Kapitel 40 Ich versuche es

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"Ich möchte den Brief zuhause lesen." sage ich leise.

"Okay. Mach dich fertig. Zieh dich um. Ich warte draussen. Las dir Zeit, ich muss mich auch noch umziehen." Sie lässt meine Hand los und geht.

Ich bleibe noch sitzen. Nach und nach höre ich wie die anderen grölend rein kommen.

Langsam aber sicher stehe auch ich auf. Mit schleifenden Schritten gehe ich zu meiner Sporttasche. Meine Ausrüstung liegt sauber geordnet neben ihr. Ich halte nach Joe Ausschau. Als ich ihn entdeckt habe nicke ich dankend. Kein anderer der Jungs hätte das für mich getan.

Ich streife den Rest meiner Kleider von mir, schnappe mein Tuch und verschwinde in die Dusche.

Wie immer kommt zuerst gefühlt eine halbe Stunde nur kaltes Wasser aus dem Duschkopf. Das kalte Wasser ist im Moment jedoch sehr angenehm. Es bringt mich zurück zur Realität. Langsam kann ich wieder einen klaren Gedanken fassen. Ich schliesse meine Augen.

Zu duschen hat immer eine beruhigende Wirkung auf mich. Direkt nach Summers Tod stand ich jeden Tag unter der Dusche und lief einfach das Wasser laufen.

Jedoch als wieder Gebrülle ertönt ist die Entspannung vorbei. Schnell stelle ich die Dusche ab und verschwinde wieder in der Umkleide.

Aus meiner Sporttasche nehme ich mir ein frisches blaues T-Shirt, eine frische Calvin Klein Boxershorts und eine frische Jeans.

Ich ziehe mich schnell an, packe meine Tasche.

Aus meiner Jackentasche ziehe ich den Brief von Summer hervor.

Er ist in einem verschlossenen Couvert. Auf dem Couvert steht, "Für Alex. Mein ein und alles. Ich liebe dich." So oft habe ich diese Zeilen schon gelesen, aber nie geschafft das Couvert auf zu machen und den Brief zu lesen.

Ich stecke das Couvert wieder zurück in die Jackentasche, schnappe meine Sporttasche und verschwinde.

Draussen wartet schon Chloe. Sie trägt einen schwarzen Rock, der ihr bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel geht, ein Bauchfreies grünes Shirt und eine Lederjacke. Über der Schulter hängt ihre Sporttasche.

"Wollen wir?" fragt sie.

"Ich fahre."

Wir laufen schweigend zum Auto.

Beim Auto angekommen schmeissen wir unsere Taschen in den Kofferraum. Kurze Zeit später fahren wir los.

"Wir haben die Meisterschaft gewonnen. Warum gehst du nicht mit den anderen feiern, sondern gehst mit mir mit und hilfst mir den Brief meiner verstorbenen Freundin zu lesen?" frage ich nach 5 Minuten.

"Ganz ehrlich. Ich weiss es nicht. Aber du wirkst auf mich so als ob du Hilfe brauchst und ich gebe dir nur zu gerne diese Hilfe. Weil ich dich gerne habe." sagt sie und schaut mich von der Seite an.

Der Rest der Autofahrt ist es wieder ruhig.

Nach weiteren fünf Minuten kommen wir bei mir an.

Die Lichter im Haus sind aus, niemand ist zu Hause.

Wir nehmen unsere Taschen vom Kofferraum und gehen in mein Zimmer.

Chloe war noch nie bei mir. Wir waren immer draussen oder bei ihr.

"Ich habe mir dein Zimmer anders vorgestellt." sagt sie kichernd, "Mehr unordentlich und mit Poster oder Medaillen und Trophäen."

"Von was sollte ich Trophäen haben?" frage ich verwirrt.

"Football."

"Die sind alle in der Schule. Ich hätte für die gar keinen Platz in meinem Zimmer, viel zu viel habe ich mit meinem Team schon gewonnen." Scherze ich.

"Ja klar." Chloe schmeisst sich auf mein Bett. Sie haut neben sich auf die Bettdecke, "Komm her."

Ich gehe zu ihr und mache es mir bequem. Den Brief lasse ich jedoch keine Sekunde aus meiner Hand.

"Ist das der Brief?" fragt Chloe.

Ich nicke.

"Soll ich ihn öffnen?"

Diesmal schüttle ich den Kopf.

Zum letzten Mal lese ich die sauber geschriebenen Zeilen, "Für Alex. Mein Ein und Alles. Ich liebe dich."

Ich zerreisse das Couvert und öffne den Brief.

Ich atme noch einmal tief ein und aus. Dies sind die letzten Worte von Summer.

Chloe nimmt eine Hand von mir. "Ich bin bei dir. Es ist alles gut." flüstert sie.

Ich beginne zu lesen.

Geliebter Alex

Wie lange bin ich schon Tod als du diesen Brief liest? Zwei Wochen? Drei? Sogar schon ein oder zwei Monate?

Zwei Monate.

Mir ist klar dass du so lange brauchst. Ich könnte das nicht. Ich wäre viel zu Neugierig.
Und wer musste dir helfen? Ich kenne dich. So Zeug machst du nie alleine. Das ist gut. Denn wegen so etwas liebe ich dich. Ich liebe dich in alle Ewigkeit Alex.
Aber ich bitte dich, liebe mich nicht in alle Ewigkeit. Das ist zwecklos.
Verliebe dich in die Person mit der du diesen Brief liest. Mir egal wer. Auch wenn es Emma oder Raven ist. Du sollst dich einfach wieder neu verlieben. Ich ertrage den Gedanken nicht, dich alleine, weinend, traurig in deinem Zimmer. Denn so bist du nicht.
Du bist ein fröhlicher, netter, aufgestellter, sportlicher, unglaublich heisser, gutaussehender, liebenswerter Mensch. Der dass alles nicht verdient hat.
Mein letzter Wunsch an dich ist das du all die Dinge machst die wir vorhatten, reisen, studieren, am Anderlin College. Wage es ja nicht das College zu wechseln nur weil ich jetzt nicht dabei bin. Am besten machst du das alles mit deiner neuen Freundin.
Wer weiss vielleicht gibt es sowas wie einen Himmel und ich sehe alles von oben, oder vielleicht gibt es Geister und ich bin Hautnah dabei. Okay ich glaube das Beruhigt dich jetzt nicht. Aber denke immer an meine Worte wenn du dich neu verliebst. Du sollst, du musst sogar. Sonst zerbrichst du.
Alex du bist meine grosse liebe des Lebens aber ich nicht deine. Deine wartet irgendwo auf der grossen, weiten Welt und du findest sie. Ich weiss es.
Das einzige was ich möchte ist das du glücklich bist, egal mit wem.

Deine Summer

Ich lege den Brief nieder und drehe meinen Kopf, damit ich Chloe anschauen kann.

Okay Summer. Ich versuche es.

***

Dass ist beinahe das letzte Kapitel. Es kommt noch ein Prolog. Trotzdem hoffe ich dass euch meine Geschichte gefallen hat.

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