Kapitel 8 ~ Nur über meine Leiche...
Liams Sicht
Den ganzen Tag sitze ich jetzt schon hier auf diesem Stuhl in meinem Zimmer, das ich mir mit meinem "Bruder" teile. Immer wieder wechsele ich meine Position, allerdings vergeht kein Augenblick, in dem ich nicht auf den Hof unseres Internats schaue und die anderen Leute beobachte. Regelrecht stalke. Das Nachsitzen habe ich heute geschwänzt. Der Lehrer und auch die Schüler glauben, dass ich krank im Bett liege. Übelkeit und schrecklicher Husten...*hust*hust*
Ehrlich gesagt, bin ich zu nervös um mich aufs Nachsitzen konzentrieren zu können. Und selbst wenn ich es könnte, würde ich vor lauter Müdigkeit einschlafen. Meine Nacht war, dank einer unerwarteten Nachricht, erschreckend kurz und wenn ich geschlafen habe, dann sehr unruhig. Meine Lust nachzusitzen befindet sich auf dem Nullpunkt. Man könnte sagen, ich bin alles außer entspannt und ausgeruht.
Außerdem könnte ich sie ja verpassen und das möchte ich auf keinen Fall. Ich kann doch nicht einfach zu sehen, wie die Kleine versucht mein Leben noch einmal zu zerstören. Nur über meine Leiche...
Ein zaghaftes Klopfen lässt mich aufhorchen. "Liam...Darf ich rein kommen", fragt eine mir nur zu bekannte Stimme. Die hat mir gerade noch gefehlt.
'Mir auch', pflichtet mir meine ungefragte innere Stimme bei.
Wer das ist? Wer wohl? Jaqueline..., die größte Bitch der gesamten Schule und das ungewollte Anhängsel meines Bruders. Ihr Interesse an ihm kann man nicht leugnen. Keinesfalls. Und bei ihr herscht die unausgesprochene Regel: Mein Wunsch ist Befehl.
Wenn sie mit meinem Freund ins Bett möchte, wird sie es auch schaffen. Zu mir kommt sie wahrscheinlich nur zum Einschleimem, um sich an Leander, meinen besten Freund und Bruder ran zu machen. Falsch gedacht meine Liebe...*würg* Mein Bruder würde nie Gefallen an einer wie ihr finden, dass ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Hoffentlich."Nein, bleib lieber draußen, sonst stecke ich dich noch an"sage ich mit "verstellt kranker" Stimme und wende mich wieder zu meiner eigentlichen Tätigkeit, dem Warten auf sie.
Sie die mein Leben zerstört hat.
Sie, die es wieder zerstören kann.
Sie, die eine der Einzigen ist, die mein Leben wieder reparieren kann. Denn wenn auch mein Leben wieder in geordneten Bahnen verläuft, fühle ich das Fehlen eines wichtigen Teiles in mir.
Zerstörung und Hoffnung in ein und der selben Person.Nicht gerade das was man sich wünscht.
Nach einiger Zeit erkenne ich einen mir bekannten Ford Fusion in braun-grau, der gerade auf den Hof fährt. Maria!
Frau Jonson, unsere Direktorin steigt gerade die Treppen vor dem Haupteingang hinunter und schreitet schnellen Schrittes zu dem Auto. Kurz darauf öffnet sie einfach die Beifahrertür und lehnt sich in das Innere des Fords. Was macht sie denn da?Kurz darauf schreckt sie hoch und entfernt sich einen Schritt von dem Auto. Was ist den jetzt passiert? Frau Jonson reibt sich mit etwas verwundertem Blick die Wange. Ist Maria von allen guten Geistern verlassen? Hat sie das gerade wahrhaftig getan? Anscheinend nicht, denn keine zwei Sekunden später steigt eine wutentbrannte Maria aus dem Auto und schiebt Frau Jonson vorsichtig weg. Ich wusste doch, dass Maria zu so etwas nicht fähig ist. Dazu ist sie zu gutherzig und darum mag ich sie auch so. Allerdings würde es mich brennend interessieren, wie es trotzdem zu diesem Ereignis kommen konnte? Die Antwort liefert mir ein Mädchen, welches gerade aussteigt und sich entschuldigend durch die Haare fährt. Langsam dreht sie ihren Kopf hin und her und folgt unserer Direktorin in Richtung Haupttür. Irgendwie kommt mir das Mädchen bekannt vor, doch das kann nicht sein...
Das darf nicht sein!
Ihr umherschweifender Blick kommt auf mir zum Liegen. Obwohl ich wusste, dass es so weit kommen würde will ich es nicht wahr haben.
Nein, nein, nein- Diese smaragtfarbenen, lebendigen Augen, diese braun-blonden leicht gelockten Haare, dieses engelsgleiche, weiche Gesicht...- Sie ist das Ebenbild. Das Ebenbild von ihr...
...und doch ist sie an allem Schuld.
Lous Sicht
Gemeinsam mit Maria sitze ich in Johanna Jonsons Büro. Vor uns befindet sich ein massiver Schreibttisch aus Holz und dahinter ein bequem wirkender Schreibtischstuhl. Ganz im Gegenteil zu den durchgesetzten Ledersesseln auf denen wir Platz genommen haben. Wie auch schon auf dem Hof lasse ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Die Wände sind in einem mintgrün gestrichen und werden von einigen Bildern geziert. Auf einem kann ich Maria und Johanna aus machen. Neben ihnen stehen zwei große und ein kleiner Junge. Alle tragen sie noble Kleider und Anzüge. Komisch...
Was das wohl zu bedeuten hat?
Auf dem Schreibtisch vor mir liegt eine aufgeschlagene Zeitung. Traueranzeigen zieren die Zeitungsseite. Eine Umrandete erweckt meine gesamte Aufmerksamkeit.
In stillem Gedenken nehmen wir Abschied von Charles Marple, Leiter der berühmten Marple GmbH.
Du bist nicht mehr da, wo du warst - aber du bist überall, wo wir sind.
Ein Brennen meiner Augen kündigt die langsam aufsteigenden Tränen an.
Selbst jetzt sehen ihn die Leute nur als den berühmten Geschäftsmann. Es ist erbärmlich.Nicht heulen, Lou. Du hast es dir geschworen. Oder willst du wieder zu der Heulsuse von früher werden?
Nein...wie immer sehr einfühlsam, du innere Nervensäge.
Gerne doch.
Tatsächlich schafft es diese Nervensäge mich auf andere Gedanken zu bringen.
Nach einem schweren Schlucken richte ich meinen Blick auf Johanna, die gerade auf dem Stuhl gegenüber von mir Platz nimmt und anfängt zu reden."Also Lou, wie schon gesagt, heiße ich dich hier im Coeur de Coquille herzlich willkommen. Hier sind ein paar der wichtigsten Informationen über den Alltag im Internat und der angrenzenden Schule, welche du verpflichtet bist zu besuchen. Außerdem die Hausordnung und dein diesjähriger Stundenplan", sie hält mir einen Stapel Blätter entgegen und schaut mich abschätzend an. "Dein Zimmer liegt im zweiten Stock. Nummer 205. Du teilst dir das Zimmer mit Jaqueline Ladent." Verwirrt und neben der Spur blicke ich von Frau Jonson zu Maria und wieder zurück. "Na los, Bewegung schadet nicht und außerdem möchte ich mit Mari...Frau Miller ungestört reden", wirft sie mich förmlich aus dem Raum raus. Doch bevor sich die Tür hinter mir schließt höre ich noch ein geflüstertes "viel Glück meine Kleine"aus Marias Richtung.
Meine Kleine? Und warum viel Glück? Mein Leben geht sowieso schon den Bach runter, aber trotzdem "danke". Maria kann es jedoch nicht mehr hören, denn die Tür ist zu und nun stehe ich alleine auf einem langen, langen Flur.Und was soll ich jetzt machen?
In dein Zimmer gehen vielleicht?
Ja, aber wie komme ich dort hin?
Die Treppe hoch und dann suchen.
Danke so weit war ich auch schon...
Ohne weiter auf meine innere Stimme zu achten, schultere ich meinen Rucksack und ergreife den Griff meines Koffers. Vollbeladen mache ich mich auf sie Suche nach meinem Zimmer. Ohne auch nur eine Ahnung zu haben, in welche Richtung es zur Treppe geht.
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Hey,
Lest euch auf jeden Fall das Bild oben durch.
Das ist göttlich...Eure HarpaIsland
![](https://img.wattpad.com/cover/78135923-288-k126243.jpg)
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***PAUSIERT***Das unverwechselbare Leben der Lou Marple
Teen FictionLou Marple ist ein normales 16-jähriges Mädchen, in wessen Leben unvorhersehbare Dinge geschehen. Nicht das es schon genug wäre, dass ihr Vater auf unerklärliche Weise stirbt. Nein, nachdem sie auch noch Morddrohungen bekommt, scheint das Chaos in...