Kapitel 8

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Wie auch immer, MIR kann es ja egal sein.
Ich laufe einen rundherum mit Gestrüpp bewachsenen Weg entlang und zerre Cindy mit aller Kraft nach. Sie ist eher dieser chillige Hundytyp der es gerne ruhig angehen lässt. Oft hat man aber auch mal Pech im Leben und sie hat es bei ihrer Besitzerin. Mir.
Aber ich bin ja nicht mit Absicht so, echt nicht.
Vor mir öffnet sich die holprige Straße die zu einem runden gepflasterten Platz mit vielen Bänken und alten Straßenlaternen, die schön langsam eingeschaltet werden, führt. Vor Schmerzen in meiner Hüfte, an der ich ja Cindy befestigt hatte, entscheide ich mich dazu ihr und vor allem mir eine kurze Pause zu gönnen und befestige die Leine an einer Metallbank während ich mich ein bisschen dehne. Hätte ich vielleicht vorher schon machen sollen. Die Suppe der Intelligenz habe ich in solchen alltäglichen, logischen Sachen ganz sicher nicht mit dem Löffel gegessen, eher mit einer Gabel mit zusätzlich noch extra vielen kleinen Löchern drinnen, so dass nur ein minimaler Teil davon in mich eindringen konnte.
"So Mädels, 5 Minuten Pause!" Eine ganze Horde an perfekt geformten sportlichen Frauen beenden anscheinend gerade ihr daily Workout nur ein paar Meter neben mir.
Ich schaue kurz zu ihnen rüber und merke wie sie mit nicht einmal einem Tropfen Schweiß ihr angeblich wohlverdiente Trinkpause beginnen. So effizient kann ihr Training ja nicht sei, sieht eher so aus als ob sie nur die musternde Blicke der jungen Franzosen rund herum dazu bringen hier mitzumachen. Kann aber auch sein, dass sie abnormale Wesen von einer anderen Galaxie sind die einfach nicht schwitzen können. Ich zum Beispiel müsste mich nicht einmal bewegen um eine Aktivierung der Schweißperlenproduktion an meiner Stirn hervorzurufen, die Hitze hier reicht vollkommen aus. Aber diese Frauen...?
"Ach ist der süß ist das dein Hund?" eine etwas ausgeflippt aussehende Frau, ein paar Jahre älter als ich, kniet sich zu Cindy und scheint überaus entzückt zu sein als sie ihre Brille absabbert.
"Ja, tut mir leid, normalerweise behält sie ihren Speichel lieber für sich.", versuche ich mich lächelnd zu entschuldigen.
"Die kleine ist sicher ganz erledigt, ihr wart laufen, nicht?"
"Ja, ich musste etwas Bewegung machen um den Kopf frei zu bekommen und der kleinen Diva kann das auch nichf schaden.", versuche ich nicht allzu emotional von mir klingen zu lassen.
"Willst du bei uns mitmachen? Wir würden noch 45 Minuten trainieren, du weißt schon, etwas Krafttraining, etwas tanzen und eigentlich sind hier fast alle nett, ich bin Maud.", streckt sie mir gleich die Hand hin.
"Ehm, klar. Ich bin Mila, freut mich.", stelle ich mich, ohne wirklich eine Wahl zu haben, vor. Vielleicht ist es gar nicht so verkehrt, wenn ich mir ein paar Freunde suche und zumindest eine hier scheint normal und nett zu sein. Mit ihren tätowierten Armen wird sie mir sogar noch sympathischer, erinnert mich ein bisschen an Antoine...

"Hält die kleine Maus es aus wenn sie hier etwas angeleint bleiben muss?", erkundigt sie sich als sie wieder Cindy streicheln möchte.
"Die ist so kaputt, ich glaube, dass sie dich für diese Idee lieben wird.", lächle ich sie scherzhaft an.
Prompt werde ich am Handgelenk gepackt und zu den anderen gezogen, die sich wieder alle versammelt hatten.
"Josie, das hier ist Mila. Sie macht heute ein Probetraining mit, ja?", holt sie noch schnell die Bestätigung der Leiterin, bevor sie sich wieder mir zu wendet und händeklatschend in die Luft springt. "Komm, stell dich neben mich, Marie, rutsch mal eins nach!", ruft sie einer anderen die sich nicht gerade sehr darüber zu freuen scheint zu.

Nach 1 Stunde, also länger als geplant, verabschieden sich endlich alle voneinander und ich greife mir mit schmerzverzerrtem Gesicht auf meine Beine. Also wie die das hier alles schaffen bleibt mir ein Rätsel, aber es dürften nicht alle Übungen so gewissenhaft ausgeführt worden sein wie von Maud und mir, denn von allen 30 Anwesenden sind wir bei den 4 Leuten dabei die sich schnaufend auf eine Bank setzen.
"Und, wie hat's dir gefallen? Lust morgen wieder zu kommen?", grinst sie mich an.
"Gerne, macht echt Spaß, blöd nur, dass es so spät ist, wenn ich zu Hause ankomme ist auf den Straßen wahrscheinlich die Hölle los und ich brauche mindestens 40 Minuten...", beschwere ich mich ohne, dass es mir im ersten Moment auffällt.
"Ach, das sollte dein kleinstes Problem sein! Ich nehme dich einfach mit dem Auto mit.", schlägt sie fröhlich vor.
"Nein nein, das musst du doch nicht. Wirklich. Spaziergänge schaden nie.", meine ich nur mit Schuldgefühlen. Ich habe es ja unbewusst so herausgespielt indem ich herumgejammert habe. Na toll. Das kann ich doch nicht machen...
"Komm schon, das mache ich doch gerne! Ehrlich!"
"Echt? Danke, voll lieb von dir."
Sie lächelt mich an und knutscht dann Cindy ab.
"Die kleine ist so zuckersüß!!", schwärmt sie in den höchsten Tönen.
"Wie wäre es mit Kaffee? Dann könnten wir ein bisschdn plaudern, du meintest doch, dass du den Kopf frei bekommen wolltest.", erinnert sie mich, natürlich unabsichtlich, an Antoine. Sie erinnert mich generell sehr an ihn. Wie eine weibliche Version von ihm... Anscheinend ziehe ich diesen Typ Mensch an. Hoffentlich ist sie wenigstens ehrlich, aber nachdem sie ja "nur eine Freundin" von mir werden könnte passt es doch wie die Faust aufs Auge, oder etwa nicht? Ist es seltsam, dass ich mir einen Ersatz für ihn suche? Ich könnte doch auch ihn als meinen neuen Bestie nehmen, aber kann ich mir sicher sein nicht mehr als das zu wollen? Er macht es einem wirklich nicht einfach. Was mich so enttäuscht, ist, dass ich etwas vollkommen anderes in ihm gesehen habe. Einen aufrichtigen jungen Mann, der zwar auch seltsame Macken hat, die man nicht verstehen muss, aber trotzdem auf seine eigene Art und Weise einem außergewöhnlichen Menschen gleicht.
"Ja, gerne.", antworte ich ihr meine Tränen versteckend.
"Gut, dann komm mit. Ich kenne da drüben gleich ein echt süßes Café, wird dir gefallen." Sie springt auf und ich schnappe mir Cindy bevor ich ihr folge.

"Und, willst du mir erzählen warum die vorhin so bedrückt warst im Park?", beginnt sie einfühlsam das Gespräch.
"Es gibt da so einen Typen...", antworte ich ihr und schnaufe kurz durch. Soll ich ihr wirklich alles erzählen? Langweile ich sie nicht damit? Sie will sicherlich nur höflich sein, deshalb fragt sie nach...
"Oh nein, nicht weinen. Ach Gottchen, das wollte ich nicht.", meint sie verzweifelt.
"Ist ja nicht deine Schuld. Ich habe heute meinen überaus weinerlichen Tag, vergeht bestimmt bald.", meine ich lachend. Ich sollte mich echt zusammenreißen sonst läuft sie noch davon bevor wir überhaupt irgendetwas miteinander unternommen haben.
"Willst du mir von ihm erzählen? Soetwas kann helfen und ich suche dann mit dir gemeinsam seine negativen Aspekte. Hast du ein Foto von ihm?"
Echt nett von ihr. Wäre ich an ihrer Stelle, hätte ich das nie vorgeschlagen, aber wenn sie meint es hilft...
"Foto leider nicht, ich kenne ihn ja erst seit 2 Tagen, also heute ist der Dritte. Da war auch nie etwas zwischen uns..."
"...aber du hast etwas zwischen euch gespührt, stimmt's?", unterbricht sie mich und ich nicke nur.
"Gut, das kenne ich nur allzu gut. Erzähl weiter."
Und dann erzähle ich ihr alles. Von dem Park, den Hunden, meinen Knien, als er im Café aufgetaucht ist und seine Nummer hinterlassen hat, als er mich nach Hause gebracht hat und als er mich in der Nacht mit seiner Jacke zugedeckt auf seine Brust schlafen ließ. Einfach alles hin bis zu der Frau die er küsste und der Szene die ich ihm dargeboten hatte, von A bis Z, jedes Detail. Sein Aussehen, seine wunderschönen Augen, sein Lächeln. Ich erzähle ihr von seiner Verkleidung und der lächerlichen Ausrede die er dazu hatte und sie bricht in Gelächter aus deswegen. Ich öffne ihr mein ganzes Herz, sie hört mit zwischendurch immer mir zustimmenend Worten zu. Und sie hat recht, es hilft.
"Okay, seine Fehler. Aufzählen, komm schon, streng dich an.", motiviert sie mich ernst.
"Er ist nicht immer ehrlich.", beginne ich zaghaft.
"Kleines, sag es wütend. Er ist ein verdammter Arsch! 'Nur Freunde'? Das kann er sich sonstwo hin schieben! Schau dich an. Du hast jemand besseren verdient wenn er dich nicht schätzt und vor allem was soll das mit den ganzen Frauen? Ist er jetzt der neue Hugh Hefner mit den ganzen Playboytussen oder wie?", beschwert sie sich als ob sie ihn persönlich kennen würde.
"Aber so ist er gar nicht.", verteidige ich ihn schüchtern.
"Süße, wenn er glaubt mehrere gleichzeitig habe zu können hat er sich gewaltig geirrt. Er braucht nicht zu glauben so mit dir umgehen zu können."
"Du hast recht... Was ist aber wenn ich trotzdem noch etwas für ihn empfinde?"
"Das darfst du ja, aber gib ihm nicht das Gefühl dass du es tust. Er wird dich ausnutzen. Vielleicht braucht er nur einen Denkanstoß, schließlich ist er noch jung. Lass ihn zu dir kommen, laufe ihm keines Falls nach und wenn er sich wieder bei dir meldet, ruf mich an. Hier, meine Nummer. Dann besprechen wir den weiteren Weg. Was glaubst du wie ich meinen Ehemann kennengelernt habe?", zeigt sie lächelnd ihren Diamantring her. Ich sag es euch, so einen ausgefallenen aber netten Menschen habe ich noch nie kennengelernt. Schon seltsam, dass ich immer fremden Menschen gleich mein ganzes Vertrauen schenke und vielleicht sollte ich mir mal ernsthaft Gedanken darüber machen, aber bei ihr ist es so als ob ich sie schon seit einer halben Ewigkeit kennen würde. Hoffentlich hat sie recht mit dem was sie sagt und kann mir wirklich helfen...

Ein Leben in Paris? - Antoine Griezmann FanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt