Kapitel 4 ~ Ich, Lou Marple schwöre...
Nachdem ich meinen Verstand eingeschaltet habe, folge ich ihr ins Wohnzimmer, wo sie bereits auf einem Sessel Platz genommen hat. Langsam umrunde ich den kleinen Tisch, der in der Mitte des Wohnzimmers steht und von der Couch und zwei Sessel umrandet wird. Gegenüber von ihr lasse ich mich mit einem Seufer, den ich nicht unterdrücken kann, auf das Sofa sinken.
Nach einer Weile ergreift die Frau das Wort.
Wie heißt sie eigentlich? Ich habe keine Ahnung.
Ich hätte das Wort auch schon vor ihr ergriffen, doch der Kloß in meinem Hals hat das nicht zugelassen.
Dummes Ding!
"Also, ich bin Maria Miller vom Jugenamt Stuttgardt." Ich schlucke. Vom Jugendamt? Das hört sich nicht so toll an...eher sogar schlecht. Ich würde gerne etwas erwidern, doch der Kloß in meinem Hals belässt es bei einem "Ah". Einfallsreich, ich weiß.
"Du wunderst dich bestimmt wieso ich gekommen bin? Wir sind aufmerksam geworden. Da dein Vater sich ja umgebracht hat..."
Wie kann sie es nur wagen?
So etwas tacktloses habe ich noch nie, wirklich noch nie zu hören bekommen.
"Was fällt ihnen eigentlich ein so etwas zu behaupten? Das gehört sich einfach nicht. Selbst die Polizei ist sich noch unklar wie er gestorben ist und dann sagen sie so etwas. Vor seiner Tochter. Sie sollten sich schämen! Und so etwas wie sie, soll Gutes für Kinder tun. Das ich nicht lache. Sie sollten besser Abstand zu Kindern halten, bevor die Kinder sie als ein Vorbild sehen und genauso taktlos werden. Und wenn ich ihnen damit nicht zu nah trete, was ich vermeiden werde, rate ich ihnen dieses Haus auf der Stelle zu verlassen", schreie ich sie letzten Endes an.
Ich habe mich so in Rage geredet, dass ich kurz davor stehe die Beherrschung vollkommen zu verlieren. Frau Miller scheint diese Tatsache jedoch nicht zu bemerken und schaut mich nur gelassen an, als hätte sie mit dieser Reakion gerechnet. Na warte... Fassungslos stehe ich auf und gehe zum Fenster, um frische Luft in den Raum zu lassen. Bei der stickigen Luft hier fällt es mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Der Kloß in meinem Hals ist auf unerklärliche Weise verschwunden.
Gut so.
"Ich wollte dich nicht verletzten Lou", versucht sie mich zu beruhigen, während ich mit dem Gesicht in Richtung Fenster an der Fensterband lehne.
Oh anscheinend ist ihr der Verlust meiner Beherrschung auch aufgefallen.
Doch ich ignoriere sie einfach weiterhin. Den Blick sturr aus dem Fenster gerichtet.
Draußen ist unser herbstlicher Garten zu sehen. Die Blätter sind bunt und gerade fliegt ein Vogelschwarm in Richtung Süden davon.(s. Bild oben) Wie gerne ich doch auch vor dieser Kälte hier fliehen würde. Und vor Frau Miller!
"Lou? Hast du mir zugehört" fragt Maria sanft.
Wie kann eine solche Person nur eine derart sanfte Stimme haben?
Ich nicke leicht. Natürlich habe ich sie gehört, doch schenke ich ihren Worten keinen Glauben mehr. Wie kann man so etwas sagen und jemanden nicht verletzten wollen? Diese Kombination ist unmöglich.
Sie legt mir eine Hand auf die Schulter. Eigentlich sollte ich sie abschütteln, doch möchte ich die Wärme die von ihrer Hand ausgeht nicht missen und so lasse ich sie einfach dort liegen wo sie ist.
"Wir müssen eine Lösung für dich finden, mein Kind!"
Mein Kind? Ich glaube, ich habe mich verhört!
Doch ich habe nicht genug Kraft, um etwas zu erwidern. Der Kampf gegen die aufsteigenden Tränen in mir ist schon hart genug und zerrt ganz schön an meinen Kraftreserven.
Ich werde jetzt nicht wieder anfangen zu heulen.
Und in diesem Moment lege ich insgeheim einen Schwur ab, von dem nur ich und sonst niemand hier auf Erden weiß:
Ich, Lou Marple schwöre, nie wieder auch nur eine einzige Träne zu vergießen bis an mein Lebensende!
(Zumindest nicht vor Augen, die nicht mir selbst gehören.)
Diesen kleinen Zusatz würde ich selbst mir nicht eingestehen, aber im hinteren Teil meines Kopfes ist er vorhanden. Zwar klein, aber fein und irgendwann vielleicht einmal aussagekräftig.
"Soweit ich weiß, hast du keine weiteren Verwandten", stellt sie fest. Doch ihre Feststellung hört sich viel mehr nach einer Frage an und so nicke ich zustimmend.
Warum nur, muss sie mich daran erinnern, dass ich alleine bin?
"Gut."
Aha, sie findet es also gut, dass ich einsam bin. Gut zu wissen!
"Da du noch minderjährig bist und zur Schule musst, denke ich das wir nur eine Wahl haben", langsam werde ich hellhörig. Schließlich geht es gerade um meine Zukunft.
"Entweder du gehst ins Kinderheim, mit der Hoffnung auf eine Adoption und kannst dadurch auf deiner jetzigen Schule bleiben oder...""Oder", überstürze ich mich zu fragen.
'Wow, du hast dein Stimme wieder gefunden. Applaus' , jubelt meine innere Stimme sarkastisch wie immer.
'Fresse', würge ich sie ab und konzentriere mich weiter auf Maria Miller.
"...oder du gehst auf ein Internat", beendet sie ihre Rede.
Ein Internat? Na ja, immerhin besser als ins Kinderheim zu kommen.
"Gibt es hier den eins", frage ich sie aus reinem Interesse.
"Damit bin ich überfragt. Jedoch würde ich dir ein Internat in Niedersachsen empfehlen. Es liegt nicht weit von der Nordseeküste entfernt und bietet einem viele Möglichkeiten sich zu entfalten", antwortet sie.
"Woher wissen sie das", komme ich nicht herum zu fragen.
"Ich selbst bin dort zur Schule gegangen und kann nur Gutes berichten. Weißt du, ich hatte keine normale Kindheit", erklärt sie und schlägt sich bei den letzten Worten selbst ihre Hand auf den Mund. Ihre Augen sind glasig.
Um wenigenst etwas zu tun lege ich ihr eine Hand auf die Schulter, genau so, wie sie vorhin bei mir. "Ich weiß", fühle ich mich verpflichtet zu sagen. Ein leichtes Lächeln umspielt ihre Lippen.
"Du bist stärker als ich erwartet habe, Lou. Wie deine Mutter."
Und ohne mir die Zeit zu geben, etwas darauf zu sagen und ich hätte viel zu sagen gehabt, wechselt sie geschickt das Thema.
"Und? Ist dieses Internat eine Option für dich?" Ohne lange zu überlegen nicke ich. "In Ordnung. Dann fang schon einmal an deine Sachen zu packen und ich kläre alles andere", sagt sie während sie sich umdreht und sich auf den Weg macht das Haus zu verlassen. "Ich komme morgen Mittag und hole dich ab. Stell dich auf eine lange Fahrt ein."
Und schon ist sie verschwunden. Komplett neben der Spur setzte ich mich auf einen der Sessel. Innerhalb von fünf Minuten hat sich ein ganzes Leben, mein ganzes Leben verändert!
Nun schaue ich in leere Koffer, die darauf warten voll gepackt zu werden und eine Zukunft, die zum Greifen nah und ungewiss hoch zehn ist.
Ganz ehrlich, ich kann mir definitiv etwas besseres vorstellen.
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Hallo ihr da draußen,
ich hoffe euch geht es gut.
Und vorallem hoffe ich, dass euch dieses Kapitel gefällt.
Was es wohl mit Maria Miller auf sich hat?
Und wie wird es auf dem neun Internat laufen?
Wir werden sehen.
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***PAUSIERT***Das unverwechselbare Leben der Lou Marple
Fiksi RemajaLou Marple ist ein normales 16-jähriges Mädchen, in wessen Leben unvorhersehbare Dinge geschehen. Nicht das es schon genug wäre, dass ihr Vater auf unerklärliche Weise stirbt. Nein, nachdem sie auch noch Morddrohungen bekommt, scheint das Chaos in...