19 Kapitel

272 8 0
                                    

Die Entscheidung war getroffen, sie würden durch die Minen gehen. Glücklich war Lona darüber zwar nicht, doch sie wollte Frodo nicht ins Gewissen reden. Er hatte noch viel schwere Entscheidungen zu treffen und wenn sie jetzt, bei einer so vergleichsweise einfachen Frage, anfangen würde auf ihn einzureden, würde er später umso verunsicherter sein. Nein, lieber würde sie es dabei belassen. Ihr Bauchgefühl sagte ihr zwar, dass es ein Fehler war, doch sie schob es einfach beiseite. Es würde schon alles gut gehen.

Lorion war es, der die Stille nach Frodos Entscheidung durchbrach.

„Dann sollten wir mal aufbrechen", rief er über den Wind hinweg, "Es wäre bestimmt nicht von Vorteil wenn wir so lange hier stehen bleiben und warten, bis wir alle festgefroren sind."

„Der Junge hat recht", stimmte Gimli ihm Zähneknirschend zu. Er mochte Lorion mehr als Legolas, was man schon daran bemerkte das er ihn nie ‚Spitzohr' nannte, doch sonderlich leiden konnte er ihn deshalb trotzdem nicht. „Wir sollte los. Ich mag die Höhe nicht, ein Zwerg gehört unter die Erde."

Lonas Blick fiel auf Legolas. Er sah spöttisch zum Zwerg. Gerade als er den Mund aufmachen wollte, vermutlich um eine ebenso spöttische Bemerkung fallen zu lassen, stieß die Elbe ihrem Freund unauffällig den Ellenbogen in die Seite und sah ihn scharf an. Schuldbewusst senkte Legolas den Blick und schloss den Mund.

Den Berg hinunter zu kommen war wesentlich einfacher als ihn zu erklimmen, selbst wenn man den vielen neuen Schnee bedachte, der auf dem Weg lag. Die drei Elben liefen auf dem Schnee vor, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen die durch die Lawine entstanden sein konnten. Aragorn und Boromir halfen den Hobbits sich durch den Schnee zu kämpfen. Gandalf bildete das Schlusslicht. Er befürchtete, dass Saruman noch nicht fertig mit ihnen war und er wollte dem Wind lauschen um seine Angriffe eventuell vereiteln zu können.

Sie kamen zügig und ohne größere Probleme voran, weshalb sie schon mehr als die Hälfte des Weges bereits hinter sich gebracht hatten, als sie am einige Stunden später ihr Nachtlager aufschlugen. Es war eine stille Runde, wie sie hier zusammen saßen. Kaum ein Wort wurde gesprochen. Sie alle waren zu erschöpft von den Beschwernissen des Tages und der Gedanke, dass sie sich ganz um sonst soweit durch die Kälte den Berg hinauf gequält hatten nur um jetzt wieder umzukehren, machte es auch nicht besser. Lona sah in den Gesichtern ihrer Freunde wie müde sie alle waren und so meldete sie sich sofort freiwillig für die erste Wache. Zwar war auch sie sehr erschöpft und könnte es gut gebrauchen eine Nacht durchschlafen zu können, doch diese Erschöpfung war eher geistiger Natur. Körperlich fühlte sie sich, als könnte sie noch die ganze Nacht durchlaufen. Die dankbaren Gesichter ihrer Freunde sagten ihr, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. So kam es, dass sie nur kurze Zeit später neben Legolas saß, mit dem Rücken zum Feuer und den Blick in das weiße Schneetreiben gerichtet. Stundenlang saßen sie nebeneinander in der Kälte und keiner sprach ein Wort.

„Wie geht es dir?", fragte Legolas schließlich und durchbrach so die Stille, „Und sag jetzt bitte nicht Gut. Nachdem was dir heute widerfahren ist, kann es dir nicht gut gehen, auch wenn du den anderen was anders vorspielst."

Lona zuckte zusammen, sie hatte nicht erwartet das es in dieser Nacht noch großartig irgendwelche Gespräche geben würde. Für einen kurzen Augenblick wollte sie ihm erzählen, dass wirklich alles gut sei und er sich keine Sorgen machen müsse, doch Legolas Tonfall ließ keinen Zweifel daran das er sofort wissen würde dass sie log. Sie seufzte einmal lautlos auf, ehe sie schließlich nachgab.

„Wirklich gut geht es mir auch nicht. Ich meine ich habe heute eine der womöglich schlimmsten Erfahrungen meines Lebens gemacht, als ich da hilflos an der Felswand hing und durch einen dummen Unfall fast in den Tod gestürzt bin. Ich hatte noch nie so große Angst wie heute." Lona machte eine kleines Pause bevor sie weiter sprach, sie wollte sich wirklich sicher sein, dass ihre Worte der Wahrheit entsprachen. „Aber ich habe es überstanden und in ein oder zwei Tagen wird das alles schon wieder fast vergessen sein und ich kann so tun als wäre das nie passiert."

Gwathwen - Schattenmädchen (HdR)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt