Hab' ich zu kühn nach hellem Wissen,
Nach ungefärbtem Licht gestrebt,
Den Schleier allzukeck zerrissen,
Der sich um Kinderaugen webt?Friedrich Theodor Vischer, Angst
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag Pan nicht mehr neben mir. Erschrocken fuhr ich auf - und sah ihn neben dem Bett stehen. Er hatte mir den Rücken zugewandt und wickelte den Verband ab, der bis jetzt um seine Brust geschlungen war.
„Was machst du denn da?", fragte ich ungläubig. „Das ist..."
Ich verstummte. Pan hatte sich zu mir umgedreht und jetzt starrte ich auf seinen Bauch - und zwar nicht wegen seiner ziemlich gut definierten Bauchmuskulatur, auch wenn das auch ein Grund sein könnte. Die Wunde, die gestern noch unglaublich schmerzhaft ausgesehen hatte, war beinahe gar nicht mehr zu sehen, und auch auf seinen Rippen zeugten nur noch einige Blutergüsse davon, dass sie vor wenigen Stunden noch angeknackst gewesen war.
Pan sah mich grinsend an.
„Ist irgendwas?"
„Äh... nein, nein."
Ich versuchte, möglichst schnell wegzusehen. Was nicht so einfach war, wenn direkt über den Bauchmuskeln seine Brustmuskulatur mindestens genauso gut trainiert war. Mann, was macht der Kerl nur in seiner Freizeit? Bodybuilding?, dachte ich fassungslos und schaffte es endlich, mich von dem Anblick loszureißen. Ziemlich perplex starrte ich vom Bett zu ihm hoch.
„Ich hab dir doch gesagt, dass es verheilt", sagte Pan und ließ sich neben mich fallen. Als er nach seiner Weste griff, war ich beinahe enttäuscht. Ich bezweifelte, dass es in meiner Welt viele Leute gab, die so verdammt gut aussahen. Und, Himmel, das ist nicht übertrieben!
Pan grinste ein Grinsen, wie man es auch nicht oft sah - allerdings aus anderen Gründen.
„Mach den Mund zu, sonst bleibt das so."
Ganz kurz war ich zu perplex, um zu reagieren, bevor ich mich fing und ihm einen bösen Blick zuwarf. Mein Mund war gar nicht offen gewesen. Pan lachte, zog mich an sich und küsste mich. Selbst an meinen Lippen konnte ich sein Grinsen spüren. Mir fiel auf, dass er seine Weste immer noch nur in der Hand hielt. Verdammt, das macht er doch mit Absicht! Pan ließ mich wieder los, noch immer lag dieses selbstzufriedene Grinsen auf seinen Zügen. Na warte.
„Na, das geht aber besser."
Verwirrt sah er mich an.
„Was?"
Ich konnte mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
„Das mit dem Küssen", sagte ich möglichst gelassen. „Das hast du auch schon besser gemacht."
So plötzlich, dass ich vor Überraschen quietschte, lag ich auf dem Bett, Pan hatte sich über mich gebeugt und hielt meine Handgelenke fest, ein amüsiertes Funkeln stand in seinen Augen.
„War das eine Herausforderung?"
„Vielleicht."
„Na gut", meinte er und auch wenn er versuchte, es zu verhindern, schlich sich trotzdem ein leichtes Grinsen auf seine Züge, während er sich ganz nah über mich beugte. Seine Lippen waren beinahe an meinem Ohr, als er sagte: „Meine Ehre veranlasst mich dazu, eine Solche dann auch anzunehmen."
Oh, das tat er. Pan küsste mich - und zwar richtig. Ich weiß, dass war erst der vierte richtige Kuss meines Lebens - und einer davon war auch noch ziemlich abrupt unterbrochen worden - aber daher, dass mir der Kopf schwirrte, konnte ich wohl davon ausgehen, dass der Kuss einfach nur verdammt gut war. Ich hatte das Gefühl, dass es nur noch Pan und mich auf der Welt gab, alles andere um uns herum schien zu verschwinden und an Bedeutung zu verlieren. Mein Mund öffnete sich wie von allein. Mein Herz stolperte einige Takte, und der Geruch von Wald, Magie und einfach nur Pan hüllte mich ein und raubte mir den Atem. Als er von mir abließ, kribbelten meine Lippen und ich brauchte etwas, um wieder zu Atem zu kommen. Ich schaffte es gerade so, ihn anzustarren, zu mehr war ich nicht fähig. Mit einem - verdient - selbstzufriedenen Grinsen ließ er meine Handgelenke los und sprang vom Bett herunter. Alles, was ich denken konnte war: Oh. Mein. Gott!
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Nebelsucher - Kinder des Waldes
ParanormalEin nerviger Elf, der dich in die Nebellande entführt? Ein grantiger Zauberer, der dir erzählt, du bist eine Magierin? Ein Heer verdammter Fantasywesen, das Jagd auf dich macht? Keira kann es nicht fassen. Und zu dem ganzen Schlamassel mit der Magi...