Kapitel 27 ~ Who?

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Kapitel 27 ~ Who?

Nachts schrecke ich auf. Mein verschlafener, noch leicht verschwommener Blick gleitet durch den ganzen Raum und fokussiert sich auf das offene Fenster. Wahrscheinlich habe ich am Anfang dieser Nacht vergessen das Fenster zu schließen, ungewöhnlich wäre es nicht. In dem Bett auf der anderen  Seite des Raumes sehe ich nur noch die zurück geschlagene Bettdecke. Vermutlich hat Jacqueline gerade ihren Spaß. Kann mir allerdings egal sein, immerhin geht es nicht von meiner Schlafzeit ab.

Ein kalter Luftzug durchweht den Raum und ein Schauer läuft über meinen Rücken. Die Nacht wirkt heute beengend und im Gegensatz dazu irgendwie leer. Zittrig schlage ich meine Bettdecke zurück und schleiche barfuß zum Fensterbrett. Warum ich schleiche weiß ich nicht genau, schließlich bin ich allein und so weit ich weiß, befindet sich unter meinem Zimmer auch nur ein Aufenthaltsraum, aber ein Gefühl in mir sorgt in mir dafür es zu tun.
Als ich das Fensterbrett erreiche und mich leicht darauf lehne, sehe ich den vollen Mond in der finsteren Nacht. Wie klischeebeladen diese Nacht doch ist. Fehlt nur noch, dass sich einer der Jungs in einen Wolf verwandelt und aufheult. Doch zu meinem Glück ertönt kein Wolfsgeheule. Tiefeinatment drehe ich mich weg und greife nach dem Fenster um es zu schließen als ich ein leises Quicken unterdrücken muss. Etwas spitzen hat mich am Nacken getroffen. Schnell drehe ich mich um und halte mir mit einer Hand die Stelle im Nacken als ich das gehetzte Atmen und die schnellen Schritten einer Person höre. Meine Atmung stoppt augenblicklich. Wer ist das? Von meiner Angst getrieben duke ich mich und schleiche zum Fensterbrett um mich darunter zu verstecken. "Au", entfährt mir ein klagender Laut als ich mit meiner Hand in das spitze Wurfgeschoss greife. Es ist ein mittelgroßer weißer Stein. Ohne zu überlegen streife ich schon über eine der Kanten des Steins und spüre das mir bekannte Brennen. Der Schnitt, den ich mir zugezogen habe ist klein und fein, brennt aber wie ein großer.

Ach wirklich. Wie brennt er denn? Vielleicht hilft dir das auf die Sprünge.

Wie das? Ich meine, es ist schon komisch, dass mich jemand mit Steinen abwirft und dann wegrennt und das alles mitten in der Nacht, aber wie soll der Schnitt denn brennen um mir auf die Sprünge zu helfen?

Vielleicht um ein Versteck zu offenbaren.

Du spinnst doch.

Kann gut sein, aber beantworte jetzt erst mal meine Frage.

Es brennt wie bei einem normalen Schnitt an Papier aus Büchern in der Schule. Aber wie soll mir - Oh.

Ich muss meine Frage nicht vollenden um zu verstehen, ich kann nur hoffen, dass es nicht das ist was ich denke. Leider bestätigt sich mein Gedanke nur wenige Minuten später. Die weiße Schicht um den Stein ist ein Blatt Papier. Bestickt mit einer Nachricht in Computerschrift, welche mich aufkeuchen lässt.

DAS LEBEN IST UNGERECHT, SAGE ICH UND WEIß, DASS ES SICH ERST ÄNDERN WIRD, WENN DU VERSTUMMST.
WENN DEINE ATMUNG EINGESTELLT IST.
MACH DICH SCHON EINMAL BEREIT!

Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen und erinnert mich daran nicht schon jetzt freiwillig das Atmen einzustellen. Doch die Fragen bleiben. Wer war das? Und wieso will er das? Ich kann mich nicht erinnern je mit jemandem aus dieser Gegend in Kontakt gestanden zu haben. Vorallem nicht im Streit auseinander gegangen zu sein und dadurch Schuld auf mich geladen zu haben. Wie ist das also möglich? Anstatt mich wie das letzte Mal verzweifelt zu verkriechen, setzte ich mich an meinen Schreibtisch und suche nach der ersten Drohung. Schnell finde ich sie und versuche einen Zusammenhang zwischen den beiden Briefen zu finden.
Erstens, das Ziel. In beiden ist von meinem Sterben die Rede.
Zweitens. Das Papier ist das Gleiche, weshalb ich hoffe, nur von einem Menschen so verachtet und verwünscht zu werden.
Und drittens. Kann ich mir jetzt sicher sein, dass ganz sicher ich gemeint bin. Schließlich macht ein Täter nicht zweimal den selben Fehler. Ob mich das jetzt beruhigt ist eine andere Sache.

Aber eins ist sicher. Es muss jemand aus dem Internat sein, jemand anderes befindet sich sonst nicht nachts auf dem Schulgelände, da die Einfahrt verschlossen ist. Und selbst uns Schülern ist es untersagt nachts die Wohngebäude zu verlassen. Also muss es ein ungehorsamer Schüler oder einer der Erwachsenen gewesen sein, aber wer?

Ein Lehrer oder doch eher einer der Betreuer?

Ein Junge oder doch eher ein Mädchen?

Bekannt oder fremd?

Ich lege auf einem leeren Blatt eine Liste der möglichen Täter an und logge mich dafür in unserem schulinternen Netzwerk ein, um eine Namensliste der Schüler zu hilfe zu nehmen. Leider gibt es nur klassenweise Listen, aber so kann ich mir meine Klasse sparen. Deren Namen bekomme ich auch so hin.

Übschrieben mit dem unkreativen Titel Mögliche Täter lege ich eine Tabelle an. Unterteilt in mir unbekannte und bekannte Personen.

"Bekannt :
  Jacqueline
  Leon
  Samuel
  Casper
  Liam - "

Bei meinen Freunden halte ich kurz inne. Soll ich sie überhaupt mit aufnehmen? Ich meine, ich werde sie sowieso streichen. Trotzdem entscheide ich mich dafür sie aufzunehmen. Ich sollte aufhören nur an das Beste in den Menschen zu glauben, vielleicht ist das genau ihre Taktik um an mich heran zu kommen. Freundschaft vorspielen und im Geheimen Mordpläne schmieden... Meine Verunsicherung wächst mit jeder Sekunde, in der ich über diesen Gedanken grübele. Kann ich meinen Freunden überhaupt noch trauen?

***PAUSIERT***Das unverwechselbare Leben der Lou MarpleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt