Kapitel 8

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Demetri und ich liegen nebeneinander hinter einem Busch und beobachten die Vampire. Es sind knapp zwanzig. Junge Erwachsene, die ungefähr in meinem Alter verwandelt wurden. Und dort ist dieses kleine makelose Kind. Ebenfalls ein Vampir. Das zweitwichtigste Gesetz wurde gebrochen. Ein unsterbliches Kind zu erschaffen. Es ist ein Junge, circa vier Jahre alt. Die roten Augen und das kurzgeschorene Haar passen gar nicht zu ihm. Aro wird ihn töten, da er unberechenbar ist. Ich hingegen habe Mitleid mit ihm. Der Arme wollte das sicher nicht. Nun war sein Schicksal besiegelt. Eine hübsche Vampirin, die aussieht, wie als wäre sie einem Barbie Film entsprungen, betüdelt ihn die ganze Zeit. Das muss die Erschafferin sein. Der Boss ist dem Anschein nach ein hochgewachsenener, dunkelhaariger Mann.

,, Wir müssen zumindest das Kind vernichten'', flüstert Demetri mir zu. Ich habe schon ganz vergessen, dass wir zusammen da sind, was ein Wunder ist. Seine Nähe ist unglaublich berauschend.
,, Aber Aro hat gesagt, dass wir nur...''
,, Ich weiß, was Aro gesagt hat. Aber manchmal muss man auch mal nachdenken'', unterbricht mich Demetri scharf.
Ich verkneife mir eine bissige Bemerkung.
,, Und wie? Wie sollen wir an das Kind kommen?''
,, Du wirst alle anderen mit deiner Gabe treffen und ich nehme mir das Kind vor.''
Alle?! Das schaffe ich nie. Bisher habe ich höchstens, fünf Leute gleichzeitig belegt und das ist schon ziemlich anstrengend.
,, Das sind zu viele'', erwidere ich nüchtern.
,, Kriegst du schon irgendwie hin.''
So toll er auch ist, aber das kann er mir nicht versichern. Er hat keine Ahnung.
,, Auf die Plätze, fertig. Los.''

Ohne richtig darüber nachgedacht zu haben, versuche ich alle mit meiner Gabe zu erwischen, während Demetri zu dem Kind läuft. Ich konzentriere mich auf den Boss und die Erschafferin, dann noch einige andere. Doch nicht auf alle. Sie zeigt Wirkung. Acht Vampire gehen zu Boden. Dann neun. Und ich auch. Der Druck auf meinem Kopf wird zu groß. Jetzt wird meine Gabe unkontrolliert und breitet sich immer weiter aus und zerrt mich aus. Ich weiß nicht, ob ich Demetri auch erwischt habe. Mit letzter Kraft versuche ich, meine Gabe wieder zurück zu ziehen. Mit Erfolg. Mit einem Schlag ist all der Schmerz aus meinem Kopf verschwunden.

Dafür kommen die Bilder und erdrücken mich. Als erstes sehe ich, wie meine Frau ermordet wird und schreie mit einer männlichen Stimme. Meine Gabe hat ihren Preis. Nicht bei einer Person, sondern bei mehreren. Kurz wird es dunkel, dann kommt das nächste Bild. Ein brennendes Haus mit schreienden Kindern. Als nächstes kommt ein Polizist auf mich zu, der mir erklärt, dass meine drei Kinder und meine Frau bei einem Autounfall verunglückt sind. Dann ist er auf einmal ein Arzt, der mir erzählt, dass sie meine Beine amputieren mussten und ich nie wieder laufen kann. So viele Bilder. Sie werden immer schlimmer. Sie erdrücken mich und dann sehe ich mich. Ich sitze vor jemandem, der sich nicht mehr bewegt. Ein Wolf hat sich über ihn gebeugt und packt ihn. Ich komme näher und ticke mich an. Doch mein Kopf rollt zur Seite abgetrennt von meinem Körper. Es fühlt sich an wie als würde meine Seele in zwei gerissen. Dabei bin ich gar nicht ich. Das ist die Angst eines anderen hier Anwesenden. Und der einzige, der mich hier kennt, ist Demetri. Mit aller Macht reiße ich mich von meinem toten Körper los.

Und öffne die Augen. Ich liege hinter dem Busch. Schnell stehe ich auf und versuche die Bilder zu vertreiben. Vor mir liegen einige tote Vampire, unter anderem das Kind. Die anderen leben. Demetri schlachtet einen nach dem anderen ab. Ich helfe ihm. Er ist wirklich effektiv und sehr gut ausgebildet.
Es ist ein großer Triumph, dass wir gegen so einen großen Zirkel von Neugeborenen ,,gewonnen'' haben, doch was haben wir dafür gegeben? Dafür weiß ich jetzt, dass Demetri mich mag, sehr sogar.

Das EngelsmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt