Kapitel 32 ~ Kleine Prinzessinen
Lous Sicht
Immer noch geschockt schaue ich in seine Richtung. Ein großer Junge mit breiten Schultern und einer unverkennbaren Stimme steht mir gegenüber. Seine mattolivegrünen Augen kann man nur erahnen.
Brian.
Ungewollt versteift sich mein Körper. Warum? - Weiß ich nicht. "Willst du dich denn nicht bei mir bedanken", ertönt seine raue Stimme an meinem Ohr und mir läuft ein Schauer über den Rücken. Irgendetwas rumort in meinem Magen und ich dränge mich selbst dazu, ihm zu antworten: "Doch." Ich schlucke kurz. Meine Gedanken finden keine Verbindung. "Danke", höre ich mich selbst anders oder wackelt meine Stimme?
Das dir das heute auch noch auffällt...
Nett wie eh und jeh. "Geht doch", seine Stimme klingt verführerisch.
Verführer-Was???
Verführerisch, aber wo du es sagst, irgendetwas ist heute abend schief gelaufen.
Das glaube ich aber auch.
Gut, da ich aber nichts daran ändern kann und werde, höre ich ihm einfach weiter zu und beobachte - wohl eher erahne - jede seiner Bewegungen in der Dunkelheit des Flurs. "Was machst du hier, Lou?" Mein Name aus seinem Mund klingt anders, als das sonst etwas spöttische "Prinzesschen". Er klingt auch anders als an den Tagen davor. Anders als bei unserem Kinobesuch. Aber was ist es, was uns beide in unserem Handeln so beeinträchtigt?
Uns von Kopf bis Fuß einhüllt wie eine wärmende, aber zu dünne Decke, vergleichbar mit einer zu dünnen Eisschicht auf einem See bei dem Versuch Schlittschuh zu laufen.Erst die Angst vor den Risiken.
Dann der Stolz über die Überwindungskraft.
Und letztendlich die Panik, wenn das Eis bricht und das eiskalte Wasser einen umschließt."Lou, warum bist du nicht in deinem Bett", retten mich seine Worte aus dem Eiswasser des Sees. "Es ist schon spät."
Ich zucke teilnahmslos mit den Schultern. "Ich wollte zu Liam, aber er macht mir nicht auf."Etwas in seiner Miene ändert sich. "Was wolltest du bei ihm?" "Wieso 'wolltest'? Ich will immer noch", erläutere ich meine Lage genauer. "Und was 'willst' du bei ihm", fragt Brian ebenfalls angespannt. "Schlafen", sage ich einfach und sehe schon die Problematik der Zweideutigkeit. Und bevor ich das Vorhersehbare aufhalten kann, hat er schon angefangen zu sprechen: "Soso", er schüttelt leicht den Kopf. "Was denkt er sich nur dabei? Immerhin reden wir von Lou." "Ich glaube, du hast da was falsch verstanden, Brian." In meinem Ohr höre ich lauter Echos seines Namens. Was ist nur mit mir los? Ich meine, ich spreche hier von einem typischen Player und Bad Boy.
"Was soll ich falsch verstanden haben, dass du mit Liam schlafen willst, ich glaube - "
"Genau das", unterbreche ich ihn und fixiere seine mattschimmernden Augen. Das Gefühl sie das erste Mal richtig wahrzunehmen ist allumfassend. Diese kleinen Akzente, diese Mischung aus der gräulich Färbung im Außenring und der überschattenden olivgrünen im Inneren. Sie halten mich länger fest als geplant, doch ich schaffe es schnell mich zu fangen. "Ich wollte nur fragen, ob ich für heute Nacht in Leanders Bett schlafen darf, da dieser gerade mit Jacqueline gewissen sportlichen Aktivitäten nachgeht. In unserem Zimmer. Und ich sehe es nicht ein mit Ohrstöpseln zu schlafen nur weil die Zwei nicht ruhig sein wollen. Um es also kurz zu fassen, ich will und werde nicht mit Liam schlafen, sondern nur im gleichen Zimmer."
"Liam ist aber gar nicht da."
Überraschung!!!
Lustig...
"Und warum nicht?" "Er ist in meinem Zimmer und zockt mit Taylor." Ich seufze. "Und welches ist euer Zimmer?" Er durchwühlt mit den Fingern seine Haare und schaut mich dann an. "Unwichtig. Ich meine, du wirst sowieso mit mir in einem Zimmer schlafen." Mir klappt die Kinnlade herunter. "Und wieso?" "Weil ich in Liams Bett schlafen werde und du in Leanders." Er zieht einen Schlüssel aus seiner Jackentasche und grinst mich keck an.
Ach, da ist er ja wieder.
Wer?
Unser Bad Boy.
Unser- Anna, geht es dir ganz sicher gut. Ich meine, es gibt bestimmt auch Ärzte für innere Stimmen. Wir könnten einen aufsuchen.
Nicht nötig. Aus sicherer Quelle weiß ich außerdem, dass es keinen gibt.
Er dreht sich um, läuft zu der Zimmertür und sperrt sie auf, anschließend winkt er mich zu sich.
Mit lahmen Schritten betrete ich das Zimmer und steuere gleich das nächste Bett an. Brian lacht. "Bist du müde Prinzesschen?" Ich nicke einfach und lasse mich sogleich auf das Bett fallen. Es riecht gut, dass muss ich zugeben. Brian läuft in der Zwischenzeit zum Schrank, öffnet ihn und zieht sich ein schwarzes T-Shirt heraus. Mir wirft er ein weißes aufs Bett und verzieht sich dann ins Badezimmer. "Ich geh duschen, bis gleich."
Und schon ist die Badtür zu, ich vernehme nur noch das Drehen des Schlüssels im Schlosses und das Rauschen des Wassers. Schnell ziehe ich mich um und schlüpfe unter die Decke. Das Kissen senkt sich unter dem Gewicht meines Kopfes und passt sich meiner Kopfform an.
Ich bin einfach müde.
Als Brian aus dem Bad kommt, befinde ich mich schon in einem Dämmerzustand. Ich murmele noch ein leises "Gute Nacht" und freue mich über die Dunkelheit im Zimmer als Brian das Licht aus macht.
"Gute Nacht, kleine Prinzessin."
Kleine Prinzessin?
Aber ich denke nicht weiter darüber nach und lasse mich hinab gleiten in die Welt des Unmöglichen.
Mein letzter Gedanke gilt mattolivgrünen Augen mit einem Toutch grau am Rand.
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***PAUSIERT***Das unverwechselbare Leben der Lou Marple
Novela JuvenilLou Marple ist ein normales 16-jähriges Mädchen, in wessen Leben unvorhersehbare Dinge geschehen. Nicht das es schon genug wäre, dass ihr Vater auf unerklärliche Weise stirbt. Nein, nachdem sie auch noch Morddrohungen bekommt, scheint das Chaos in...