1. Kapitel

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50 Jahre später

"Komm Lona, hier lang!", flüsterte Elladan der kleinen und zierlichen Elbe mit weißblondem Haar und grauen Augen zu. Er, sein Zwillingsbruder Elrohir und ihre Ziehschwester Lona schlichen leichtfüßig durch den Garten, immer auf der Hut vor Arwen, der kleinen Schwester der Zwillinge, die das Opfer des Streiches werden sollte, den sie im Begriff waren auszuführen. Sie durfte die drei auf keinen Fall bemerken.

Leise schlichen sie sich im Schutz der Bäume von hinten an die wunderschöne und doch so ahnungslose Elbe an. Direkt hinter ihr blieben sie stehen. Für die Zwillinge gut sichtbar, zählte Lona mit den Finger von drei runter. Als sie bei null angekommen war, kippten ihr die Zwillinge einen großen und mit Wasser und Algen gefüllten Eimer über den Kopf.

Mit einem spitzen Schrei sprang Arwen auf und drehte sich zornig zu den drei Tunichtgut um, die lachend wegliefen, und rannte ihnen wütend hinterher, direkt in den Wald hinein.

Lachend und nach Luft schnappend kamen Lona und die Zwillinge an ihrem Lieblingsplatz an, einem kleinen See mitten im Herzen des Waldes. Endlich hatten sie es geschafft die wütende Elbin abzuhängen und sich in Sicherheit zu bringen.

"Habt ihr, ihr Gesicht gesehen, als sie so wie ein nasser Hund da stand und uns wütend nachgeschaut hat? Einfach herrlich!", japste Elrohir atemlos. Die anderen Beiden konnten bloß nicken, sie waren ebenso sehr am Lachen wie er und bekamen kaum noch Luft.

Als sie sich endlich beruhigt hatten, lagen die drei Ziehgeschwister im Schatten unter einem Baum. Lona hatte die Augen geschlossen und döste vor sich hin. Deswegen bekam sie auch nicht mit wie Elladan sich aufsetzte und Elrohir anstupste. Dieser öffnete verschlafen seine Augen und schaute zu seinem Bruder. Mit einem verschlagenen glitzern in den Augen nickte er zu Lona hinüber, die schlafend im Gras lag. Elrohir verstand sofort und in seine Augen trat das selbe glitzern wie in denen seines Zwillings.

So leise sie konnten standen die Zwillingen und schlichen um Lona herum. Plötzlich packten die beiden sie an Armen und Beinen und hoben sie hoch. Mit einem erschreckten Schrei erwachte die Elbe und versuchte strampelnd sich zu befreien. Doch die Zwillinge hielten sie mit stählernem Griff fest und trugen sie zu zweit zum See hinüber. Mit Schwung warfen sie sie schließlich weit ins Wasser.

Ein weiterer spitzer Schrei entrang sich Lonas Kehle, als sie in das kalte Wasser fiel. Wild strampelte sie mit Arme und Beinen, um nicht unter zu gehen. Als sie es endlich geschafft hatte ans Ufer zu kommen, stemmte sie ihre Hände in die Hüfte und funkelte die Brüder wild an. Das Licht brach sich auf ihrem nassen Haaren und ließ sie so aussehen, als tage sie eine Krone aus Licht auf ihrem Haupt. In diesem Moment machte sie ihrem Namen alle Ehre.*

"Das werdet ihr zwei mir büßen!", rief sie aus und fing an die Zwillinge mit Wasser zu bespritzen.

Es begann eine muntere Wasserschlacht an deren Ende alle drei gleichermaßen nass waren, obwohl Lona schon vorher ein Bad im See genossen hatte.

Lachend ließen sie sich nebeneinander in der Sonne auf den Boden fallen. Die Zwillinge schauten nachdenklich zu Lona hinüber, die immer noch leise vor sich hin kicherte. Sie hatten sich sorgen gemacht wie es ihr heute gehen würde und waren froh sie mit ihren Streichen und Späßen ablenken zu können. Heute vor genau fünfzig Jahren war ihr die Nachricht von dem Tod ihres Bruders überbracht worden. Sie waren froh, dass die Elbe nicht in ihrem Loch aus Trauer und Einsamkeit eingegangen war, sondern einen Weg gefunden hatte da wieder heraus zu kommen.

