Ende einer Reise?

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Aufs neue dann, von ew′gem Durst getrieben,
Indes gleich Flocken Welten um dich stieben,
Raffst du dich auf an deinem Wanderstab
Und fragst die Brandung neuer Oceane,
Die Flammenherde werdender Vulkane

Adolf Friedrich Graf von Schack, Der ewige Wanderer

Nachdem wir unsere - sehr ausführlichen und dement­sprechend dauernden - Erzäh­lungen beendet hatten, sah Taramyria uns lange schweigend an.

„Ich verstehe." Sie nickte hoheitsvoll. „Ihr seid also auf­gebrochen, um deine Schwester zu befreien, und seid dabei mit Soryas aneinander geraten." Ihr Blick wanderte von Cherry, die mittler­weile etwas wackelig auf den Beinen stand, zu Pan, der an eine Wand gelehnt dasaß und ziemlich bedeppert aussah, aber wenigstens wieder bei Bewusstsein war. „Aber was ich nicht verstehe ist, wie du es überlebt hast, einen solchen Zauber anzuwenden."

„Pures Talent?", bot Pan mit einem schiefen, ziemlich müden Grinsen an. Taramyria lächelte nachsichtig.

„Das können wir auch morgen noch besprechen." Sie musterte einen nach dem anderen. „Ihr seht alle aus, als könntet ihr Schlaf und eine vernünftige Malzeit gebrauchen. Vor allem du."

Ihre letzten Worte waren an Cherry gerichtet, die über­rascht aufsah, ihre kalk­weißen, eingefallenen Wangen schienen ihr ziemlich wehzutun, als sie sich an einem Lächeln versuchte.

„D-Danke."

Die Königin lächelte und deutete nach draußen, bevor sie ein Mal mit den Fingern schnipste.

„Auf euren Zimmern findet ihr etwas zu Essen und genug Betten, dass sie für euch alle ausreichen."

Damit waren wir entlassen. Ziemlich erleichtert ging ich auf Cherry zu und legte mir ihren einen Arm über die Schultern. Es tat so gut, sie zu berühren, zu wissen, dass sie wieder da war. Dass sie lebte. Sie grinste schwach. Auch Pan kam mühsam auf die Beine, wobei er ziemlich schwankte. Widerwillig ließ er zu, dass Tiberius und Gin - der nicht sonderlich glücklich darüber aussah - ihn stützten. Grey lief neben den dreien - und passte auf, dass Gin Pan nicht aus Rache wegen was-auch-immer einen Schlag in die Seite versetzte -, Luna trottete treu an ihrer Seite, auch die Wölfin sah reichlich erschöpft aus. Somit liefen Cherry und ich etwas abseits und konnten mehr oder weniger ungestört reden.

„Alles in Ordnung?"

„Nur müde." Sie grinste schief. „Und hungrig. Ziemlich sogar."

„Das glaube ich dir."

Ich wollte so viel sagen, aber nichts hätte aus­drücken können, wie erleichtert ich war, sie wiederzu­haben. Selbst wenn Dad... Ich verdrängte den Gedanken. Darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. Schweigend liefen wir weiter, doch es war ein einvernehmliches Schweigen, und darüber war ich verdammt glücklich. Mir ging Soryas Blick einfach nicht aus dem Kopf. Die­ses Lächeln... Als wollte er uns entkommen lassen. Ich verstand es nicht, und das beunruhigte mich irgendwie. Als wir die Türen zu unseren Zimmern erreicht hatten, stieß ich die zu dem von mir und Pan auf. Ungläubig starrte ich auf den reich gedeckten Tisch, der in der Mitte des Zimmers stand.

Der beim letzten Mal eindeutig noch nicht da gewesen war.

„Da hat Taramyria wohl ganze Arbeit geleistet."

Pans Stimme klang ziemlich müde. Gin verdreh­te die Augen und sah verdammt so aus, als würde er Pan am allerliebsten einen Tritt verpassen. Sowohl Grey als auch ich bedachten ihn mit einem strafenden Blick. Er grinste, sagte - und tat zu seinem Glück - aber nichts. Tiberius und er wollten Pan ins Zimmer helfen, doch Pan entwand sich ihren Griffen und schlüpfte selbst ins Zimmer.

Nebelsucher - Kinder des WaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt