Kapitel 7

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"Du bist jetzt nicht sauer auf mich oder?" Er verfolgt mich auf Schritt und Tritt, wo auch immer ich hingehe.
"Weißt du was, lass es einfach. Ich hoffe du hast alle Sachen aus meiner Wohnung mitgenommen, da vorne ist die Türe.", gebe ich mit kräftiger und geheuchelt selbstsicherer Stimme von mir. Er soll zumindest den Eindruck haben, dass es mir am Allerwertesten vorbeigeht.
"Mila", packt er mich am Handgelenk als ich mich von ihm wegdrehen möchte "rede mit mir."
"Ich hab doch mit dir geredet, oder soll ich deinen Freundinnen auch erzählen was du für einer bist?", fauche ich ihn an.
"Freundinnen? Mila, über wen redest du?" Stellt er sich dumm oder ist er es wirklich?
"Weißt du was? Ich hab keine Lust und auch keine Zeit um mit dir zu reden."
"Mila, sag mir was ich falsch gemacht habe!", schreit er mir hinterher als ich auf dem Weg zur Küche bin.
"Was du falsch gemacht hast? Du kannst nicht bei mir übernachten und dann bevor du her kommst noch eine andere küssen." Okay. Das war vielleicht nicht so durchdacht von mir.
Jetzt hat er die Bestätigung, dass ich ihn ''mag".
Well done Mila, well done.
Kolpf dir auf die Schulter du Intelligenzbestie....
"Also magst du mich?", fragt er sichtlich verwundert. Was denkt er eigentlich warum ich mich so verhalte wenn ich bei ihm bin?
"Ach bitte, bilde dir nichts ein.", spiele ich alles herunter. Dürfte aber anscheinend nicht ganz so funktionieren wie ich mir das vorgestellt habe. Er setzt nur einen frechen Grinser auf.
"Das hast du doch gerade gesagt..."
"Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich sage viel und mehr als die Hälfte davon ist Schwachsinn." Warum halte ich nicht einfach meinen Mund?
Ich lade Bestellungen auf mein Tablet und gehe dann mit einem Rempler an ihm vorbei.

"Bitteschön, entschuldigen Sie, dass es so lange gedauert hat.", bemerke ich freundlich mit Schuldgefühlen weil ich meine Arbeit vernachlässigt habe.

"Mila. Lass mich mit dir reden.", flüstert mir Antoine ins Ohr, der mich zu jedem Tisch verfolgt.
"Du sollst mich verdammt nochmal in Frieden lassen und ein gut gemeinter Rat, nimm endlich deine Verkleidung ab, das schaut beschissen aus." Und dann gehe ich weg, mit einer Überzeugungskraft die ich mir selbst nie zugetraut hätte, und verschwinde in der Küche, wo ich so lange warte bis er endlich aufgibt.

Der restliche Arbeitstag wird nur noch schlimmer, weshalb ich mehr als glücklich bin endlich nach Hause gehen zu können. Betonung auf "gehen", ich habe nämlich keine Lust Mathéo alles zu erklären...
Ich schnappe mir meine Tasche und gehe nach Feierabend so schnell wie möglich aus dem Café, mir ist es nämlich peinlich was ich vorhin für eine Szene abgezogen habe und vielleicht müsste ich mit meiner Chefin ein Gespräch führen...
"Mila! Bleib stehen!", rennt mir jemand  von einer Ecke kommend rufend hinterher. Antoine.
"Was machst du hier? Du sollst mich doch in Ruhe lassen.", meine ich genervt.
"Ich warte seit zwei Stunden hier draußen. Lass uns reden. Bitte."
"Gut, dann rede, aber mach schnell, ich habe weit aus Besseres zu tun." Ich bleibe stehen und schaue ihn an.
"Es ist nicht so wie es ausgesehen hat...", beginnt er.
"Glaubst du wirklich ich kaufe dir das ab? Ich bin doch nicht blöd und mit der Standardausrede brauchst du gar nicht erst anfangen!" Ich wende mich von ihm ab und gehe weiter.
"Okay ja, ich habe eine andere geküsst, aber was ist dein Problem? Ich dachte wir sind Freunde."
Freunde. Na toll. Alles nur nicht dieses Wort. Der Stich in meinem Herzen breitet sich immer mehr aus und mir ist zum Heulen zumute. Es kann doch nicht sein, dass er nicht das gefühlt hat was mich seit dem ersten Tag verrückt macht?!
"Freunde? Wohl eher flüchtige Bekannte."
"Warum regst du dich so auf?", versucht er mich einfühlsam zu trösten.
"Weil ich in dir etwas anderes gesehen habe als einen Freund, aber hey, jeder täuscht sich mal. Kleiner Tipp für das nächste weibliche Wesen das du enttäuschen möchtest: mach ihr keine Hoffnungen und zeig von Anfang an dein wahres Gesicht." Und dann lasse ich ihn stehen. Einfach so. Wenigstens habe ich einmal in meinem Leben einen perfekten dramatischen Abgang hingelegt.
Der dritte Tag hier und alles ist beschissen. Ich dachte jemanden gefunden zu haben, der nicht oberflächlich und arogant ist, stattdessen gibt er auch noch zu eine andere geküsst zu haben und meint nur Freunde zu sein? Für 'nur Freunde' hat er sich allerdings etwas komisch verhalten. Unter Freunde verstehe ich Ehrlichkeit und alles andere außer flirten.
Bedrückt mache ich mich auf den Heimweg und brauche deutlich länger als ich gedacht hätte.
1 Stunde für einen Weg den ich mit dem Bus in 15 Minuten zurückgelegt hätte ist schon ziemlich blöd von mir, aber wenigstens bin ich mir jetzt sicher was ich will, ich hatte ja genug Zeit zum Nachdenken. Ich öffne meine Türe und steige das elendslange Treppenhaus hoch bis ich schon Cindy verzweifelt bellen höre. Kurz nachdem ich sie begrüßt habe, schnappe ich mir ihre Leine und entschließe mich dazu mit ihr laufen zu gehen. Wahrscheinlich die einzig gute Idee die ich heute hatte.

Ich schlüpfe in meine Trainingskleidung, die ich mir aus einem unerklärlichen Grund beim Karton auspacken schon ins Vorzimmer gelegt habe, wahrscheinlich war das während einer übermotivierten Phase, und hole mir meine giftgrünen Nike Laufschuhe, die zwar alles andere als gut aussehen, aber so verdammt bequem sind dass ich sogar in ihnen schlafen würde.

Wie auch immer, ich gehe also laufen. Eventuell ist die kurze Hose die ich mir mit Begeisterung gekauft hatte nicht gerade vorteilhaft für meine Beine, vor allem nicht wegen meiner Knie, die ich mir ja bei einer etwas tollpatschigen Außeinandersetzung zwisch Fuß-Links und Fuß-Rechts aufgeschürft habe. Man könnte glauben, dass ich Opfer eines Gewaltverbrechens gewesen bin, aber momentan ist das mein geringstes Problem.
Vielleicht kann ich mich etwas ablenken, wäre ja nicht schlecht...
Ich nehme die Leine meines Hundes, befestige sie an meiner Taille und verlasse das Wohnhaus. Blöd nur, dass wie zu erwarten wieder mal viel los ist.
Nach ein paar blöden Sprüchen von fusballbesessenen Freaks hie und da erreiche ich den Park vom ersten Tag, an dem der ganze Schwachsinn begann. Ja, ich gebe zu, ich werde eeeeeeetwas sentimental. Würde aber jeder machen, oder? Oder nicht? Ich kann es nicht einschätzen. Bin ich einfach zu überemotional und reagiere über oder geht es anderen Menschen auch so? Aber wann hört das auf?
"Mila!" Wie kann es sein, dass er immer dort ist wo ich bin?
Ich laufe einfach weiter ohne mich nur irgendwie umzudrehen. Sicher ist es er. Sonst kenne ich ja niemanden... Auch traurig irgendwie.
"Mila! Bleib stehen, bitte!", ruft er mir hinterher. Es ist ja schon irgendwie süß wie er versucht alles zu klären, aber für Freunde bin ich einfach nicht bereit. Ich kann ja nicht einfach meine Gefühle in eine Box sperren und sie lachend mit einer Tonne Dynamit sprengen.
Ich wünschte ich könnte es, wie genau ich das schaffen soll ist mir aber ein Rätsel. Bis ich einen neuen Masterplan habe muss ich wohl weiter leiden...
"Mila!"
"Lass mich in Ruhe Antoine!", hebe ich meine Hand beim Laufen, ohne ihn einen Blick zu würdigen. So auf "sprich mit der Hand".
Aus einem mir unerklärlichen Grund drehen sich geschätzt 20 Frauen bei dem ertönen seines Namens um und starten kreischend auf ihn zu.
Da scheinen wohl einige noch eine Rechnung offen zu haben mit ihm...

Ein Leben in Paris? - Antoine Griezmann FanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt