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Die letzten Tage hatte ich nicht mehr mit ihm geredet, aber Valentine war mir im Gedächtnis geblieben. Er ging mir einfach nicht aus dem Kopf.
Es waren bereits ein paar Tage vergangen, fast eine Woche seitdem ich ihm geholfen hatte. Ich hatte ihn einige male auf dem Schulhof oder flüchtig an der Treppe gesehen, aber mehr als ein kurzes Lächeln hatte keiner von uns erwiedert.

Inzwischen war es Samstag. Neun Uhr Morgens. Ich war gestern, nach dem Lernen früh ins Bett gegangen und somit schon um acht Uhr oder so aufgewacht.
Seid einer halben Stunde lag ich einfach in meinem Bett und starrte an die Decke. Ich hatte keine Lust aufzustehen. Irgendwie war ich mit mieser Laune aufgewacht.
Mir schwebte ein Bild vor Augen. Nur flüchtig. Wenn ich mich darauf konzentrierte, verblasste es sofort wieder. Es war Valentines Gesicht. Mit der blutenden Wunde, den Augenringen und seinen roten Haaren, die ihm in Strähnen auf die Stirn fielen. Seine blauen Augen. Diese eisblauen Augen... Ich hätte mich darin verlieren können. Sie fesselten meinen Blick auf das imaginäre Bild, und selbst als es verschwand sah ich diese Augen vor mir.
Plötzlich wurde mir bewusst dass ich mir seine Berührungen wünschte. Seine Hände auf meinen.
Ich schlug mir meine Decke aufs Gesicht. Was ist nur los mit mir?!, dachte ich, genervt von mir selbst. Was war das für ein Gefühl, wenn ich an ihn dachte? Es war ein schönes Gefühl, ja! Aber ich konnte es nicht benennen, da ich es noch nie gefühlt hatte. War es... Liebe? Romantisches Interesse?
Aber ich bin doch nicht schwul!, ich war mir ziemlich sicher. Ich war nicht schwul! Na ja, bis jetzt hatte ich noch nie viel mit Kindern in meinem Alter zutun gehabt. Auch im Kindergarten war ich nicht. Also konnte ich nicht beweisen, dass ich nicht schwul war. Ich war noch nie verliebt! Nicht mal in ein Mädchen.
Ich wollte mir keine Gedanken mehr darüber machen, also stand ich emdlich auf.

Ich frühstückte wie immer alleine. Nur ganz selten waren meine Eltern um diese Zeit zuhause, oder wenn sie frei hatten, schon wach. Meine einzige Gesellschaft war die unserer Putzfrau, Daria Russell. Sie schien aber schon fast fertig zu sein, denn sie räumte grade den Wohnzimmertisch auf, was sie immer als letztes machte.
Da ich nichts besseres zutun hatte, beobachtete ich sie dabei. Sie war noch jung, vielleicht um die 20. Ihre dunkel-blonden Haare hatte sie zu einem lässigen Dutt gedreht, und sie trug die Schürze über einer Jeans und einem hübschen Pullover. Sie war hübsch. Und auch nett. Unwillkürlich fragte ich mich ob ich auf sie stehen könnte, aber bei der Vorstellung sich in sie zu verlieben oder sie sogar zu küssen, kribbelte mein Nacken unangenehm. Es war wie die Vorstellung, mit seiner großen Schwester zu schlafen. Nein, danke. Darauf kann ich wirklich verzichten.
Nicht nur aus dem Grund, dass ich noch Jungfrau war.

Der Samstag zog sich lang und länger. Ich hatte nichts zutun nachdem ich die Hausaufgaben gemacht und die Fische im Teich gefüttert hatte, also fasste ich den Beschluss spazieren zu gehen. Ich hatte noch nicht wirklich Zeit gehabt die Gegend zu erkunden, da ich dies nie für wichtig gehalten hatte. Aber jetzt hatte ich Lust!
Also schnappte ich mir mein Handy und meine guten Kopfhörer, sagte Daria auf Wiedersehen und stand auch schon vor dem Haus. In welche Richtung soll ich gehen?, fragte ich mich und schaute mich um.
Links?, dort lag die Schule.
Oder Rechts?, dort war das Dorfzentrum, mit seinen Geschäften und dem Verkehr.
Ich entschied mich also für links. Der Weg zur Schule.
Ich setzte mir die Kopfhörer auf und tippte bei meinem Smartphone auf irgendein Lied. "I wanna see the lights with you", hieß der Song. Er war mir zu langweilig, also tippte ich auf weiter. "Fools", das war mein Lieblingssong! Den ließ ich an.
Leise summte ich mit. In meinen Gedanken spielte sich der Text ab und ich versank in der Musik.
,,... Only fools Fall for you, only fool fall...
Only fools do what I do, only fools fall..."

Ich bemerkte gar nicht wie ich an das Schulgrundstück kam, aber da stand ich schon vor dem offenen Tor. Der Schulhof sah so friedlich aus, ganz ohne Schüler.
Ob es irgendwen stören würde, wenn ich mich kurz umsehe?, dachte ich.
Ich wollte zum Sportplatz, hinter der Schule. Dort gab es ein ganz hübsches Plätzchen, wo man sich hinsetzen und entspannen konnte.
Ich sah mich nach einem Schild um, auf dem so etwas stand wie "Zutritt außerhalb der Schulzeit untersagt", fand aber nichts. Also konnte es ja auch nicht verboten sein!
Ich betrat also das Schulgelände, umrundete das Gebäude und stand auf einmal vor einer Person die ich wirklich nicht, - nie im Leben, hier erwartet hätte...

You won't leave my mind. {boyxboy}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt