28. Kapitel

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Sie hatten Lona doch tatsächlich aus dem Zimmer geschmissen.

Als sie mit Lorion und dem verwundeten Legolas in die Festung kam, eilte Aragorn ihnen entgegen. In seinen Augen glomm die Freude und der Stolz über die gewonnene Schlacht. Doch das Strahlen verschwand augenblicklich aus seinen Augen als er sah, wen die Zwillinge dort auf dem Pferd liegen hatten. Bestürzt lief er auf sie zu. Er stellte keine Fragen, sondern winkte bloß ein paar Männer heran die ihnen helfen sollten den verwundeten Elben vorsichtig in eine Kammer zu tragen.

Lorion und Aragorn machten sich sofort ans Werk. Sie ließen sich heißes Wasser und Leinentücher bringen und bereiteten währenddessen ihre Kräuter vor. Es viel Lona zu die Verbände über einem kleinen Feuer im Kamin auszukochen und nachdem sie damit fertig war, sollte sie den beiden Männern die benötigten Sachen anreichen. Doch dies gestaltete sich als schwierig. Sie war nicht bei der Sache. Aragorn und ihr Bruder mussten sie mehrere Male ansprechen ehe sie überhaupt reagierte, ihre Hände waren so zittrig, dass die Schälchen mit Kräutersud immer nur halbleer ankamen oder sie ließ gleich alles fallen. Nach geraumer Zeit waren die Beiden so genervt davon, dass sie Lona einfach vor die Tür setzten.

Seit dem saß sie auf dem Fußboden vor der Kammer und wartete, dass irgendwas passierte. Jetzt, ohne Legolas blasses Gesicht vor sich, schaffte sie es auch endlich zur Ruhe zu kommen und etwas Ordnung in ihre Gedanken du Gefühle zu schaffen.

Legolas war schon immer eine der wichtigsten Personen in ihrem Leben gewesen, schließlich war er ihr bester Freund. Doch es schien sich alles geändert zu haben. In dem Moment wo sie ihn hatte fallen sehen, war etwas in ihr zerbrochen. Ein Schutzwall, den sie über die Jahre um ihr Herz herum errichtet hatte. Empfindungen und Gefühle stürmten auf sie ein. Wärme, Geborgenheit und Zuneigung. Für Aragorn empfand sie dieselben Gefühle, doch in einem ganz anderen Maß. Und dann als Legolas reglos in ihren Armen lag, fühlte sie sich so hilflos und verloren. Im Nachhinein war es der Moment wo es ihr wie Schuppen von den Augen fiel. Sie konnte und wollte nicht mehr ohne Legolas an ihrer Seite weiterleben. Sie hatte nicht nur freundschaftliche Gefühle für ihn, sie liebte ihn denn er war ihr Gefährte. Er war die eine Person welche die Valar für sie als Gegenstück geschaffen hatten.

Ein verbittertes Lachen entrang sich Lonas Kehle, als sie zu dieser Erkenntnis kam. Sie hatte nie verstanden warum alle anderen Elben immer so verzweifelt nach ihrem Gefährten gesuchten. In ihrer Vorstellung bedeutete das immer bloß eine Person der sie Rechenschaft schuldig war und auf die sie Rücksicht nehmen musste. Es bedeutete für sie nicht mehr mit ihrem Bruder auf Reisen gehen zu können. Sie hatte doch Lorion, wozu brauchte sie dann noch einen Gefährten? Und nun fand sie ihren Gefährten, just in dem Augenblick in dem sie im Begriff war ihn zu verlieren, und erkannte wie dumm sie doch all die Zeit über gewesen war. Was für ein Ironie.

Als die Tür der Kammer endlich aufging, sprang Lona so schnell auf die Beine als hätte sie etwas gestochen. Lorion und Aragorn kamen heraus und sie beide sahen müde aus.

„Und?", fragte Lona. Aus diesem einen kleinen Wort hörte man ganz deutlich all ihre Besorgnis heraus.

„Du kannst zu ihm. Er ist immer noch ohne Bewusstsein, aber er sollte bald aufwachen und morgen müsste er schon wieder auf den Beinen sein", erwiderte Lorion mit müder Stimme.

„Gepriesen seid ihr Elben das ihr so schnell heilt", warf Aragorn ein und unterdrückte ein herzhaftes Gähnen.

„Wir gehen schlafen. Ich glaube zwar nicht das etwas vorfallen sollte, aber falls doch lass uns wecken."

Lona nickte eifrig und verschwand durch die Tür.

Leise schloss sie die Tür hinter sich. Legolas war zwar bewusstlos, aber ihr war trotzdem unwohl dabei viel Krach zu veranstalten. Als sie sich schließlich zu ihm drehte, musste sie schlucken. Er war blass, so unendlich blass, dass man auf die Idee kommen könnte er wäre Tot. Bloß das Heben und Senken seiner Brust verriet, dass er am Leben war.

Gwathwen - Schattenmädchen (HdR)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt