Kapitel 6 ~ Wie ich sie hasse!

39 7 1
                                    

Kapitel 6 ~ Wie ich sie hasse!

Die Augen fest geschlossen und darauf bedacht sie nicht aus Versehen doch noch zu öffnen, sitze ich angeschnalt auf dem Beifahrersitz des Fords und belausche angestrengt Frau Millers Telefonat.

Ja, ich belausche sie.
Und ja, ich weiß, dass es unhöflich ist, aber es ist auch unhöflich ein Telefonat mit jemandem zu führen, wessen Hauptthema die, ich zitiere, "zum Glück gerade schlafende" Person neben einem ist, in ihrem Fall also ich.

Leider, hat diese "zum Glück gerade schlafende" Person einen leichten Schlaf und ist  daher, als ihr Name fiel aufgewacht ohne bemerkt zu werden. Ganz zum Bedauern von Maria.

Soll ich jetzt froh sein, dass ich aufgewacht bin und  das Gespräch zumindest teilweise belauschen kann?  Immerhin geht es um mich!
Oder soll ich sauer sein, weil ich wegen diesem Telefonat aufgewacht bin und den Schlaf dringend gebraucht hätte?

Egal, für welche der beiden Fragen ich mich entscheide, eins steht fest.

Maria kann sich auf was gefasst machen.

Anstatt zu versuchen wieder in den Schlaf zurück zu finden oder mich bemerkbar zu machen, schauspielere ich schön weiter und tue so, als ob ich tief und fest schlafe.

"Mist, daran habe ich nicht gedacht", sagt gerade eine dunkle, unverkennbar männliche Stimme am anderen Ende der Leitung.

"Wie konntest du nur so unüberlegt handeln", fragt ihn Maria, die kurz vor einem Nervenbruch zu stehen scheint, laut und deutlich.

Vielleicht sollte sie sich das einmal selbst fragen!

Stichwort: Telefonat über mich, neben meinem schlafenden, eigentlich nicht mehr schlafenden Ich

Die Stimme, welche vermutlich einem jungen Mann in ungefähr meinem Alter gehört, antwortet zerknirscht: "Es ging alles zu schnell. Erst überrumpelst du mich und dann fällt er mit der Tür ins Haus! Ich hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken."

Über was nachzudenken?

Die Frage liegt mir auf der Zunge, kommt jedoch glücklicherweise nicht über meine Lippen.

"Lou darf auf keinen Fall...", fängt Maria aufgebracht ihre Erwiderung an, doch meine Konzentration ist wie weggeblasen. Mist!

Oh, bin ich müde. *gähn*gähn* Warum hab ich heute Nacht nur so kurz und schlecht geschlafen?

'Hm...vielleicht lag es daran, dass dein Leben sich von jetzt auf  gleich vollkommen verändert hat und jetzt ein neuer Lebensabschnitt für dich beginnt', neckt mich meine innere Stimme ohne Rücksicht auf Verluste, wie zum Beispiel meine Nerven.

Ich hasse sie!
Diese unbrauchbare, innere, schrecklich sarkastische Stimme.

Warum gibt es die überhaupt, wenn sie doch sowieso nie hilfreich ist?

Beleidigt zieht meine innere Stimme den Rückzug an, während ich ihr noch extra meine Zunge raustrecke. Nätürlich nur in Gedanken.

Dank meines inneren, äußerst interessanten *hust*hust* Monologes habe ich den Rest von Marias Erwiderung verpasst, doch muss sie so aussagekräftig gewesen sein, dass ich hören kann wie dem Jungen auf der anderen Seite langsam eine Sicherung abfackelt.

Gehässiges Lachen meinerseits.

Ich habe das Gefühl, als wäre ich in einen Ameisenhaufen gefallen, denn meine linke Hand und meine beiden Füße sind eingeschlafen und fordern eine sofortige Änderung der Sitzposition.

***PAUSIERT***Das unverwechselbare Leben der Lou MarpleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt