10 IMPULSE

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Liebe die Vernunft, sie wird dich wappnen gegen die gewaltigsten Feinde.

(Seneca)

„Valerie ...", hörte sie ihn sagen, öffnete ihre Augen und erschrak.

„Mark ...", murmelte sie verschlafen und verwirrt, als sie direkt in sein Gesicht blickte, dass nur ein paar Zentimeter von ihrem entfernt war, „Was tun sie hier?"

„Ich habe sie gesucht, Valerie." Seine Mundwinkel zuckten amüsiert.

„Mich? Warum?"

Immer noch ein wenig benommen stützte sie sich auf und blinzelte.

„Ich habe nachgedacht und möchte ihnen einen Vorschlag machen."

„Einen Vorschlag? Was für einen Vorschlag denn?" Sie unterdrückte ein Gähnen und setzte sich auf. Mark kniete neben ihrer Liege und betrachtete sie einen Moment. Jetzt setzte er sich in den Sand, fand eine verlassene Muschel und nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger. Sein Blick wanderte auf das Meer hinaus und Valerie folgte seinem Blick. Nur langsam kam die Erinnerung an den Vormittag zurück und mit ihr die Eindrücke der noch fremd wirkenden Umgebung ihres Ortswechsels: der langgezogene Strand, in einiger Entfernung der „Carribean-Reggae-Night-Club", ihr Hotel. Sie schluckte, denn im selben Augenblick spürte Valerie auch den Ärger und die Enttäuschung über Mikes Verhalten zurückkehren. Doch Mark holte sie aus ihren Gedanken. Während seine Finger mit der Muschel spielten, sagte er:

„Sie haben mir erzählt, dass sie diese Fotos gemacht haben, richtig?"

Valerie nickte, nicht wissend, worauf er hinaus wollte.

„Und sie haben mir auch gesagt, dass sie die Sehenswürdigkeiten Jamaikas schon abgelichtet haben, richtig?"

Wieder nickte Valerie.

„Aber ich verstehe nicht ...", warf sie ein, doch Mark legte einen Finger über seine Lippen und bat sie so, ihn nicht zu unterbrechen, als er weiter sprach:

„Ferner haben sie heute Vormittag gesagt, dass ich ihnen bereits zum zweiten Mal das Leben gerettet hätte, nicht wahr?"

Valerie tat es ungern, aber sie nickte. Worauf wollte er hinaus? Sie dachte an seine Worte, dass sie ihm schon wieder etwas schuldig sei und ein drückendes Gefühl senkte sich in ihre Magengrube.

„Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, diese Schuld bei mir zu begleichen!"

Valerie holte Luft und wollte etwas sagen, doch wieder unterbrach er sie:

„Was halten sie davon, wenn ich ihnen etwas von Haiti zeige und die schönsten Buchten der Dominikanischen Republik? Nein! Antworten sie noch nicht, Valerie, denn ich bin noch nicht fertig. Die ganze Sache hat einen Haken und ich möchte, dass sie gut darüber nachdenken, bevor sie mir eine Antwort geben. Der Haken ist, dass sie für die Dauer der Tour mein Gast auf der „Victoria" wären und mich ein paar Tage begleiten würden und zwar als Alibi!"

„Als Alibi?", wiederholte sie gedehnt, „Wie meinen sie das?"

Mark lächelte spitzbübisch und sagte:

„Ich bin ein gutaussehender, reicher Junggeselle!"

Plötzlich legte sich ein dunkler Schleier über sein Gesicht.

„Ich meine es ernst, Valerie! Egal, wohin ich auch komme: Überall scheint man mir anzusehen, dass ich ohne Frau unterwegs bin und das führt zu den katastrophalsten Zwischenfällen. Mittlerweile ist es schon soweit, dass mich Männer ansprechen! Ich will dem ein Ende setzen. Zeigen sie sich mit mir in der Öffentlichkeit. Spielen sie für ein paar Tage meine Freundin. Sie würden mir damit das Leben zwar nicht retten, aber sehr viel leichter machen."

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