Als alle drei wieder trocken waren, machten sie sich auf den Weg zurück nach Imaldris. Es war kurz vor Sonnenuntergang und wenn die Nacht herein brechen und sie noch nicht da wären, würde Elrond sich große Sorgen machen.

Als sie in Imaldris ankamen, stutzten sie. Elrond und all seine Ratgeber befanden sich auf dem Vorhof, genauso wie Arwen und viele der hier lebenden Elben. Sie bahnten sich ihren Weg zu Arwen, die ein wenig abseits stand. Lona legte ihr eine Hand auf die Schulter und sah sie fragend an.

„Arwen, was ist hier los?"

"Da seid ihr ja", meinte die andere Elbe, "Adar hat schon Diener aus schicken lassen, um euch zu suchen. Aragorn kommt wieder und er ist nicht alleine. Anscheinend reist Thorin Eichenschild mit ihm, der König unter dem Berg." Die Augen der Elbin leuchteten bei diesen Worten. Sie und Aragorn waren ein Paar, auch wenn Elrond gar nicht glücklich über diese Verbindung war, und es war schon eine Ewigkeit her, dass er in Imaldris weilte.

"Was will denn der Zwergenkönig hier?", fragte Elladan seine Schwester.

"Ich weiß es auch nicht", antwortete diese, "Aber Adar wird es uns schon noch sagen."

Es dauerte nicht lange, da hörten sie in der Ferne das Hufgetrappel von Pferden und schon wenig später kam eine Gruppe von Reitern den Weg nach Imaldris hinauf. Bei genauerem hin sehen, stellte man fest, dass die Gruppe aus Zwergen in voller Rüstung bestand die auf Ponys ritten. Vorne an der Spitze ritt Aragorn, in seine Dunedain Kleidung gewandet und der auf seinem Pferd alle anderen um mehr als zwei Kopf überragte. Er beugte sich zu einem neben sich Zwerg hinunter und sprach leise mit ihm. Dieser Zwerg trug ebenfalls seine komplette Rüstung, doch im Gegensatz zu den anderen war seine mit Gold verziert und auf seinem Helm prangte ein in Gold eingefasster Rubin. Dies musste Thorin Eichenschild sein.

Als die Delegation die Gruppe der Wartenden erreichte, sprang Aragorn leichtfüßig wie immer von seinem Pferd und kam auf Elrond zu.

"Hannon le Elrond o Imaldris", sprach er.

"Hannon le Estel. Es ist schön, dich wohlbehalten wieder zu sehen." Im ersten Moment wunderte es Lona, dass er Aragorn mit Estel angesprochen hatte, doch dann schalt sie sich wegen ihrer. Thorin und seine Männer durften schließlich nicht wissen wer er war.

Währenddessen war Thorin an die beiden heran getreten. Er war wirklich groß für einen Zwerg, er war genau so groß wie Lona.

Elrond wandte sich an Thorin.

"Seid willkommen Thorin Eichenschild. Willkommen in Bruchtal. Es ist mir eine Freude euch hier empfangen zu dürfen. Ich hoffe die Reise ist gut verlaufen."

Thorin antwortete mit seiner tiefen Stimme.

"Seid gegrüßt Elrond. Es ist mir und meinen Männern eine Ehre hier sein zu können", die Gesichter einiger seiner Männer straften seine Worte jedoch lügen, "Es war eine sehr angenehme Reise, zumal sie sehr ruhig verlief. Trotzdem sind meine Männer und ich müde von den Anstrengungen die solch eine Reise immer mit sich bringt."

Lona war überrascht, dass eine Zwerg eine so warme Stimme haben konnte wie Thorin sie besaß.

"Natürlich, ich werde sofort veranlassen, dass man Euch zu euren Zimmern bringt und man sich um Eure Pferde kümmert."

"Das ist wirklich außerordentlich freundlich von Euch", antwortete Thorin und somit waren alle Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht.

Er ließ seinen Blick einmal über die versammelten Elben gleiten. Für einen Moment blieb der Blick seiner dunkelblauen Augen an Lona hängen, bevor er einem Diener folgte der ihn zu seinem Zimmer geleiten sollte.

*Lona: Löwe, Altariel (Quenya): Lichtbekränzte Maid

Gwathwen - Schattenmädchen (HdR)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt