klingt es nicht sonderlich natürlich. Doch Summer hat es nicht mitbekommen denn sie schläft schon wieder seelenruhig.

Ich schliesse meine Augen und versuche wieder einzuschlafen.

***

Ein sanftes kitzeln auf meiner Wange weckt mich. Zum gefühlt 1000-mal öffne ich verschlafen meine Augen. Summer liegt auf der Seite und streift mir mit einer weissen Feder über die Wange. "Guten Morgen Schlafmütze." Ihr lächeln ist so wunderschön.

"Morgen." meine ich nur und gebe ihr einen zarten Kuss auf die Lippen.

Wir liegen lange einfach so rum und schauen uns an. Summer spielt noch etwas mit der Feder vor unseren Gesichtern. Auf einmal färbt sie sich langsam rot. Als würde etwas Rotes auf sie tropfen. Ich hebe meinen Blick und sehe dass es von Summers Nase kommt. Sie reagiert nicht.

"Deine Nase!" Rufe ich. Panisch stehe ich auf und drücke den Arztknopf. " Ich hole dir was." Doch als ich losgehen wollte scheinen meine Beine festgeklebt zu sein. Ich kann nicht gehen. Ich schaue geschockt zu Summer. Doch diese spielt weiter mit der tropfend roten Feder. "Summer! Mach was! Summer." Ich brülle sie an, doch keine Reaktion, als würde sie mich nicht sehen oder hören. Ein Arzt oder so ist auch nicht in Sicht.

"Summer, du blutest." jetzt schaut sie in meine Richtung, aber spielt trotzdem mit der Feder weiter. "Na und? Ich werde sterben Alex. Das kannst du nicht verhindern. Vielleicht verblute ich jetzt. Was schon noch witzig wäre ich meine welche Person stirbt wegen Nasenbluten?" Ich schüttle hysterisch meinen Kopf. "Das ist nicht witzig! Mach etwas! Alles ist schon voll." Ihre ganzen Kleider sind schon mit Blut aufgesaugt. "Du kannst genau so wenig ändern wie ich. Ich werde sterben, sieh es endlich ein. Mein Leben wird bald zu Ende sein." Langsam verfärbt sich auch das Bett.

"Ich habe Angst." Sage ich, ich spüre schon wie sich meine Augen mit Wasser füllen. "Ich auch. Aber das ist der Zyklus des Lebens. Man wird geboren und ein paar Jährchen später stirbt man.

"Komm zu mir. Ich möchte dich halten, berühren. Ich möchte bei dir sein." flehe ich. "Aber ich sterbe doch alleine." Sie kommt mir wie ein 5 Jähriges Kind vor.

Ihr Körper verschwindet langsam im roten Bett. Sie tarnt sich wie ein Chamäleon. "Ich liebe dich. Bleib bei mir." flehe ich weiter. "Du kannst mich nicht retten. Du kannst nichts machen ausser zusehen wie ich sterbe. Du bist ein Zuschauer." lacht sie.

"Das ist nicht witzig." meine ich verzweifelt. "Ohne meine Ironie würde ich nur weinen."

Jetzt verfärbt sich auch der restliche Raum in einem zu schnellen Tempo für meinen Geschmack. Nur ich bleibe normal. Und nun verfärbt sich auch Summers Gesicht, Hände und Beine. "Bleib, ich brauche dich." "Für was?" fragt sie ernst. "Zum Leben." "Zeit alleine zurecht zu kommen." "Bleib! Bleib! Bleib!" Flehe ich. Ich breche auf dem Boden zusammen und weine bitterlich. "Komm zurück! Komm zurück! Ich liebe dich! Ich schaffe es nicht ohne dich! Komm zurück! Ich liebe dich!" Meine Stimme wird leiser bis sie ganz erlischt.

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