Aro sitzt auf seinem Thron und eine dunkelhaarige Frau steht neben ihm. Das muss Sulpicia sein, seine Ehefrau. Marcus ist ebenfalls da.
,, Meister?'', frage ich und senke unterwürfig den Blick.
,, Sprich, Sina. Was begehrst du?''
,, Ich habe von dem Ball gehört und möchte mir gerne Kleidung kaufen. In Volterra.''
,, Das ist wohl keine so schlechte Idee'', sagt er langsam,,, Aber Jane wird ich begleiten. Nicht, dass du uns noch abhanden kommst. Kauft, was ihr für nötig haltet. Geht.''Jane und ich verbeugen uns und verlassen den Saal. Na, toll. Natürlich muss es gerade Jane sein.
,, Wir werden zuerst zu meinem Lieblingsladen für Abendmode gehen. Du darfst dir jedes Teil aussuchen, das dir gefällt. Auf meiner Kreditkarte befindet sich sehr, sehr viel Geld. Wichtig ist, dass es schwarz oder rot ist. Wir müssen den Eindruck der Volturi wahren.''
Jane ist komplett verändert. Sie zieht ihren schwarzen Umhang aus und ich sehe, dass sie darunter ein schwarzes Langarmshirt, einen schwarzen Rock und eine schwarze Strumpfhose trägt. Sie holt eine Handtasche aus ihrem Zimmer und wir gehen bemüht gesittet aus dem Palazzo. Kaum sind wir draußen fängt Jane, wie ein Teenager, an, zu kreischen, dass sie schon seit Jahren nicht mehr draußen war. Ich habe das Gefühl, dass sie noch ein Kind ist. Dann fällt mir ein, dass sie ja als Teenie verwandelt wurde. Jane packt mich am Arm und schleift mich durch die Straßen. Es regnet in Strömen und nach kurzer Zeit sind wir klatschnass. Ohne Regen hätten wir aber sicherlich nicht rausgedurft.Als wir dann endlich an einem überraschend großen Laden angekommen sind, klebt mein Kleid unangenehm eng am Körper. Jane verschwindet sofort in den nach Farben sortierten Kleidermengen, die zwischen den Stangen hervorquellen. Ich folge ihr und finde sofort drei Kleider, die mir ins Auge stechen. Alle drei sind rot und mit Pailetten besetzt. Das erste passt wie angegossen und sieht einfach toll aus. Es ist bodenlang. Das zweite und dritte genauso.
Doch als ich auf den Preis gucke, hänge ich es lieber schnell wieder zurück. Sie sind viel zu teuer. Selbst mit meiner Killergage kann ich mir das nicht leisten.
,, Wieso hast du sie weggehängt?'', fragt mich Jane, die auf einmal hinter mir steht.
,, Zu teuer'', sage ich knapp.
Die Lust am Shoppen ist mir vergangen. Das sind die perfekten Kleider.
,, Kauf sie dir doch alle drei. Ich habe genug Geld auf meiner Karte. Das habe ich doch vorhin schon gesagt.''
,, Danke'', sage ich überrascht.
Sie ist überhaupt nicht mehr so, wie sie am Anfang gewirkt hat.Jane kauft sich ein schwarz-rotes, knielanges Kleid. Danach gehen wir noch mit vollen Tüten durch die Stadt und kaufen mir Make up, Schuhe und normale schwarze Oberteile, Röcke, Strumpfhosen und Hosen.
Als wir aus dem letzten Geschäft kommen, sehe ich im Laden gegenüber eine Violine im Schaufenster stehen. Das weckt in mir den Drang, sie zu nehmen und zu spielen. Seit zweihundert Jahren spiele ich nun schon Violine.
,, Was ist?'', fragt Jane neben mir.
,, Habt ihr eigentlich so etwas wie einen Musikraum?'', frage ich.
,, Nein. Warum sollten wir? Ich glaube, Meister Aro hat ein Klavier.'' Ich konnte mir nie eine eigene Geige zulegen, aus Angst sie könnte auf einem meiner Aufträge verloren gehen. Aber jetzt würde ich wohl auf Dauer hierbleiben. Aro wird mich so schnell nicht wieder gehen lassen.
,, Schade, ich möchte dort drüben noch einmal in den Laden'', sage ich und schon bin ich da.
,, Ein Instrumentenhandel?''
Ich ignoriere sie und betrete den Laden. Drinnen ist alles vollgestopft mit Instrumenten. Ein älterer Mann steht vor uns.
,, Was kann ich für Sie tun?''
Bevor ich darüber nachdenken kann, sage ich:,, Ich hätte gerne die Violine aus dem Schaufenster mit Kasten und Kolifonium. Dazu am liebsten noch ein Liederheft.''
Eigentlich geht man nach dem Klang. Das weiß ich auch, aber ich habe nicht viel Zeit, um sie lange auszuprobieren. Außerdem klingt sie hier vermutlich ohnehin anders als in meinem Zimmer. Viele Lieder kann ich aus dem Kopf, aber ein paar neue sind immer gut.
,, Einen Moment, bitte.''
Er geht in einen anderen Raum und kommt mit einem Geigenkasten zurück.
