33. Kapitel

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Schon kurz nach Sonnenaufgang saß Lona im Sattel und ritt, Seite an Seite mit ihren Gefährten, aus den Toren Minas Tiriths hinaus. Jeder für sich hatte an diesem Morgen seine Rüstung angelegt und hatte sich in stillschweigender Übereinkunft auf dem Burghof eingefunden. Niemand konnte es ertragen in die Gesichter seiner Freunde zu schauen und sich zu fragen wer von ihnen am heutigen Tag sterben würde. Lona ritt dicht neben Legolas, doch sie schaffte es nicht ihn anzusehen. Immer wenn sie es tat, drang die Vorstellung ohne ihn weiterleben zu müssen an die Oberfläche ihrer Gedanken. Was würde sie bloß tun, wenn es soweit kommen würde. Könnte sie dann überhaupt noch weiterleben? Als sie damals dachte Lorion wäre Tod gewesen, hatte sie es schon kaum geschafft. Wie sollte sie es dann bei ihrem Gefährten schaffen?

Aus den Häusern die sie passierte, kamen Frauen und Kinder heraus. Ihre vorwurfsvollen Blicke verfolgten sie durch die noch nebeligen Straßen.

„Sie verstehen nicht warum wir das machen", dachte Lona für sich, „Für sie sieht es so aus als würden wir in eine unnötige Schlacht reiten. Sie wissen wie aussichtslos es ist." Am liebsten hätte sie die Frauen angeschrien, ihnen gesagt, dass sie genauso wenige dort hinaus reiten wollte wie sie, doch dass es nötig war um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Während des gesamten Ritts sprach keiner ein Wort. Sie alle wussten, dass sie in ihren sicheren Tod ritten. Es gab auf dieser Welt keine Wörter die das beschönigen konnten und auch Abschiedsworte waren falsch, da sie sich gemeinsam auf die letzte Reise begeben würden. Also sprachen sie überhaupt nicht sondern waren bloß füreinander da.

Gegen Mittag kam das schwarze Tor, das Tor zur Hölle, in Sicht. Die schwarzen Mauern ragten hoch in den Himmel, noch höher als die Mauern der weißen Stadt, und war mit bedrohlichen Zacken gesäumt. Lona fühlte sich regelrecht unbedeutend klein, als sie zu den dunklen Zinnen hinauf sah.

Auf ein Zeichen von Aragorn blieb die Armee auf der Spitze einer Anhöhe stehen. Dann ritt er, nur begleitet von seinen Gefährten und Éomer weiter.

„Lasst den Herrn des Schwarzen Landes herauskommen!", rief Aragorn zu den Zinnen empor und zügelte sein Pferd, „Er soll eine gerechte Strafe für all seine Schandtaten erhalten!"

Einige Sekunden lang geschah nichts. Lonas Augen huschten über die Zinnen, auf der Suche nach irgendeiner Bewegung. War ihr Plan fehlgeschlagen? Waren Sauron Truppen bereits im Herzen Mordors versammelt und lauerten Frodo und dem Ring auf? Waren sie zu spät gekommen?

Doch dann begannen die schwarzen Torflügel sich lautlos zu öffnen, gerade weit genug, dass ein dunkler Reiter auf seinem schwarzen Pferd problemlos hinaus konnte.

„Mein Gebieter, Sauron der Große, heißt euch willkommen. Ist hier einer in diesem Haufen von Barbaren, der ermächtigt ist mit mir zu verhandeln?", rief er und zügelte sein Pferd einige Schritte vor ihnen.

„Wir sind nicht hier um mit dem Treulosen und Verfluchten zu verhandeln, diese Zeiten sind schon lange vorbei. Bestell deinem Herr, dass die Streitmächte Mordors sich auflösen müssen. Er selbst soll dieses Land zu verlassen und nie mehr zurückkehren", antwortete Gandalf und seine Stimme troff vor Hass auf den ehemaligen Maia.

„Alter Graubart, mir wurde befohlen dir etwas zu zeigen." Saurons Mund warf etwas silbrig glitzerndes vor ihnen auf den Boden. Lona schnappte nach Luft als sie es erkannte. Es war Frodos Mithrilhemd. Die Hobbits schrien auf und wollten mit gezogenen Schwertern auf den Boten zureiten, doch Boromir hielt sie zurück.

„Der Halbling war euch teuer. Er hat durch die Hand seines Gastgebers sehr gelitten hat. Wer hätte gedacht, dass jemand der so klein ist, so große Schmerzen erträgt. Und das hat er, Gandalf, das hat er. Sei gewiss, dass es deine Schuld war." Saurons Mund brach in heftiges Gegacker aus bei dem Gedanken an Leid und Tod. Lona drehte sich der Magen um. Wie konnte ein Lebewesen sich bloß an dem Leid anderer so ergötzen?

Gwathwen - Schattenmädchen (HdR)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt