30. Kapitel

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Lona hatte schon immer einen sehr leichten Schlaf gehabt, doch in der ersten Nacht in Minas Tirith schlief sie so unruhig wie selten zuvor. Sie hatte zwar keine Angst vor Denethor, mit jemandem wie ihm würde sie leicht fertig werden, doch es bereitete ihr Unbehagen Zimmer an Zimmer mit ihm zu schlafen. Niemand der noch bei klarem Verstand war, würde sich freiwillig in seine Nähe begeben. Einzig das Messer unter ihrem Kopfkissen, welches sie dort zu positionieren pflegte, ließ sie leichter schlafen.

Mitten in der Nacht wachte sie von einem Geräusch an der Tür auf. Automatisch tasteten ihre Finger nach dem Messergriff. Ansonsten bewegte sie sich nicht und lauschte nur. Wieder erklang das Geräusch von der Tür. Jemand versuchte die Tür zu öffnen. Zwar hatte Lona ihre Bemerkung am Abend, dass der Truchsess mitten in der Nacht vor ihrem Bett stehen würde, nicht sonderlich ernst genommen, aber je länger sie darüber nachdachte desto wahrscheinlicher kam es ihr vor das genau das passieren könnte. Als ihr diese Erkenntnis kam, bemerkte sie auch zum ersten Mal dass ihre Tür weder Schloss noch Riegel besaß. Also schob sie kurzerhand den schweren Schrank neben der Tür ein paar Zoll zur Seite, so dass man die Tür nicht mehr aufbekam. Diese Konstruktion funktionierte genauso wie Lona es sich vorgestellt hatte. Noch gefühlte Ewigkeiten stand der Eindringlich vor ihrer Tür und versuchte hinein zu kommen, schaffte es aber nicht. Irgendwann hörte Lona dann eine tiefe Männerstimme laut Fluchen, dann entfernten sich schwere Schritte und eine andere Tür wurde mit einem lauten Knall zugeschlagen. Danach war alles still.

Sie hatten beschlossen Denethor etwas Zeit zu geben die richtige Entscheidung zu treffen. König Théoden bräuchte sowieso noch Zeit seine Truppen aus dem gesamten Reich zusammenzuziehen und auch die Zwerge bräuchten, wenn sie denn kamen, wenigstens neun Tage. Sie hatten also noch genügend Zeit.

Denethor hatte sich dazu bereit erklärt sich am nächsten Morgen mit ihnen zu treffen. Als Boromir und Lona am nächsten Morgen denn Saal betraten, warteten Gandalf und Denethor schon auf sie. Pippin hatten sie losgeschickt um unauffällig herauszufinden wie vielen Wachen man bis zum Leuchtfeuer von Amon Din begegnete. Doch sein Fehlen fiel dem Truchsess überhaupt nicht auf.

Es waren noch zwei Stühle zu Denethors rechten frei. Boromir zog ihr den Stuhl direkt neben dem Truchsess zurecht und setzte sich neben sie. Sobald Lona saß, taxierte Denethor sie mit seinem fiebrigen Blick. Lona rang sich ein schmales Lächeln ab und wandte sich dann dem Weinkelch zu, den ein Diener vor ihr abgestellt hatte. Sie war eigentlich gar nicht durstig, sie wollte bloß einen Grund sich von dem Truchsess abzuwenden ohne beleidigend zu sein. Schließlich begann Gandalf zu sprechen und Denethors widerwilliger Blick traf ihn.

„Denethor, Ihr schwebt in großer Gefahr", begann Gandalf ohne Umschweife, „Euer Reich ist in großer Gefahr."

„Du wiederholst dich Mithrandir und das langweilt mich." Gelangweilt ließ der Truchsess den Wein in seinem Becher kreisen.

„In Mordor rührt sich der Schatten. Euer Land wird das Erste sein, dass sich Sauron einverleibt auf seinem Weg zur Macht."

„So ein Unfug", schrie Denethor und knallte seinen Pokal auf den Tisch sodass der Inhalt über die Ränder schwappte, „In Mordor rührt sich schon lange nichts mehr."

„Die Nazgûl wurden gesichtet. Sauron ist zu Kräften gekommen und kann seine schwarzen Diener wieder ausschicken um seine Arbeit zu verrichten. Ist das nicht Zeichen genug?", sprang Lona Gandalf zu Hilfe. Doch Denethor schüttelte bloß ungläubig den Kopf.

„Woher willst du das wissen?"

„Ich habe gegen sie gekämpft."

„Gekämpft? Frauen kämpfen nicht!"

Gwathwen - Schattenmädchen (HdR)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt