Das Hexenhaus

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Mein Haus, es steht nun mitten

Im Silberdistelwald.

Pan ist vorbeigeschritten.

Was stritt, hat ausgestritten.

In seiner Nachtgestalt.

Oskar Loerke, Im Silberdistelwald

Als ich über die Schwelle des Hauses trat, schlug mir der Geruch von unzähligen Kräutern entgegen, so intensiv, dass ich niesen musste. Der ganze Eingangsbereich - ein vielleicht zwei Meter breiter Flur - war mit unzähligen getrockneten Pflanzen ausgefüllt, die von der Decke hingen. Ich drehte mich zu den anderen um - Pan zögerte vor dem Eingang sichtlich.

„Was ist los?", fragte ich.

„Das Haus ist mit Zaubern belegt." Pan verdrehte die Augen. „Immer noch. Ich hab keine Lust, dass wir später in diesem Teufelshaus festsitzen, ohne wieder raus kommen zu können."

Ich nickte. Den Gedanken, dass er in seiner momentanen Verfassung vielleicht gar nicht alle Zauber erspüren konnte, behielt ich lieber für mich. Kaum dass sie ins Innere des Hauses getreten waren, ließ Gin Pan los, als hätte er sich verbrannt. Pan verzog das Gesicht, als sein linker Arm wieder ruckartig bewegt wurde.

„Zur Hölle, Gin!"

„Was denn?", erwiderte er ungerührt. „Ich kann ihn nicht leiden - warum sollte ich dann vorsichtig sein?"

Ich rang die Hände, sagte aber nichts. Es würde eh nichts bringen.

„Das beruht auf Gegenseitigkeit", erwiderte Pan mit ei­nem schwachen Grinsen, das alles andere als freundlich war. „Also, wenn's euch recht ist..."

Er lehnte sich an die Wand und ließ sich daran entlang auf den Boden sinken. An dem Holz - das hier drinnen um einiges lebendiger aussah als von außen - blieb etwas Blut zurück. Pan legte den Kopf zurück und lehnte ihn gegen die Wand, bevor er die Augen schloss.

„Tiberius? Ist das so gut, wenn er da einfach... so sitzen bleibt?"

Tiberius zuckte mit den Schultern.

„Unter normalen Umständen nicht, aber dieses Holz scheint noch ziemlich lebendig zu sein."

Verständnislos sah ich ihn an.

„Er ist ein Naturgeist, Keira", erklärte der Magier mit ei­nem Seufzen. „Wenn Wald oder Holz oder irgendetwas anderes Natürliches um ihn herum ist, heilt er bedeutend schneller."

Kopfschüttelnd sah ich zu Pan, der sich nicht regte. Es sah ganz so aus, als wäre er eingeschlafen. Trotz unseres Geredes und des sicher ziemlich unangenehmen Schlaf­platzes.

„Das heißt also, er braucht einfach nur ein paar Blätter und dann heilt er gleich doppelt so schnell?"

Das konnte ich mir irgendwie nicht richtig vorstellen. Tiberius hielt sich die Nasenwurzel, als würde ich ihn ungemein aufregen.

„Auch wenn das ziemlich herablassend ausgedrückt ist, in gewisser Weise... ja."

Ich nickte langsam. Interessant.

„Mir ist eigentlich ziemlich egal, was mit dem Idioten ist", stellte Gin desinteressiert fest.

Tiberius fixierte ihn mit einem Blick, dem man einfach nicht ausweichen konnte und der wirkte, als würde der Magier einem direkt in die Seele gucken.

„Halte deine Zunge in Zaum, Junge. Die Hausherrin hasste Feindseligkeiten. Und das hat sich mit ihrem Tod sicherlich nicht verändert."

Bei seinen Worten durchlief mich ein kalter Schauder.

Nebelsucher - Kinder des WaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt