6 SEIFENBLASEN

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Durch nichts bezeichnen die Menschen mehr ihren Charakter,

als durch das, was sie lächerlich finden.

(Goethe)

Mike betrat das Hotelzimmer, als Valerie sich gerade über ihren Koffer beugte und etwas hinein schmiss. Sie hatte sein Kommen nicht bemerkt. Mike lehnte sich lässig an eine Wand und verschränkte seine Arme vor der Brust, während er Valerie beobachtete. Sie war braun geworden, stellte er fest, und ihr blondes, zurückgebundenes Haar glänzte goldener als je zuvor. Vielleicht war sie auch etwas schlanker geworden, oder bildete er sich das nur ein? Dennoch blieb sie üppig mit ihren ausladenden Hüften und den rundlichen Oberschenkeln und konnte dementsprechend nicht mit Beatrix, seiner Liebschaft, konkurrieren. Trotzdem, so musste er sich eingestehen, hatte Valerie ihm immer eine komfortable Partnerschaft geboten. Eher beiläufig fragte er plötzlich:

„Was hast du jetzt vor?"

Valerie schreckte hoch, warf ihm einen kurzen, bösen Blick zu und sah sich suchend im Zimmer um, ob sie nicht doch etwas vergessen hatte. Sie schloss ihren Koffer, drehte sich um und funkelte ihn an:

„Heuchler! Als ob es Dich interessiert! Geh' weiter spielen, aber lass mich in Ruhe!"

Sie hievte ihren Koffer vom Bett, griff nach ihrer Handtasche und wollte an Mike vorbei, doch er stellte sich ihr in den Weg. Langsam ließ er seine kräftigen Arme sinken.

„Willst du etwa abreisen?", fragte er höhnisch und lachte laut auf, „Vergiss aber nicht, einen Schlafsack mit zum Flughafen zu nehmen!"

Waren die Aussichten auf einen Rückflug so schlecht, oder wollte Mike sie - wie so oft - nur ärgern? Der Koffer wurde immer schwerer an ihrem Arm, doch sie hielt ihn krampfhaft fest, während sie seine Bemerkung abwägte und sich endlich dafür entschied, ihm nicht zu glauben.

„Das ist mir egal!", erwiderte sie patzig und wollte an ihm vorbei doch wieder versperrte er ihr den Weg.

„Warum spielst du gerade jetzt und hier die Beleidigte? Wegen dieser einen kleinen Affäre? Bisher hat es dich doch auch nicht gestört!", sagte Mike. Valerie entglitt der Koffer und dieser knallte auf den Boden aus Steinfliesen.

Verständnislos glotzte sie ihn an. Als er ihren Gesichtsausdruck sah, lachte er hell auf.

„Sag bloß ...", prustete er los, „Du hast es nicht bemerkt?"

Valerie war wie versteinert. Irgendetwas in ihrem Kopf konnte seinen Äußerungen nicht folgen.

Die Besprechung dauert noch etwa ein, zwei Stunden, mein Schatz!", sagte er überdreht und lachte wieder, „Das dauert hier länger, als ich angenommen habe!"

In Valeries Gehirn krachte etwas. Sie konnte es laut und deutlich hören und zuckte zusammen. Ein Staudamm war gebrochen und die ganze furchtbare Wahrheit überrollte sie wie eine Flutwelle.

„Nein ...", stammelte sie ungläubig und keines anderen Wortes fähig, „Nein!"

Doch sein lautes Auflachen strafte ihre Zweifel Lügen. Als er sich ein wenig beruhigt hatte, sagte er glucksend:

„Hast du wirklich geglaubt, ich hätte an den langen Abenden auf den Geschäftsreisen auf mein Vergnügen verzichtet?"

Valeries Schultern sanken hinab, während sie Mike noch immer verwirrt anstarrte. Endlich tauchte die Wut aus den Fluten ihrer Gefühle empor und trieb ihr die Röte ins Gesicht.

„Du bist ein mieses Stück Dreck!", sagte sie gepresst, doch Mike lachte nur und sagte spöttisch:

„Ihr Frauen seid doch alle gleich! Ihr wollt doch betrogen werden! Ein paar süße Worte hier und da, ein paar kleine Geschenke, ein guter Fick und ihr schwebt im siebten Himmel und redet von Liebe und heiraten!"

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