,, Würden Sie ihn bitte für mich öffnen?'', frage ich ihn und er tut wie ihm geheißen und öffnet den Kasten.
Ich begutachte die Violine und stelle fest, dass sie keinerlei Mängel aufweist. Das Kolifonium ist noch neu. Der Bogen ist gut gespannt und noch voll. Der Kasten ist auch noch gut in Schuss.
,, Ich nehme sie'', sage ich und ziehe der überraschten Jane ihre Handtasche aus der Hand.
Schnell bezahle ich und verschließe den Kasten wieder.Als wir wieder im Palazzo sind, tragen wir erst die Sachen in Janes Zimmer, dann in meines. Erwartungsvoll bleibt Jane auf dem kleinen Bett sitzen.
,, Was willst du hier noch?'', frage ich sie kühl, nachdem ich all meine Sachen in den Schrank sortiert habe.
,, Ich will hören, wie du spielst.''
,, Aber ich muss mich erstmal einspielen und sie stimmen'', sage ich, um sie loszuwerden.
Ich mochte es noch nie, wenn mir jemand zuhört.
,, Dann warte ich so lange'', sagt sie stur.
Seufzend hole ich die Violine aus dem Kasten, stimme sie, korrigiere ihre Stellung und spiele mich ein. Ein Lied kann ich auswendig. Schon seit ich es gelernt hatte. Das Air von Johann Sebastian Bach. Es ist genial. Das Instrument vibriert unter meinem Kinn. Der Klang ist voll und wohltönend. Perfekt austariert.Ich weiß nicht, wie lange ich spiele. Doch ich genieße es. Den Klang, einfach alles. Ich habe viel zu lange nicht mehr gespielt. Jane hört ruhig zu. Dann packe ich meine Violine ein.
,, Du kannst sehr gut spielen.''
Mir fällt fast die Violine aus der Hand. Ich drehe mich um und sehe, dass sich Demetri und Felix hinter mich gestellt haben.
,, Ja, also. Ich...'', stottere ich.Demetris Anwesenheit bringt mich durcheinander. Schnell packe ich meine Violine ein, um meine Verlegenheit zu vertuschen und als ich mich wieder umdrehe, sind sie weg.
,, Du bist verknallt'', stellt Jane fest.
,, Was? Nein! In wen denn?''
Wahrscheinlich habe ich sie zu schnell abgewiesen.
,, Natürlich bist du es. In Demetri. Aber an dem kannst du dir die Zähne ausbeißen. Er ist mit Heidi zusammen.''
Diese Erkenntnis verprügelt mein Herz und lässt es sterbend liegen.
,, Du musst unbedingt lernen, deine Gefühle zu unterdrücken. So machst du dich angreifbar. Das ist die erste Regel.''
Nun werde ich wütend auf mich selbst. Wie kann ich mir auch Hoffnungen machen? Er kann jede haben, wieso sollte er mich nehmen?Irgendwo muss ich meine Wut auslassen. Mit voller Wucht schlage ich gegen das kleine Bett. Es bricht zusammen und Jane steht schnell auf.
,, Geh zu Felix'', rät sie mir,,, Solange du noch wütend bist. Dann kannst du gut trainieren.''Dann verschwindet sie und ich mache mich auf den Weg, um Felix zu suchen. Ich finde ihn im Trohnsaal. Zum Glück ist seine Schicht zu Ende und er geht mit mir zusammen in den Kerker.
,, Na, los. Lass deine Wut an mir aus'', provoziert er mich.
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich renne auf ihn zu, doch er läuft weg und greift mich von hinten an. Eine Sekunde später liege ich auf dem Boden und seine Hände liegen um meinen Hals.
,, Nochmal'', knurre ich durch zusammengebissene Zähne. Niederlagen mochte ich noch nie. Ich bin es nicht mehr gewohnt, mit Vampiren zu kämpfen. Stattdessen bin ich Menschen gewohnt, die mir nichts entgegensetzen können. Doch so habe ich gegen einen ausgebildeten Vampir keine Chance.Er lässt mich aufstehen und ich stehe ihm wieder gegenüber. Diesmal lasse ich ihn angreifen, weiche ihm schnell aus und füge ihm einige Kratzer zu. Doch am Ende liege ich wieder auf dem Boden. So läuft das circa zwanzig Male. Bis Demetri reinkommt. Er verwirrt mich wieder so sehr, dass ich schon nach einigen Sekunden auf dem Boden liege. Peinlich berührt senke ich den Blick.
,, Der Meister möchte, dass du deinen Dienst wieder aufnimmst. Da du schon vor einer Stunde hättest da sein müssen, obwohl er es sehr schätzt, dass du dir so viel Mühe um die Neue machst."
Er hätte mich schlagen können und es hätte nicht so sehr wehgetan, wie mich abwertend als Neue zu bezeichnen. Bin ich wirklich so verliebt? Das passt überhaupt nicht zu mir.
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Das Engelsmädchen
FanfictionSina sieht genauso aus, wie man sich einen Engel vorstellt. Hellblond mit Korkenzieherlöckchen, makelose Haut, weiblichen Kurven, rote volle Lippen und lange Wimpern. Doch sie ist keinesfalls ein Engel. Sie wurde in einer der härtesten Attentäters...