Beben

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Der schwarze Sturm, der sich am Himmel türmt,
Löscht eines düstren Abends banges Licht.
Aus abgestorbnen Eichen jagt und stürmt
Ein Rabenvolk, wie schwarzer dicht.

Georg Heym, Arabeske

Wir liefen noch, bis wir den nun geheilten Wald verlas­sen hatten. Mittlerweile war die Dämmerung heraufgezo­gen und tauchte das scheinbar ewige Feld, das vor uns lag, in gleißend rotes Licht, sodass es aussah, als würde es in Flammen stehen. An sich sah das hohe Gras aller­dings nicht wirklich gesund aus. Eher gelb. An beiden Seiten war das Tal von gigantisch hohen, schiefergrauen Felswänden eingefasst, die sich bedrohlich in den gelbli­chen Wolken­himmel erhoben. Aber hier war wenigstens nichts mehr von der Eisenenergie zu spüren, auch wenn das drückende Gefühl, dass seit gestern Abend nicht nachgelassen hatte, immer noch da war. Wahrscheinlich war der Wald hinter uns jetzt der gesündeste Ort im ganzen Reich der Verdammten. Der Gedanke war irgend­wie traurig, doch ich schüttelte ihn schnell wieder ab. Es gab Wichtigeres zu tun. Tiberius hielt auf die linke der hohen Steinwände zu, ohne sich umzublicken.

„Wir werden die Nacht in einer der Höhlen verbringen."

Höhlen? Ich hatte keine Höhlen gesehen. Doch als wir näher kamen, sah ich sie, unzählige schwar­ze Einkerbungen in der Felswand, als hätte jemand mit Kanonen darauf gefeuert. Die Wand selbst ging so un­endlich hoch, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, um ihr Ende zu sehen. Das war doch mal wirk­lich bedrohlich. Ich kam mir so winzig vor wie eine Maus. Pan - dem es mittlerweile wieder viel besser ging - schien das nicht zu stören. Mit einem Satz sprang er auf den ersten erreichbaren Vorsprung im Fels, gut und gerne vier Meter über dem Boden.

„Was ist los?" Mit einem spöttischen Grinsen verschränkte er die Arme. „Kommt ihr?"

Tiberius sah aus, als hätte er ihn gerne verflucht. Als ich Gin einen Blick zuwarf, sah er - erwartungsgemäß - so aus, als würde er Pan am liebsten den Kopf abschlagen. Da konnten wir nur hoffen, dass keiner der beiden seine stumme Drohung wahr machte. Einige Sekunden lang starrte Pan noch amüsiert zu uns runter, bevor er mit einem Sprung wieder vor unseren Füßen landete.

„Na dann kommt mal."

Er nahm meine Hand und noch bevor ich reagieren konnte, stand ich schon zehn Meter weiter oben. Ich bedachte ihn mit einem bö­sen Blick. Er schnitt eine Grimasse, grinste und sprang noch einmal runter. Im nächsten Moment tauchte er mit Grey wieder neben mir auf, die Luna auf dem Arm trug. Sie schien ziemlich überrascht, erhob allerdings keinerlei Einwände, während sie die junge Wölfin wieder auf die Pfoten stellte. Pan warf einen Blick nach unten. Tiberius und Gin mussten die Köpfe in den Nacken legen, um uns zu sehen.

„Hm... wenn ich es mir recht überlege... Ich glaub, ich lass euch da unten", rief er gut gelaunt.

„Keijo Pandorys, wenn du das wagst, sind die Verdamm­ten ab sofort deine kleinste Sorge!"

Pan", sagte ich entnervt.

Er lachte nur.

„Was denn?"

Hoffnungslos. Bei dem kommt jede Erzie­hung zu spät.

Pan verdrehte die Augen.

„Ist ja schon gut."

Mit einem Satz war er unten, einen Moment später stand er mit Tiberius an seiner Seite wieder neben uns. Gin stand immer noch unten und sah verdammt sauer aus.

„Hey!"

Pan grinste nur und zuckte locker mit den Schultern.

„Weder kann ich dich so gut leiden noch machst du mir genug Angst, um mich davon zu überzeugen, dich hoch zu holen."

Nebelsucher - Kinder des WaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt