Während Valentine in der Küche wartete, feuchtete ich ein Tuch unter dem Wasserhahn an. Ich hatte erst vorhin bemerkt, dass auch seine Stirn eine Wunde davon getragen hatte. Seine fettigen Haare hatten es verdeckt, und so war Dreck in die Wunde gekommen. Ich wollte sie so schnell wie möglich desinfizieren, aber damit kannte ich mich nicht aus. Ich hatte mal gehört dass Alkohol gut zum desinfizieren war, aber ich wusste gar nicht ob wir etwas im Haus hatten. Wasser tut's bestimmt auch erst mal., hatte ich beschlossen.
Als ich mich zu meinem Patienten umdrehte, sah ich wie er sich genau umsah. Als er meinen Blick bemerkte schaute er zu mir. Sein Gesicht war müde, als habe er eine Weile nicht gut oder gar nicht geschlafen. Seine Nase blutete immer noch undber hielt sich ein Taschentuch davor.
,,Deine Eltern müssen ganz schön viel Geld haben.", merkte er an und wandte den Blick wieder ab.
,,Sie besitzen eine große Firma.", war meine Antwort. ,,Programmentwicklung, glaube ich."
,,Glaubst du?"
,,Sie sprechen mit mir nicht wirklich darüber."
Ich beugte mich zu ihm herab und strich ihm das rote Haar aus der Wunde. Seine Augen hafteten am mir. Es erinnerte mich ein wenig an ein junges Pferd, welches zum ersten mal einen Sattel bekam. Irgendwie misstrauisch, aber dennoch neugierig darauf was der Reiter als nächstes tun würde.
Ich tupfte das feuchte Tuch vorsichtig auf den Kratzer. Valentines Körper zuckte leicht zusammen, aber es schien mir nicht so als habe er schmerzen. Es war eher als habe er Angst. Vor mir, dem Reiter.
Ich lächelte leicht und versuchte so liebenswürdig wie möglich auszusehen. Ich wollte nicht dass er Angst hatte. Moment... Ich wollte es nicht? Ja. Ich wollte dass er mich mochte, nicht dass er Angst hatte.
Seine Augen leuchteten. Erst jetzt fiel mir auf was für ein schönes Blau sie hatten. Es schien beinahe so, als wären es Blitze, die genau in mein Herz einschlugen. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden.
,,Bist du froh darüber in einer reichen Familie zu leben?", riss Valentine mich aus meinen Gedanken. Ich blinzelte und wandte mich wieder an seine Wunde. Diese Frage überraschte mich etwas. ,,Ich hatte immer was ich brauchte.", sagte ich etwas zögernd. Ich wollte nicht dass er das falsch verstand. Er musterte mich und wartete darauf dass ich mehr sagte.
,,Ich habe natürlich trotzdem gelernt wie man selbst zurecht kommt."
,,Hast du Geschwister?", fragte Valentine ohne auf das einzugehen was ich gesagt hatte.
,,Nein, ich bin Einzelkind." Ich zog ein Pflaster vom Tisch, welches ich schon bereit gelegt hatte.
,,Das heißt du wirst die Firma und das alles erben. Richtig?"
Erstaunt sah ich ihn an. Er hatte eine erstaunliche Auffassungsgabe!
,,Ja... Das is richtig.", meinte ich langsam. Ich seufzte. ,,Die Erwartungen sind sehr hoch. Ich weiß manchmal nicht, ob ich das wirklich schaffen kann…"
Warum erzähle ich ihm das?!, dachte ich ungläubig und etwas verlegen. Ich hatte das noch nie jemandem erzählt!
Ich glaubte es nicht, aber als ich ihn wieder anschaute, lächelte er.
,,U-Und, was ist mit dir?", versuchte ich schnell das Thema zu wechseln.
Das lächeln verschwand und sein Gesicht sah wieder aus wie vorher: starrsinnig und misstrauisch.
,,Das is nicht wirklich interessant.", war seine Antwort. Etwas enttäuscht sah ich ihn an, aber ich wollte nicht nachhacken.Als ich seine Wunden versorgt und seine Nase aufgehört hatte zu bluten, stand er auf und wollte gehen. Doch genau in diesem Moment hörte ich ein Auto. Schnell sah ich aus dem Fenster. Die Einfahrt lag genau im Blickfeld, also konnte ich ganz gut sehen wie das Auto meines Vaters die Einfahrt hinauf fuhr. Er würde uns sofort sehen wenn er ausstieg!
,,Scheiße!", fluchte ich. Valentine schien überrascht, als ich ein Schimpfwort benutzte. ,,Wenn meine Eltern dich sehen...-" ,,Verstehe schon. Sie sind also streng!"
Ich machte ein entschuldigendes Gesicht. ,,Sorry... Besucht muss ich mindestens 1 Woche früher ankündigen. Und sie wollen die Eltern kennenlernen bevor ich mich mit irgendwem treffe." Außerdem weiß ich nicht wie sie reagieren würden, wenn ich ihnen den Typ aus der Zeitung vor setzte der auch noch so aussieht!, fügte ich in Gedanken hinzu.
,,Wow...", er schien schier belustigt. Ich sah mich um. Zur Küchentür können wir nicht raus.. Eingangstür kommt auch nicht infrage... Dann... Mir bleibt nichts anderes übrig außer mein Zimmer... ,,Los los.", ich scheuchte ihn zur Treppe. ,,Erstes Zimmer links. Ist das einzige, du kannst es nicht verfehlen. Ich komme gleich nach."
,,Was hast du vor?", fragte er, als er schon fast oben war. Ich sah schnell zum Fenster. Dad war schon ausgestiegen und auf dem weg. ,,Improvisieren." Ich schaute kurz wieder zu Valentine, dieser nickte kurz darauf. War da Zweifel in seinen Augen aufgeblitzt? War auch egal.
Sosfort nachdem er aus meinem Blickfeld verschwand, sprang ich in die Küche und steckte das Pflasterpapier und das Tuch schnell in meine Hosentasche.
Genau in diesem Moment sah ich wie die Eingangstür aufging.
DU LIEST GERADE
You won't leave my mind. {boyxboy}
Romance[ #88 in Romantik am 19.04.2018 *-* ] [ #1 in Schwulenliebe am 23.05.2019 waaaaaaaaaaaas *O* ] Wer in einem guten Haushalt groß geworden ist, hat Manieren, Anstand und wird irgendwann einen Partner heiraten, welcher aus ebenso einem Haushalt kommt...